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Die USA nach der Wahl
Die gespaltene Nation

Eine gute Woche nach der Präsidentschaftswahl sind die USA zerrissener als je zuvor. Auf der einen Seite stehen die triumphierenden Anhänger Donald Trumps - vor denen sich auf der anderen Seite vor allem Minderheiten fürchten. Wie wird Trump dieses Land ohne jegliche politische Erfahrung regieren - und das Versprechen der Einigung einlösen?

Von Sabrina Fritz und Andreas Horchler |
    Ein Demonstrant hält eine auf dem Kopf stehende US-Flagge während einer Demonstration
    Proteste gegen Donald Trump nach der Wahl in New York. (imago stock&people)
    Sie singen wieder "We shall overcome" - "Wir werden es überwinden." Das Protestlied aus der Bürgerrechtsbewegung der 60er-Jahre, als Schwarze in den USA angespuckt wurden, wenn sie in ein Restaurant gingen oder aus dem falschen Wasserhahn tranken.
    Seit die Amerikaner Donald Trump zum Präsidenten gewählt haben, ist der Deckel von der Flasche genommen und fauliger Geruch steigt auf. Beleidigung, Fremdenhass und Rassismus werden wieder offen gezeigt. Trump hat dafür im Wahlkampf den Ton vorgegeben. Jetzt machen es seine Anhänger nach:
    In Philadelphia sprühten Trump Anhänger: "Sieg Heil", an eine Hauswand, in North Carolina mussten Einwohner lesen: Black lives don’t matter, schwarze Leben zählen nicht. In Tennessee zeigt ein Footballspieler sein Auto, das sich über Nacht in eine Drohung verwandelt hat: "Fuck you Nigger” steht auf allen Fenstern.
    Harry Reid, der Führer der Demokraten im US Senat, schreibt nach der Trump-Wahl:
    "Ich habe mehr Geschichten über Amerikaner in Angst gehört, als in den letzten 50 Jahren. Hispanics, die befürchten, dass ihre Familien auseinandergerissen werden. Afroamerikaner, die auf der Straße angepöbelt werden. Muslime, die Angst haben, ein Kopftuch zu tragen."
    Und selbst in der gutbürgerlichen Nachbarschaft in Washington zeigt sich plötzlich eine Aggressivität, die dort niemand vermutet hätte. Dort lebt mein Kollege Rolf Büllmann mit seinen beiden kleinen Kindern.
    Drohbriefe, aufgeschlitzte Reifen, rechte Schmiereien
    Montgomery County im US-Bundesstaat Maryland ist ein wohlhabender Landkreis. Gutbürgerlich, obere Mittelschicht, viele gut verdienende Nachbarn. Die meisten sind weiß, Minderheiten sieht man so gut wie gar nicht. Eine demokratische Hochburg. Mehr als drei Viertel der Bürger haben für Hillary Clinton gestimmt. Doch die Stimmung hat sich verändert. In der Schlussphase des Wahlkampfes wurde eine örtliche Schule mit Hakenkreuzen beschmiert. Nach der Wahl berichten Nachbarn, dass auf einem Auto ein Drohbrief mit einer offenbar islamfeindlichen Morddrohung gefunden wurde. Die Reifen eines anderen Autos wurden aufgeschlitzt. Dem Besitzer - ein Bildungsexperte - war zuvor anti-weißer Rassismus vorgeworfen worden, weil er nach der Wahl von Donald Trump im Kurznachrichtendienst Twitter Lehrer dazu aufgefordert hatte, nicht-weißen Kinder zu vermitteln, dass sie geliebt und geschützt seien.

    Einzelbeispiele? Übertriebene Empfindlichkeit? Die Proteste dagegen ebben jedenfalls nicht ab. Schon jetzt formiert sich die Gruppe "Stört die Inauguration", die gegen Trumps offizielle Amtseinführung am 20. Januar in Washington protestieren will.
    Eine junge Muslima hält in New York, USA, hält bei Protesten gegen die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten ein Schild mit der Aufschrift "Im Muslim I'm scared" – etwa: "Ich bin Muslima, ich füchte mich" – hoch.
    "Ich bin Muslima, ich füchte mich": Eine Frau bei Protesten gegen die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten in New York. (picture alliance / dpa / Christina Horsten)
    Die Trump-Dampfwalze hat ganze Arbeit geleistet. Ihr Treibstoff: die Wut von Millionen. Sie walzte die altmodischen Demokraten platt, die glaubten, das Wahlverhalten der Frauen, der Benachteiligten, der Unzufriedenen sei kalkulierbar. Ist es nicht. Es war die Stunde der Rebellen, die das Establishment, Washington, den schwarzen Präsidenten und Hillary Clinton hassen. "Das war ein Urschrei vieler Wähler, die desillusioniert über den Stand der Dinge sind", urteilte Obamas alter Kampagnenmanager David Axelrod:
    "This was a primal scream on a part of a lot of voters who are disenchanted with the status quo."
    Clinton: "Das Land ist tiefer gespalten als wir dachten"
    Hillary Clinton übernahm zwölf wortlose Stunden nach der Wahlnacht die Verantwortung. Sie entschuldigte sich dafür, die Wahl nicht gewonnen zu haben.
    "Wir haben gesehen, dass unser Land tiefer gespalten ist als wir dachten. Aber ich glaube immer noch an Amerika. Das werde ich immer. Wenn sie das auch so sehen, dann müssen wir das Ergebnis akzeptieren und in die Zukunft blicken."
    "Wir waren so nah dran, zum ersten Mal eine Frau als Präsidentin zu bekommen. Jetzt haben wir einen weißen Nationalisten", klagte eine Demonstrantin am 9. November, dem Tag nach der Wahl, dem Tag des republikanischen Freudenfestes und der demokratischen Proteste.

    Zoe Hannah organisiert die Anti-Trump-Proteste an der Universität von Pittsburgh in Pennsylvania.
    Hillary Clinton steht vor US-Fahnen. Im Hintergrund ist ihr Mann Bill zu sehen.
    Hillary Clinton spricht nach ihrer Wahlniederlage zu ihren Unterstützern. (picture alliance / dpa / ABACA POOL)
    "Die Leute haben einfach Angst. Sie sind traurig. Jeder, der kein weißer Mann ist hat Zweifel, ob er oder sie in den nächsten vier Jahren in diesem Land sicher sein wird."
    Demonstranten, die jetzt auf die Straßen Amerikas gehen und rufen: "Das ist nicht mein Präsident", verdeutlichen zweierlei: Die USA werden nicht Trump-Land, sondern werden eine gespaltene Nation. Eine Orientierung an den Menschen anstatt an der eigenen Nation wird in die Politik zurückkehren. Selbst ein Präsident Trump wird den Common Sense nicht langfristig zur Strecke bringen. Die Republikaner werden mit ihrer Mehrheit im US-Kongress konservative Juristen an das oberste Gericht berufen können, die nichts für Homo-Ehe, Waffenkontrolle oder Abtreibung übrig haben. Die Richter werden auf Lebenszeit berufen.
    Michelle Obamas Antwort auf die Veröffentlichung von Donald Trumps altem Mitschnitt eines frauenfeindlichen Dialogs könnte auch als Programm der Demokraten für die kommenden Jahre herhalten.
    "Wir müssen alle die Ärmel hochkrempeln. Wir müssen an die Arbeit gehen. Denkt immer daran. When they go low, we go high."
    Schwerer Tag für Barack Obama
    Im Wahlkampf sprachen sie nur schlecht übereinander. Donald Trump nannte Obama den Erfinder des IS, einen schlechteren Führer als Putin. Obama konterte: nicht präsidentschaftsfähig. Beide Männer haben sich nie persönlich kennengelernt. Bis zum 10. November 2016. Zwei Tage nach der Wahl besuchten die Trumps zum ersten Mal das Weiße Haus. Es war der Tag, als bekannt wurde, dass Leonhard Cohen gestorben war. Der kanadischen Sänger sang in "Hymne": "Jede Sache hat einen Riss, dadurch kommt das Licht."
    Was für ein schwerer Tag für Präsident Obama. Die Beleidigungen des Wahlkampfes mussten weggelächelt werden. Er spielte den höflichen Hausherren, sprach von exzellenten Gesprächen.
    Donald Trump und Barack Obama reichen sich die Hände. Beide sitzen auf Stühlen im Oval Office, umringt von Mikrofonen.
    Nach einem ersten Gespräch sicherte Barack Obama (r.) seinem gewählten Nachfolger Donald Trump zu, ihm bei der Amtsübergabe zu helfen, wo er könne. (picture alliance / dpa / EPA / Michael Reynolds)
    Was ihn trösten mag: Seine Zustimmungsraten sind mit 54 Prozent überdurchschnittlich hoch. Es gab keine großen Skandale in seiner Amtszeit. Er hat die USA vor einer zweiten Depression bewahrt. Und wie sieht jetzt der Ruhestand des erst 55-Jährigen aus?

    Die Obamas werden noch ein paar Jahre in Washington wohnen bleiben, bis ihre jüngste Tochter hier Abi gemacht hat. Wahrscheinlich wird Trumps Sohn Barron auf dieselbe Schule gehen; sie ist spezialisiert auf Kinder von Politikern. Die beiden First Ladys haben vielleicht mehr gemeinsam als man auf den ersten Blick vermuten mag: Ein Faible für Mode, Kindererziehung im Weißen Haus und das ehemalige Topmodell Melania Trump schätzt bestimmt auch gesunde Ernährung. Obama hat jedenfalls nach der Schlüsselübergabe am 20. Januar alle Hände voll zu tun. Der Bau der Obama-Bibliothek in Chicago will überwacht werden, Buch und Vorträge bringen das notwendige Kleingeld in die Haushaltskasse und er will sich für benachteiligte Jugendliche einsetzen. Und er hat endlich wieder Zeit, zum Frisör zu gehen. Sein Stammfrisör aus einem kleinen Salon in Chicago hat ihm auch im Weißen Haus die Haare geschnitten:
    "Seine Haare sind ein bisschen kürzer und grauer geworden, aber er ist immer noch derselbe. Ich weiß nicht, wie sie das gemacht haben, aber ich denke, er ist immer da hin geflogen, wo der Präsident ihn gebraucht hat," sagt der Kollege im Haarsalon Chris Nagolden.
    Kinder sollen im Weißen Haus arbeiten - und für's Geschäft
    Eines ist 100 Prozent sicher, den Frisör wird Donald Trump nicht übernehmen. Wer sind nun die neuen Mieter im Weißen Haus? Melania Trump wird wohl eine eher unpolitische First Lady. Professorin Katherine Jellison vergleicht Sie mit Jacky Kennedy:
    "Ich denke, sie wäre eine zurückhaltende First Lady. Vielleicht wie Jacky Kennedy sehr gut angezogen, populär in den Frauen-Magazinen, aber zurückhaltend, was ihr politisches Image betrifft."
    Interessant wird, was Donald Trump mit seinem Immobilienimperium und seinen erwachsenen Kindern vorhat. Sie plus Schwiegersohn sind Teil des Teams, das die Amtsübergänge vorbereiten soll. Gleichzeitig sollen sie aber Geschäft weiter führen, wenn Papa das Land regiert. Rein rechtlich ist es Präsidenten in den USA nicht verboten, nebenbei eine Firma zu betreiben. Trump wird häufig mit Silvio Berlusconi verglichen. Den italienischen Medienbesitzer haben die Italiener gleich viermal zu ihrem Ministerpräsidenten gewählt, trotz diverser Skandale. Doch Trump sieht sich ja nicht nur als Politiker, sondern als Anführer einer Bewegung.
    "Wir waren eine unglaubliche Bewegung, eine Bewegung aus Millionen hart arbeitenden Männern und Frauen", sagte Donald Trump in seiner Siegesrede. Als "Hymne" hat die Bewegung das Lied des "wütenden Mannes" aus dem Musical "Les Miserables" ausgewählt. So zeigt es das Video "die Kläglichen". Die Bewegung erfasst in Frankreich rechte Le Pen Anhänger und die AfD in Deutschland.
    Donald Trump (l). mit seiner Familie in New York nach dem Wahlsieg bei der US-Präsidentschaftswahl.
    Welche Rolle wird Donald Trumps Familie im Weißen Haus spielen? (AFP - Mandel Ngan)
    Dass die Vernachlässigten nun ausgerechnet auf einen Immobilienmilliardär aus New York hören, ist wahrscheinlich nur in den USA möglich. Aber die Zahlen bestätigen das: 58 Prozent der weißen Amerikaner stimmten für Trump und 30 Prozent der Latinos. Obwohl man inzwischen fast Angst hat, Statistiken aus diesem Wahlkampf zu verwenden, nach dem Desaster, dass die Meinungsforschungsinstitute erlebt haben. Alle bis auf eines sahen Clinton als Siegerin. Über sie sagte Trump nach seinem Wahlsieg:
    "Sie gratulierte uns, es geht um uns". Wir, das sind nicht die Republikaner, das sind die Trump-Anhänger. Die Partei ist dem neuen Präsidenten herzlich egal. In seiner Siegesrede kam sie nicht mit einem Satz vor. Die traditionellen konservativen Werte sind seine Sache nicht. Die Trump-Familie besteht aus drei Frauen und fünf Kindern. Seine Nachbarschaft sind die Schluchten von New York. Die Partei war für ihn nur eine Fessel.
    "Die Fesseln sind Männer, Abgeordnete, Senatoren, die schwach sind und gemein zu mir waren und mich nicht unterstützt haben," sagte er, nachdem ihm wichtige Parteimitglieder die Unterstützung entzogen haben. Doch nichts macht so anziehend wie der Erfolg. Jetzt kommen sie schon wieder angedackelt, die Republikaner, die ihm im Wahlkampf fallen ließen wie eine faule Kartoffel. Paul Ryan zum Beispiel, der Sprecher der Republikaner im Abgeordnetenhaus, der wichtigste Mann für Trump, wenn er ein Gesetz durchbringen will. Ryan sagte nach dem Wahlsieg:
    "Donald Trump hörte Stimmen in diesem Land, die niemand hörte. Er stellte eine Verbindung zwischen Menschen her, wie es niemand anderem gelang und nun führt er ein geeinte republikanische Regierung."
    Wie viel Spielraum lässt Trump seinem Vize?
    Die Republikaner vereint? Es muss eine Wunderheilung gegeben haben. Oder sie fressen jetzt dem Mann aus der Hand, der ihnen die Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat gerettet hat. Vereint, was heißt das nun genau? Sind nun auch die republikanischen Abgeordneten und Senatoren gegen freien Handel, gegen Muslime und für Geld ausgeben? Zwei Szenarien sind denkbar: Erstens, den Republikanern ist egal wer über ihnen Präsident ist. Sie blockieren einfach die Gesetze, die ihnen nicht in den Kram passen. Oder die Partei tanzt wirklich nach seiner Pfeife, macht die Pflicht zur Krankenversicherung - Stichwort Obamacare - rückgängig, stimmt höheren Militärausgaben zu, Steuersenkungen für Unternehmen, gibt Milliarden für Infrastruktur frei, um den Preis einer Megaverschuldung. Interessant wird auch, welche Rolle Trump seinem Vizepräsidenten Mike Pence einräumt. Pence ist der Politikprofi, war Abgeordneter und Gouverneur eines Bundesstaates. Er ist das konservative Gegengewicht zu Trump. Familie besteht für ihn aus Mann und Frau, er ist gegen Abtreibung. In der Wahlnacht dankte er zuerst Gott und dann seine Familie.
    Die Frage ist, wie viel Spielraum lässt Trump seinem Vize? Darf er nur Schulen einweihen und Soldaten besuchen oder wird er mit seinen Kumpels im Kongress klüngeln und Trump bleibt der Außenseiter? Die Republikaner sind jedenfalls alles andere als vereint. Der Partei steht ein Tauziehen zwischen Präsident und Parlament bevor. Und nach all den Erfahrungen der letzten Monate, sollte man mit Prognosen vorsichtig sein, wer das Seil am Ende in der Hand hält.
    Donald Trump und sein Vizepräsident Mike Pence schütteln Hände auf einer Bühne
    Partnerschaft auf Augenhöhe? Donald Trump (r.) mit seinem Vizepräsidenten Mike Pence (dpa/picture alliance/EPA)
    Wie schwer Personalpolitik ist, musste Trump gleich zum Ende seiner Siegeswoche erfahren. Erst sollte Chris Christie, der schwergewichtige Gouverneur von New Jersey sein Übergangsteam führen. Doch der ist zuhause in einen Politikskandal verwickelt. Also übernahm Vize Mike Pence. Im Team, das die Weichen für Trumps künftige Politik stellen soll, sind unter anderem drei seiner Kinder und sein Schwiegersohn. Eine wohl einmalige Familienpolitik. Gute Leute zu finden, wird wohl die schwerste Aufgabe für den künftigen Präsidenten sein. Denn zumindest im Wahlkampf machten viele bekannte Politiker einen Bogen um ihn. Geblieben sind Politikdinosaurier wie Newt Gingrich, ehemaliger Gegenspieler von Bill Clinton, oder Rudolph Giuliani, der New York mit harter Hand regiert hat. Selbst Sarah Palin ist wieder im Gespräch. Alles Namen, die mit Washington so eng verbunden sind wie das Kapitol. Wo soll nun der frische Wind herkommen, fragt man sich bei dieser Besetzung. Ein neues Gesicht gibt es immerhin: Peter Thiel, ein schwuler Internet-Milliardär aus Kalifornien.
    Es ist gefühlt Jahre her, dass die republikanischen Kandidaten bei ihrer ersten Fernsehdebatte gegeneinander antraten. Doch tatsächlich sind erst acht Monate vergangen, und am 3. März sorgte Donald Trump gleich bei der ersten Frage für einen Eklat: Er weigere sich, einen anderen Kandidaten der Partei außer sich selbst zu unterstützen.
    Wenn man heute im Rückblick diese Worte hört, klingt sein Siegeswillen so stark, dass man sich fragt: Haben wir nicht zugehört oder wollten wir nicht?
    Ted Cruz: Gegenpol zu Trump
    Schon bei den Vorwahlen zeigte sich, dass die anderen Republikaner es schwer hatten, ihre Themen zu finden. Die Wirtschaft? Boomt. Kampf gegen den Terror? Haben sie auch kein richtiges Konzept. Sparen? Ist unsexy. Am Ende blieb die Religion. Ted Cruz, der Liebling der streng gläubigen Evangelisten, war der einzige, der im Nahkampf gegen Donald Trump überlebte. Auch er ein Skeptiker der Politik, ein Gegner des Establishments. Gott und die Bürger sollen dieses Land führen, ganz in der Tradition der ersten Siedler.

    "Gottes Segen war von Anfang an mit Amerika und ich bin überzeugt, Gott ist mit den Amerikanern noch nicht fertig. Ich glaube an Euch, ich glaube an die Kraft von Millionen mutigen Konservativen, die aufstehen, um die Verheißung dieses Landes wieder zu entzünden," rief Cruz seinen Anhängern zu.
    Besser hätte man die Pole der Republikaner nicht besetzen können. Am einen Ende des Gummibandes zog der grobe, lebenslustige Immobilienmilliardär aus New York. Am anderen der Prediger aus Texas. Die Partei hatte kaum Einfluss, wer ins Rennen zieht. Die Amerikaner entscheiden bei den Vorwahlen. Und sie entschieden sich gegen Gott und für einen TV-Star.
    Donald Trump und Ted Cruz während einer Debatte in Las Vegas.
    Gegensätzlicher hätten die Kandidaten der Republikaner nicht sein können: Donald Trump und Ted Cruz während einer Debatte in Las Vegas. (Ruth Fremson / Pool, dpa picture-alliance)
    Trump erobert einen Bundesstaat nach dem anderen und bei seinen Dankesreden schaffte er es sogar noch, Werbung für sein Golfhotel zu machen. Als die Vorwahlen vorbei sind, hat er dreimal so viele Delegiertenstimmen wie sein letzter Konkurrent Ted Cruz. Der Albtraum der Parteispitze ist Realität geworden. Sie müssen einen Kandidaten feiern, der so gut zur Partei passt wie Till Schweiger in eine Wagneroper. Fragt man Amerikaner, warum sie diesem Außenseiter ihre Zukunft anvertrauen wollen, bekommt man fast immer diese Antwort:
    "Ich mag seine Stärke. Er ist erfolgreich als Geschäftsmann und er schafft Arbeitsplätze."
    Das Land bleibt konservativ - auch nach Trump
    Was macht die Partei jetzt mit den neuen Anhängern? Das ist die spannende Frage der nächsten Jahre. Die Republikaner haben jedenfalls von den Demokraten die Arbeiter abgeworben. Diese sind von den Demokraten enttäuscht, die sich angeblich mehr um illegale Einwanderer, Transgendertoiletten und schwarze Jugendliche sorgen, als um die Gründer des Landes. Es ist schon paradox, dass Hillary Clinton eine größere Nähe zur Wall Street nachgesagt wird, als dem gebürtigen New Yorker. Er sagt von sich: "Ich bin ein Konservativer mit einem gesunden Menschenverstand."
    Diesen muss er nun zeigen. Bei seiner Siegesrede versprach er, er werde ein Präsident für alle Amerikaner sein. Doch vor allem junge Leute, Ausländer und Afroamerikaner wollen ihn nicht. Sie gehen auf die Straße und rufen: "Not my president"!
    Die erste Reaktion darauf war ein echter Trump. Ein Tweet, in dem stand: "Die Medien sind schuld". Die Wandlung zum Staatsmann hat noch nicht stattgefunden. Die Republikaner haben jetzt Macht, sehr viel Macht. Sie regieren das Weiße Haus, das Abgeordnetenhaus und den Senat und sie können in den nächsten Jahren wahrscheinlich drei Verfassungsrichter neu besetzen. Damit bleibt dieses Land konservativ, auch wenn Donald Trump schon lange wieder Golf spielt.