Mittelalterliche Herrscherporträts oder, später, die Selbstaffirmationen der Patrizier und ehrenwerter Bürgersleut haben eines gemeinsam: sie erfordern das Ganzkörper-, das Hochformat. Robert Wilson, der Hexenmeister der Zeitlupe, hatte bei seinen "Video Porträts" zunächst ein Problem: er benötigte schmale großformatige Plasmabildschirme, die hochkant gestellt, einem (Selbst-)Darsteller den adäquaten Rahmen lieferten. Seit 2004 arbeitet Wilson nun mit solchen Schirmen, manchmal legt er sie auch quer, etwa wenn er den Schauspieler Robert Downey jr. Rembrandts "Anatomie"-Szene nachstellen lässt.
Zumeist aber zeigt er Headliner des Showgeschäfts in imperialer Pose. Brad Pitt zum Beispiel steht uns in Socken, Unterhose und mit sorgfältig angespannten Bauchmuskeln gegenüber, schaut bedeutungsvoll und hebt gaaanz langsam eine Wasserpistole. Wenn er dann losspritzt, kommt kübelweise Flüssigkeit von oben, der Mann steht im Regen - und sieht unglaublich gut dabei aus.
Man möge den Werbe-Effekt solcher Aufnahmen nicht unterschätzen: Brad Pitt im Museum, das adelt. Andererseits bedient Robert Wilson in diesen Arbeiten genau jene Artifizialität, jene Ästhetik der Langsamkeit, mit der er auf dem Theater berühmt geworden ist: Dinge und Personen so lange anhalten, bis man etwas von ihnen erkennen kann.
Brad Pitt, Dita von These, Marianne Faithfull: Sie alle sind in Robert Wilsons' Ausstellung "Video Portraits" in Karlsruhe zu sehen.
Beim Rundgang durch die Ausstellung markiert (und karikiert) Wilson, gut gelaunt, das, was er nicht will, was ihm verhasst ist: chargierende Schauspieler.
Er sei immer gegen Naturalismus gewesen, sagt Wilson. Und deshalb setzt er Jeanne Moreau in der Verkleidung von Schillers Königin Elisabeth vor die Kamera: sie guckt uns streng an, minutenlang, viertelstundenlang. Diese Spannung zu halten, das ist für den Schauspieler ungeheuer schwer; sich auf dieses Gegenüber einzulassen, überfordert aber auch den Zuschauer. Denn wir stehen vor einem unbewegten Bild, einem Foto, das sich plötzlich in minimalistische Aktion versetzt, ein Lidzucken, eine Augenbewegung, ein kaum wahrnehmbares Verrücken des Kopfes.
Man erfährt viel über Traurigkeit oder Hysterie dieser Selbstdarsteller, die uns in ihrer scheinbaren Unbewegtheit schutzlos ausgeliefert sind. Dita von Teese sitzt halbnackt auf der Schaukel, Salma Hayek mimt 40er-Jahre-Posen, Isabelle Huppert umschließt kühl ihren Kopf mit den Händen und macht auf Greta Garbo, Marianne Faithfull hängt von der Decke wie eine Fledermaus. Bisweilen starren Tiere in die Kamera, ein Panther, ein Hund; ein melancholischer Automechaniker sitzt auf einer Bank. Das alles schwankt zwischen Erhabenheit und Kitsch. Untermalt wird dieses schräge Panoptikum der Gegenwart durch Texte, Musik und auch Horror-Sounds.
Wilson würde diese Werke am liebsten auch in der Metro, in Hotellobbies oder Flughäfen zeigen oder auf dem Zifferblatt einer Armbanduhr.
""Für mich sind sie wie ein Fenster in einem Zimmer. Man kann sie angucken oder auch nicht. Sie verändern sich nur über lange Zeiträume, sie sind wie das Wetter, wenn das Tageslicht sich ändert. Sie sind wie das Feuer im Kamin."
Jenseits allen Kaminfeuers sind diese Arbeiten aber einfach zeitgenössische Formen des Stilllebens. Und die Soundtracks mit Texten von Heiner Müller und Ezra Pound verbreiten moribunde Stimmung: Personen des Showgeschäfts, vom Verschwinden bedroht. Am gruseligsten ist das Porträt des amerikanischen Schriftstellers J.T.Leroy, eine Fake-Personality, die als Blondine posiert. Und dazu grunzt Lou Reed seinen Vergänglichkeits-Song.
Zumeist aber zeigt er Headliner des Showgeschäfts in imperialer Pose. Brad Pitt zum Beispiel steht uns in Socken, Unterhose und mit sorgfältig angespannten Bauchmuskeln gegenüber, schaut bedeutungsvoll und hebt gaaanz langsam eine Wasserpistole. Wenn er dann losspritzt, kommt kübelweise Flüssigkeit von oben, der Mann steht im Regen - und sieht unglaublich gut dabei aus.
Man möge den Werbe-Effekt solcher Aufnahmen nicht unterschätzen: Brad Pitt im Museum, das adelt. Andererseits bedient Robert Wilson in diesen Arbeiten genau jene Artifizialität, jene Ästhetik der Langsamkeit, mit der er auf dem Theater berühmt geworden ist: Dinge und Personen so lange anhalten, bis man etwas von ihnen erkennen kann.
Brad Pitt, Dita von These, Marianne Faithfull: Sie alle sind in Robert Wilsons' Ausstellung "Video Portraits" in Karlsruhe zu sehen.
Beim Rundgang durch die Ausstellung markiert (und karikiert) Wilson, gut gelaunt, das, was er nicht will, was ihm verhasst ist: chargierende Schauspieler.
Er sei immer gegen Naturalismus gewesen, sagt Wilson. Und deshalb setzt er Jeanne Moreau in der Verkleidung von Schillers Königin Elisabeth vor die Kamera: sie guckt uns streng an, minutenlang, viertelstundenlang. Diese Spannung zu halten, das ist für den Schauspieler ungeheuer schwer; sich auf dieses Gegenüber einzulassen, überfordert aber auch den Zuschauer. Denn wir stehen vor einem unbewegten Bild, einem Foto, das sich plötzlich in minimalistische Aktion versetzt, ein Lidzucken, eine Augenbewegung, ein kaum wahrnehmbares Verrücken des Kopfes.
Man erfährt viel über Traurigkeit oder Hysterie dieser Selbstdarsteller, die uns in ihrer scheinbaren Unbewegtheit schutzlos ausgeliefert sind. Dita von Teese sitzt halbnackt auf der Schaukel, Salma Hayek mimt 40er-Jahre-Posen, Isabelle Huppert umschließt kühl ihren Kopf mit den Händen und macht auf Greta Garbo, Marianne Faithfull hängt von der Decke wie eine Fledermaus. Bisweilen starren Tiere in die Kamera, ein Panther, ein Hund; ein melancholischer Automechaniker sitzt auf einer Bank. Das alles schwankt zwischen Erhabenheit und Kitsch. Untermalt wird dieses schräge Panoptikum der Gegenwart durch Texte, Musik und auch Horror-Sounds.
Wilson würde diese Werke am liebsten auch in der Metro, in Hotellobbies oder Flughäfen zeigen oder auf dem Zifferblatt einer Armbanduhr.
""Für mich sind sie wie ein Fenster in einem Zimmer. Man kann sie angucken oder auch nicht. Sie verändern sich nur über lange Zeiträume, sie sind wie das Wetter, wenn das Tageslicht sich ändert. Sie sind wie das Feuer im Kamin."
Jenseits allen Kaminfeuers sind diese Arbeiten aber einfach zeitgenössische Formen des Stilllebens. Und die Soundtracks mit Texten von Heiner Müller und Ezra Pound verbreiten moribunde Stimmung: Personen des Showgeschäfts, vom Verschwinden bedroht. Am gruseligsten ist das Porträt des amerikanischen Schriftstellers J.T.Leroy, eine Fake-Personality, die als Blondine posiert. Und dazu grunzt Lou Reed seinen Vergänglichkeits-Song.