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Digital Natives
Medienkompetenz soll Schule machen

Aus den "digital natives", den Kindern, die mit PC und Laptop aufwachsen, sind längst "digital mobiles" geworden, das Smartphone immer und überall im Anschlag - auch in der Schule. Wie gehen Lehrer mit Geräten und Plattformen um, die gar nicht aufs Lernen ausgerichtet sind?

Von Anke Petermann | 29.11.2014
    Schüler schreiben SMS und telefonieren am 22.04.2013 auf einem Schulhof in Braunschweig (Niedersachsen).
    Ausgebildete Schüler als Medien-Scouts sollen Mitschüler aufklären über Möglichkeiten, Chancen, aber auch Risiken im Einsatz von Neuen Medien. ( picture alliance / dpa)
    Tablets für ihre Grundschule hat sich Jutta Weiß, Schulleiterin im südpfälzischen Neustadt-Hambach, bislang vergeblich gewünscht. Ein heiß umstrittener Wunsch. Denn viele Lehrer fühlten sich in ihrer Ablehnung digitaler Lernmittel bestärkt von dem populären Hirnforscher Manfred Spitzer und dessen Warnung vor "Digitaler Demenz", "der eben die Hirnprozesse bei Kindern, die zu früh, zu heftig und zu lange mit diesen Medien konfrontiert sind, kritisch betrachtet. Und das wird bei uns durchaus auch diskutiert."
    Lern-Kontrolle kaum möglich
    Zumal Konzentration und Durchhaltevermögen bei Grundschülern merklich abnähmen. Ein südpfälzisches Gymnasium entschied sich dafür, dass die Schüler als "mobile natives" ihre Smartphones im Unterricht zu Lernzwecken nutzen dürfen,
    "aber was ja auch die Eigenarten der Smartphones sind: Man kann ganz schnell was anderes tun und ganz schnell wegschalten, so schnell kann man gar nicht reagieren. Viele Lehrkräfte wissen dann auch gar nicht wirklich, was machen die da gerade. Das schürt dann natürlich auch immer Stress, und deswegen ist das immer noch ein Problem," erzählt ein Lehrer und Medienpädagoge, der anonym bleiben möchte.
    "Ich denke, das ist - ja - eine Einrichtung einer neuen Kultur der Nutzung dieser Geräte. Im Alltag sind die Schüler noch nicht so weit, dass sie das verantwortungsvoll nutzen, das wird eine Zeit lang dauern, bis man mit den Geräten so umgehen kann, auch auf Schülerseite, dass man das produktiv einsetzt."
    "Medienkompetenz macht Schule" heißt ein Projekt des Landes Rheinland-Pfalz, das diesen Prozess beschleunigen will. Dazu gehört seit sieben Jahren unter anderem, so die Mainzer Bildungsministerin Vera Reiß,
    "dass wir Schülerinnen und Schüler als sogenannte Medien-Scouts ausbilden, die ihrerseits einen richtigen und wichtigen Zugang zu ihrer Peer Group haben, zu den anderen, wo wir sie aufklären über Möglichkeiten, Chancen, aber auch Risiken im Einsatz von Neuen Medien."
    Kommerzielle Interessen stehen oft im Vordergrund
    Als ein Risiko erkennt der Gymnasiallehrer, der ungenannt bleiben möchte, dass internationale Konzerne über ihre Hard- und Software kommerzielle Interessen in die Schulen einspeisen und Schüler Objekte von Strategien zur Kundenbindung werden.
    "Ich find‘ auch problematisch, dass diese Global Player auf Landesebene unterstützt werden. Momentan unterstützt das Land Microsoft mit über die MNS Plus-Netzwerke über die Serversysteme,"
    MNS Plus-Netzwerke
    also die schulspezifische Netzwerklösung, die der Konzern bietet. Der Medienpädagoge aus der Südpfalz plädiert für andere Lösungen, wie Open Office-Programme und Linux als freies, offenes, nicht kommerzielles Betriebssystem. Sein Gymnasium arbeite schon damit.