Donnerstag, 18. April 2024

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Die Krim nach der Annexion
Leben mit Sanktionen

Das Leben auf der Krim dreieinhalb Jahre nach der russischen Annexion: Güter müssen aufgrund der Sanktionen per Flugzeug oder Fähre aus Russland angeliefert werden, was sie teuer macht. Die Tourismussaison war ein Flop. Doch die meisten Menschen sind guter Dinge. Gegen Kritiker wird allerdings mit aller Härte vorgegangen.

Von Gesine Dornblüth | 21.10.2017
    Ein Bogen wird an der Brücke über die Meerenge von Kertsch errichtet. Die Brücke soll einmal 19 Kilometer lang werden und Russland mit der Halbinsel Krim verbinden.
    Die im Bau befindliche Brücke über die Meerenge von Kertsch soll einmal Russland mit der Halbinsel Krim verbinden (imago / Sergei Malgavko / TASS)
    Simferopol, die Hauptstadt der Krim. Natascha Samsonenko steht an einem Zeltstand und verkauft Honig. Die Auswahl ist groß: mehr als ein Dutzend Sorten. Die Dosen haben die Form von Teddybären.
    "Dieser Honig ist aus Berggräsern aus Bachtschissaraj. Das ist Linde und das Akazie. Fürs Herz nehmen Sie diesen, der wirkt wie Aspirin, regt die Blutzirkulation an, festigt den Herzmuskel, löst Thromben. Es ist ein ganz öliger Honig, wie eine Creme."
    Die Kundin nickt. Natascha Samsonenko wischt sich die Hände an ihrer Schürze ab.
    "Morgens, abends, mittags, beim Fernsehen, beim Lesen – Honig lutschen Sie am besten wie Bonbons. Ohne etwas dazu zu trinken. Dann wirkt er noch besser."
    "Jetzt zahlen wir Steuern, wie es sich gehört"
    Die Kundin nickt erneut. Sie ist Rentnerin. An ihre Handtasche hat sie ein Georgsband geknotet. Die braun-orange gestreifte Schleife ist das Erkennungszeichen der prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Georgsbänder trugen auch die russischen Soldaten, die 2014 die Krim besetzten.
    "Auf der Krim hat sich alles verändert. Zum Besseren."
    "Es ist jetzt stabil. Ruhig. Früher haben wir uns um Gesetze nicht gekümmert. Jetzt sind wir gesetzestreuer geworden. Es ist zwar schwer sich umzustellen, aber wir geben uns Mühe."
    Die Kundin geht. Natascha Samsonenko hat schon mit Honig gehandelt, als die Krim noch aus Kiew regiert wurde.
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    Nach dem Referendum 2014 wurde die Flagge der Sowjetunion vor dem Regionalparlament in Simferopol gehisst (dpa / Markku Ulander)
    "Damals hatten wir kein Gewerbe angemeldet. Jetzt schon. Wir zahlen Rentenbeiträge, Steuern, alles, wie es sich gehört. Das macht mich ruhiger. Wir tragen uns zum Beispiel gerade als Hausbesitzer ins Grundbuch ein. In Europa ist ja auch alles gesetzlich geregelt. Wir wollen das jetzt auch, nur nach russischem Gesetz."
    Die Demokraten, die Ende 2013 in Kiew den Maidan initiierten, hatten im Prinzip dasselbe Ziel: Auch sie wollten die Schludrigkeit der Behörden, die Entfremdung von Staat und Menschen, die Korruption beenden. Doch auf der Krim nahmen die meisten Menschen den Maidan als Bedrohung wahr. In Kiew seien Faschisten am Werk, die die russischsprachigen Bewohner der Ukraine vertreiben oder gar töten wollten, hieß es. Dieses Zerrbild hat sich in den letzten Jahren eher noch verfestigt, auch bei der Honigverkäuferin in Simferopol.
    "Wenn es den Maidan nicht gegeben hätte, dann hätten wir keinen Gedanken daran verschwendet, ob wir irgendwann zur Russischen Föderation gehören werden. Die Ukrainer sind selbst schuld."
    Keine Euphorie, aber auch kein Bedauern
    Diese Meinung ist auf der Krim oft zu hören. Vor dreieinhalb Jahren hat die überwältigende Mehrheit der Bewohner für den Anschluss an Russland gestimmt. Noch Wochen danach fuhren Autos mit russischen Fähnchen über die Halbinsel. Diese Euphorie ist mittlerweile verflogen. Bedauern darüber, dass die Krim nicht mehr ukrainisch ist, hört man aber kaum. Dabei hätten die Bewohner allen Grund zum Klagen. Vieles funktioniert nicht: Mal fällt der Strom aus, mal das Internet. Die Ukraine hat die Lebensmittellieferungen auf die Krim gestoppt und die Zugverbindungen gestrichen. Alles muss per Flugzeug und per Fähre aus Russland angeliefert werden. Das macht die Waren teuer. Die Inflation war im Jahr 2015 auf der Krim so hoch wie nirgendwo in Russland, sie lag bei über 20 Prozent. Mittlerweile ist sie gesunken. Doch da die Löhne auf der Krim vergleichsweise gering sind, schlagen die hohen Preise immer noch zu Buche.
    "Wissen Sie, wir haben ja gedacht: Jetzt werden wir Teil Russlands, und – schwups - wird alles gut. Aber das gibt es nicht. Putin ist ja kein Zauberer. Und dazu kommt: Der Zirkus ist weitergezogen, aber die Clowns sind geblieben. Ich denke, unsere Mannschaft hier, die müsste ein bisschen erneuert werden. Wir brauchen frischen Wind. Da sollte mal besser hingeguckt werden. So, jetzt habe ich alle Kriegsgeheimnisse verraten." (Lachen)
    Misswirtschaft ist keineswegs gestoppt
    Viele Männer aus der jetzigen Führungsschicht der Krim saßen bereits vor der Annexion auf Führungsposten. Sie sind für die wirtschaftliche Misere auf der Krim bis 2014, die sie jetzt der Regierung in Kiew anlasten, mitverantwortlich. Der Parlamentsvorsitzende Wladimir Konstantinow beispielsweise bekleidet das Amt bereits seit 2010. Und der Premierminister der Krim, Sergej Aksjonow, war jahrelang Abgeordneter.
    Der Wechsel der Krim von ukrainischer zu russischer Jurisdiktion hat die Misswirtschaft denn auch keineswegs gestoppt. Die Krim ist auch im Jahr vier nach der Annexion eine der am stärksten subventionierten Regionen Russlands. Ein Teil der Zahlungen aus Moskau verschwindet in dunklen Kanälen. Der russische Rechnungshof bemängelte im Sommer, dass die Krim die Fördergelder aus Moskau ineffektiv einsetze. Zudem bezögen Beamte überhöhte Gehälter. Die Regierung der Krim hat eine schriftliche Interviewanfrage des Deutschlandfunk abgelehnt.
    Putin-Graffiti in Sewastopol auf der Halbinsel Krim
    Putin-Graffiti in Sewastopol auf der Halbinsel Krim (imago stock&people)
    Unterdessen suggerieren zahlreiche riesige Plakate an den Straßen, Präsident Wladimir Putin persönlich kümmere sich um die Krim. Den Kopf in die Hand gestützt, blickt er in die Kamera, im Hintergrund die Berge der Krim. Dazu die Aufschrift:
    "2017 gehen die ersten Blöcke der neuen Wärmekraftwerke für die Bewohner der Krim in Betrieb."
    Mittlerweile heißt es allerdings aus Moskau, mit der Inbetriebnahme sei erst Anfang 2018 zu rechnen. Auf einem anderen Plakat ist Putin mit offenem Hemdkragen abgelichtet:
    "Sewastopol ist der Vorposten von Russlands Zukunft"
    In Sewastopol liegt die russische Schwarzmeerflotte.
    "Alle sozialen Programme des Militärs der Russischen Föderation werden auf Sewastopol und die Schwarzmeerflotte angewandt."
    Es soll die längste Brücke Russlands werden
    "Unsere Steuern, unsere Straßen" ist ein weiteres Versprechen. Russland baut eine Autobahn quer über die Krim und eine Brücke über die Meerenge von Kertsch, um die Krim mit dem russischen Festland zu verbinden und die Halbinsel endlich besser versorgen zu können. Mit 19 Kilometern soll es die längste Brücke Russlands werden. Der Bau gilt als extrem schwierig, denn es handelt sich um ein Erdbebengebiet, und Experten warnen, dass extremer Eisgang die Pfeiler gefährden könnte. Doch allen Unkenrufen zum Trotz spannt sich bereits ein erster Bogen über das Wasser. Ende nächsten Jahres soll die Brücke in Betrieb genommen werden. Die Menschen auf der Krim verbinden große Hoffnungen damit.
    Eine Raststätte an der Landstraße von Simferopol nach Kertsch. Das Dorf heißt Lugowoje. Nach Kertsch, an den östlichen Zipfel der Krim, sind es 50 Kilometer. Jurij Gusejnow, der Eigentümer, spielt Backgammon mit seinem Schwiegersohn. Es ist ein Familienbetrieb, sie kochen selbst. Er hofft, dass mit der Autobahn mehr Gäste kommen.
    Der Landwirtschaft fehlt das Wasser
    "Es geht gut voran. Auf den Baustellen arbeiten auch Leute aus den Dörfern. Wir haben zwar keine Fabriken hier. Aber die Baufirmen haben viele Leute eingestellt. Die schreiben immer: Wir stellen ein, wir stellen ein. Der Verkehr hat schon jetzt zugenommen. Gut, in diesem Jahr waren etwas weniger Urlauber hier. Aber wir haben unser Auskommen."
    Die Krim lebt vom Tourismus. Seit die Präsidenten Russlands und der Türkei sich wieder ausgesöhnt haben, reisen russische Urlauber wieder in die Türkei.
    Ein weiterer wichtiger Wirtschaftsfaktor ist Landwirtschaft. Doch besonders im Osten der Halbinsel fehlt Wasser. Früher kam das aus der Ukraine, doch die Ukrainer haben den Kanal gesperrt.
    "Seitdem können wir die Felder nicht bewässern. Trinkwasser haben wir. Das wird vom russischen Festland hergepumpt."
    Die Meerenge von Kertsch: Russland versorgt die Krim über Fähren.
    Die Meerenge von Kertsch: Russland versorgt die Krim noch über Fähren. (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
    Seinen eigenen Garten gießt Gusejnow mit Wasser aus der Leitung. Die Menschen wursteln sich durch, was bleibt ihnen auch anderes übrig. Ein Grund für die Probleme sind die Sanktionen, die nach der Annexion der Krim von der EU, den USA, der Ukraine und einigen weiteren Staaten gegen Russland und die Krim verhängt wurden. Die Sanktionen der EU erstrecken sich nur auf bestimmte Sektoren, und zwar auf Verkehr, Telekommunikation, Energie, Öl- und Gasförderung sowie auf Tourismus. Für diese Branchen dürfen keine Technologien oder Ausrüstungen auf die Krim geliefert werden. Außerdem hat die EU verboten, in Immobilien auf der Halbinsel zu investieren und Kredite auf die Krim zu vergeben.
    Die EU hat diese Verbote zuletzt im Juni 2017 um ein Jahr verlängert. Darüber, wie und in welchem Maße sie wirken, wird viel spekuliert. Und wie immer bei Sanktionen, gibt es Wege, sie zu umgehen. So sorgten im Sommer Turbinen des Siemens-Konzerns für Aufsehen. Russland baut auf der Krim zwei Kraftwerke; sie sollen mithilfe von Gasturbinen von Siemens betrieben werden und sind bereits vor Ort. Ein klarer Verstoß gegen die Sanktionen.
    Sanktionen werden immer wieder umgangen
    Die Regierung der Ukraine hat deshalb protestiert, aber die Frage ist, was sie bewirken kann. Georgi Tuka ist stellvertretender Minister der Ukraine für die besetzten Gebiete.
    "Es geht bei den Turbinen um ein unikales Erzeugnis, für das es keinen Ersatz gibt. Der Weg solcher Waren lässt sich sehr leicht verfolgen.
    Ich denke, das Beispiel mit Siemens wird lehrreich sein für andere Unternehmen. Ich sehe Entschlossenheit bei den Abgeordneten des Europaparlaments, die Einhaltung der Sanktionen zu kontrollieren. Und ich glaube, die Folgen für Siemens werden sehr viele Menschen abkühlen in ihrem Wunsch, Geld zu verdienen."
    Siemens sieht sich in dem Fall als Opfer. Aus dem Konzern heißt es, man habe die Turbinen in dem Glauben geliefert, sie seien für ein Kraftwerk im Süden Russlands bestimmt, nicht für die Krim. Als Reaktion hat Siemens mittlerweile sein Russland-Geschäft eingeschränkt und liefert vorerst keine Kraftwerksausrüstung mehr an den russischen Staat. Außerdem hat der Konzern auf Rückgabe seiner Turbinen geklagt. Gerichtsstandort ist Russland. Zwei entsprechende Eilanträge wurden bereits abgewiesen.
    US-Fast-Food-Ketten wurden umbenannt
    Die USA haben eigene Sanktionen gegen die Krim verhängt. Sie sind umfassender als die EU-Sanktionen und verbieten US-Bürgern und US-amerikanischen Unternehmen nahezu jede Geschäftstätigkeit auf der Krim. Diese Verbote einzuhalten sei unmöglich, räumt der stellvertretende Minister der Ukraine, Georgi Tuka, ein.
    "Man muss die Dinge nüchtern betrachten. Natürlich verstehen wir, dass es nicht realistisch ist, die Lieferung aller Computer auf die Krim zu kontrollieren. Oder von Coca Cola, die in Russland produziert und auf die Krim geliefert wird. Wir sind nicht in der Lage, das zu verhindern."
    US-amerikanische Fast-Food-Ketten haben auf der Krim mindestens den Namen gewechselt: "Kentucky Fried Chicken" wurde "Crimean Fried Chicken". Aus McDonalds wurde "Mir-Burger", übersetzt "Friedens-" oder "Weltburger". Das US-amerikanische Reiseportal booking.com hingegen ist weiterhin unter diesem Namen auf der Krim erreichbar.
    Karte der Krim und der Ukraine
    Grafik der durch Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim (dpa-Grafik: D. Dytert, Redaktion: D. Dytert/A. Stein/W. Jung )
    Iwan Plochotnitschenko ist Vorsitzender einer Behindertenvereinigung und weltweit vernetzt. Außerdem leitet er einen Verband von Unternehmen auf der Krim, die unter anderem in der Rehabilitationsmedizin und Physiotherapie tätig sind und behindertengerechte Wohnungen bauen. Die russische Regierung möchte diesen Bereich auf der Krim ausweiten.
    "Die Integration der Krim in den Rest der Welt ist nicht zu stoppen. All die Sanktionen führen ja Politiker ein. Auf Ebene der Produktion, der Fabriken arbeiten wir weiter aktiv zusammen. Neulich waren Vertreter aus Italien hier. Italienische Hersteller sind bereit, mit der Krim zusammenzuarbeiten. Auf der Krim erhalten wir ja nach wie vor Erzeugnisse aus Italien: Möbel, Haushaltsgeräte und anderes. Unternehmer finden Möglichkeiten, Sanktionen zu umgehen. Und sei es, indem sie über Drittländer liefern. Das macht die Waren nur ein bisschen teurer."
    Reha-Appartate aus Deutschland
    Auch aus Deutschland bekam Plochotnitschenko kürzlich Besuch. Zwei Männer hätten Reha-Apparate im Wert von einer Million Euro auf die Krim gebracht; damit hätten sie zunächst einmal eine Lehrpraxis in Simferopol eingerichtet, erzählt Plochotnitschenko. Sie überlegten diese Apparate in großer Zahl aus Deutschland zu leasen, sobald es mit den Sanatorien und dem Kurbetrieb auf der Krim wieder bergauf gehe.
    "Es geht darum Reha- und Präventivmedizin auf der Krim auszubauen; unter Berücksichtigung der deutschen Erfahrung natürlich. Viele europäische Firmen arbeiten weiter in Russland und auf der Krim. Die Politiker haben diese Arbeit nur komplizierter und teurer gemacht. Im Ergebnis belasten diese Ausgaben die einfachen Menschen, ihr Leben wird schwerer."
    UN beklagen Mensachenrechtsverletzungen
    Auch Plochotnitschenko ist überzeugt: Unter russischer Herrschaft gehe es der Krim besser. Wer sich anders äußert, gar den Beitritt der Krim zu Russland als unrechtmäßig kritisiert, wird bedroht, misshandelt, vor Gericht gestellt. Der Hochkommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen hat in diesem Zusammenhang schwere Menschenrechtsverletzungen auf der Krim angeprangert. In einem Ende September veröffentlichten Bericht kritisiert er – Zitat – "Willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, Verschwindenlassen, Misshandlungen und Folterungen und mindestens eine außergerichtliche Hinrichtung". - Zitatende - Es trifft vor allem Krimtataren.
    Die Verhandlung gegen Ilmi Umerow. Er soll dazu aufgerufen haben, die Krim von Russland loszulösen. Ende September wurde er in Simferopol zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Umerow ist herzkrank und leidet an Parkinson und Diabetes. Fast täglich gibt es solche Verhandlungen gegen Krimtataren. Umerow geht in die Berufung.
    Besonders Krimtataren protestieren
    "Ich habe auch hier im Gericht bei jeder Gelegenheit gesagt, dass ich die Jurisdiktion Russlands auf der Krim nicht anerkenne und dass meiner Meinung nach die Krim bis heute Teil der Ukraine ist. So denke nicht nur ich, sondern die gesamte Weltgemeinschaft. Es gibt mehrere Resolutionen der Vereinten Nationen, die das bestätigen und die Krim für zeitweilig besetzt halten."
    Der Anwalt Emil Kurbedinow verteidigt viele der Krimtataren. Das Ziel all der Prozesse sei eines:
    "Es geht darum, Menschen einzuschüchtern, die einen eigenen, von der Linie des Staates abweichenden Standpunkt vertreten: Aktivisten der Zivilgesellschaft, Journalisten. Diese Leute werden verfolgt, damit andere keine Lust mehr haben, es ihnen gleichzutun, und damit niemand auch nur anhebt zu sagen, dass das Referendum und der Anschluss der Krim illegal waren."
    Neben den Krimtataren trifft es vor allem Ukrainer. Der prominenteste Fall ist der von Oleg Senzow. Der Filmemacher wurde von einem russischen Gericht zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil er angeblich eine terroristische Gruppe auf der Krim gegründet habe. Im Oktober wurde er in ein Lager am Nordpolarkreis verlegt. Die meisten Ukrainer haben die Halbinsel mittlerweile verlassen. Auch die Macher der "Krymskaja Svitliza". Die Zeitung in ukrainischer Sprache widmet sich der ukrainischen Kultur. Die Redaktion sitzt mittlerweile in Kiew. Walerij Werchowskij kam bereits im Februar 2014, war aktiv auf dem Maidan. Seitdem hat er Angst, auf die Krim zurückzukehren.
    Blick auf die Bucht von Jalta, Kur- und Urlaubsort auf der Krim.
    Blick auf die Bucht von Jalta, Kur- und Urlaubsort auf der Krim. Die Tourismussaison aber war ein Flop (Thomas Franke)
    "Die Krim ist alles für mich. Mein gesamtes Leben. Auf der Krim ist der Himmel schöner, auf der Krim schmeckt das Wasser besser, auf der Krim backen sie das beste Brot der Ukraine und machen den besten Wein der Welt."
    Sie würden versuchen, die Verbindung zur Krim zu halten, sagt der Chefredakteur Wiktor Merschwinskij. Ihn schmerzt etwas anderes: Er sagt, die Menschen in der Ukraine würden die Krim vergessen.
    Entfremdung von der Ukraine schreitet voran
    "Ich habe hier viele Leute getroffen, die sagen: "Die Krim? Ich war da nie. Mir ist das egal. Ich habe hier mein Haus und alles andere ist mir egal, Hauptsache, ich habe meine Ruhe." Von solchen Leuten gibt es sehr viele."
    Doch die Halbinsel sei keinesfalls abgeschrieben, betont Georgi Tuka, der stellvertretende Minister der Ukraine für die besetzten Gebiete. Es gebe lediglich ein Wahrnehmungsproblem.
    "Im Donbass sterben Menschen. Ständig. Deshalb steht der Donbass im Vordergrund. Aber für die Menschen in der Ukraine ist die Annexion der Krim ebenso schmerzhaft. Die regelmäßigen Repressionen gegen die Krimtataren sorgen dafür, dass die Krim nicht vergessen wird."
    Auf der Krim schreitet die Entfremdung von der Ukraine unterdessen weiter voran. Natascha Samsonenko jedenfalls, der Honigverkäuferin in Simferopol, entlocken solche Ankündigungen aus Kiew nur ein müdes Lächeln.
    "Ich denke, die Ukraine wird irgendwann wieder gesund. Man kann doch nicht ewig so schwer krank sein."