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Die Zukunft der Energie

Der Energiemarkt verändert sich - und die Internationale Energieagentur hat versucht, dem in einer Prognose gerecht zu werden. Eine der Thesen: Das Fracking wird die herkömmliche Ölproduktion keinesfalls verdrängen.

Von Jochen Spengler | 12.11.2013
    Bis 2035 wird die globale Nachfrage nach Energie um ein Drittel wachsen. Das Verlangen der Welt nach dem Energieträger Öl bleibt dabei ungebrochen, wird aber nicht in Europa sondern Asien angefacht. Nach Prognose der Internationalen Energieagentur dürfte Indien in sieben Jahren China als größtes Nachfrageland ablösen. Ein Grund – die immer stärkere Motorisierung, wobei vor allem Diesel-Kraftstoff begehrt ist.

    Neue Technologien und hohe Preise führen zwar dazu, dass bislang unerreichbare Ölvorkommen angezapft werden oder Gas mit Hilfe des Fracking aus Gesteinsschichten freigesetzt wird. Doch dieser Boom werde ab 2020 abebben und führt deswegen nach Ansicht von Maria van der Hoeven, der Generaldirektorin der IEA, keineswegs zu einem Ende der herkömmlichen Ölproduktion.

    "Auch wenn unkonventionelle Fördermethoden ein goldenes Zeitalter etwa für Gas ankündigen mögen, bedeutet dies nicht notwendigerweise, dass zugleich eine Ära großer Ölvorkommen entsteht. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Nahe Osten die einzige Quelle großer und preiswerter Ölvorräte bleibt. Und wir erwarten, dass er seine Rolle als wichtigste Quelle für ölbasiertes Wachstum ab Mitte der 2020er Jahre zurückerobert."

    Der Weltenergiemarkt steckt in einem gewaltigen Umbruch: Für europäische Raffinerien sagt die Energieagentur harte Zeiten voraus; ehemalige Energieimporteure wie Brasilien oder die USA werden zu Ausfuhrländern. Die Vereinigten Staaten dürften schon 2015 größter Erdölproduzent der Welt sein. Zugleich wandeln sich Öl-Exportländer im Nahen Osten zu großen Energiekonsumenten. Die globale Nachfrage hält die Preise hoch, wobei es auch künftig regional erhebliche Unterschiede geben dürfte. So muss für Erdgas in den USA derzeit nur ein Drittel dessen gezahlt werden, was Europa für Gasimporte auf den Tisch legen muss.

    "Diese Unterschiede zwischen regionalen Gas und Elektrizitätspreisen werden zwar auf Dauer etwas geringer. Aber sie bleiben erheblich. Und diese Ungleichheiten haben Auswirkungen auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit."

    Für die USA sagt die Agentur einen wachsenden Exportanteil bei Branchen mit hohem Energieverbrauch voraus: sprich: mehr Ausfuhren von Autos, Chemie- oder Stahlprodukten. Europa dagegen muss wegen höherer Energiekosten damit rechnen, in diesem Sektor 10 Prozent seines Marktanteils zu verlieren. Ein Mittel gegenzusteuern, liegt nach Ansicht der IEA darin, Energie einzusparen. Allerdings dürften noch im Jahr 2035 zwei Drittel der möglichen Energieeffizienz nicht ausgeschöpft werden, solange Staaten die fossilen Energien weiter subventionieren und damit den Verbrauch anheizen. So sei es kein Wunder, dass die Welt im Kampf gegen den Klimawandel und den CO-2-Ausstoß nicht vorankomme.

    Wir sind ganz klar aus der Spur sagt Fatih Birol, Chef-Ökonom der Energie-Agentur. Wenn nichts geschehe, werde sich die Erde nicht um 2, sondern um 3,6 Grad erwärmen.

    "Und wie wir alle wissen, kann man sich bei einem Temperaturanstieg von 3,6 Grad nicht einfach mehr die Jacke ausziehen. Es ist ein riesiges Problem."

    Seinen Berechnungen zufolge werden die Industriestaaten auch im Jahr 2035 für den Löwenanteil des CO-2-Ausstoßes pro Kopf der Bevölkerung verantwortlich sein. Der Anteil der erneuerbaren Energien am globalen Energiemix wird bis dahin gerade auf ein Viertel steigen; drei Viertel aber machen fossile Brennstoffe aus.