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Dilma Rousseff vor der Absetzung
Letzter Akt im Impeachment-Verfahren

Gehen oder bleiben? Für die suspendierte brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff wird es ernst. Der Senat tritt heute zur entscheidenden Sitzung über ihre Amtsenthebung zusammen. Die 68-Jährige soll Haushaltszahlen geschönt und Geld ohne Zustimmung des Kongresses ausgegeben haben, sie selbst hält den Prozess für politisch motiviert.

Von Ivo Marusczyk |
    Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff im Mai 2016.
    Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff war Anfang Mai vom Parlament für zunächst 180 Tage ihres Amtes enthoben worden. (picture alliance / dpa / Fernando Bizerra Jr.)
    Die einen rufen "Dilma raus" und warten darauf, dass der Senat die ungeliebte Präsidentin endlich absetzt. Aber auch gegen Übergangspräsident Temer gibt es schon Proteste auf den Straßen. Denn dass der Konservative jetzt ohne Wahl ins Amt kommt, empfinden die Anhänger der Arbeiterpartei als "Putsch". Und dass auch Temer keine Sympathien hat, hat die Welt spätestens bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Rio gesehen und gehört, als ein Pfeifkonzert ihm das Wort abschnitt.
    Im quälend langen und zähen Amtsenthebungsverfahren gegen Dilma Rousseff beginnt heute endgültig der letzte Akt. Seit Mai ist die Präsidentin vom Amt suspendiert. Heute beginnt die entscheidende Sondersitzung des Senats. Die Stimmungslage im Senat ist ziemlich eindeutig.
    Dilmas Gegner brauchen eine Zweidrittelmehrheit
    "Wir sitzen jetzt schon seit Monaten hier rum, und außerhalb dieses Saals erleidet Brasilien eine Krise ohne gleichen. Ihretwegen müssen wir jetzt sagen: Schluss, es reicht", sagt Senator Cassio Cunha Lima, der zu den gemäßigten Konservativen gehört. Dilmas Gegner brauchen eine Zweidrrittelmehrheit, also 54 von 81 Stimmen im Senat. 48 Senatoren haben sich schon zum Impeachment bekannt. Und bei einer ersten Abstimmung Anfang August stimmten 59 Senatoren dafür, das Verfahren fortzusetzen. Selbst frühere Anhänger haben sich längst von ihr abgewandt und ihre Gegner haben die Macht längst neu aufgeteilt. Es gibt also kaum Zweifel daran, dass das Verfahren nächste Woche mit der Absetzung der Präsidentin enden wird. Die wandte sich vergangene Woche noch einmal an die Senatoren und an das Volk.
    "Ich bin unschuldig", betonte Dilma Rousseff, "politisches Misstrauen genügt nicht, um eine Präsidentin abzusetzen."
    Womit sie formell recht hat. Der Senat muss ihr eine konkrete Amtspflichtverletzung nachweisen. Der Vorwurf lautet in ihrem Fall, Haushaltszahlen geschönt zu haben. Was angesichts der grassierenden Korruption in Brasilien ein ziemlich geringes Vergehen scheint.
    "Im Gegensatz zu denen, die diesen ungerechten Prozess eingeleitet haben, habe ich keine geheimen Konten im Ausland, habe ich mich oder Dritte nicht mit einem Centavo persönlich bereichert und ich habe noch nie Schmiergeld kassiert", sagt die Präsidentin zu ihrer Verteidigung. Aber mit der formal-juristischen Argumentation, dass die Begründung nicht für eine Amtsenthebung ausreicht, dürfte sie nicht durchkommen.
    Urteil fällt im Laufe der Woche
    "Die Botschaft der Präsidentin zeigt, dass sie total den Bezug zur brasilianischen Realität verloren hat. Die Bevölkerung leidet unter Arbeitslosigkeit und unter Inflation, und sie erleben, was sie sich nie vorstellen konnten: eine generelle Korruption überall im Staat. Und die Präsidentin richtet sich an die Bevölkerung, so als ob nichts passiert sei", sagt Ronaldo Caiado von der liberal-konservativen demokratischen Partei. Und tatsächlich interessiert sich die Bevölkerung nicht besonders für die juristischen Winkelzüge und Feinheiten des Verfahrens. Sie sehnt einen Neuanfang herbei.
    "Ich denke, es musste jetzt einfach zu diesem Impeachment-Verfahren kommen. Allein schon, um den Menschen mal zu zeigen. Es gibt Regeln."
    "Wenn es danach besser wird, dann sollte das Impeachment kommen."
    "Ich denke, dass Temer auch nur ein Übergangspräsident ist. Er ist nicht der Richtige, den wir brauchen. Wir alle hoffen einfach, dass die Dinge irgendwann besser werden."
    In den nächsten Tagen wird der Senat seine Anklage gegen die Präsidentin noch einmal diskutieren. Sie selbst hat am Montag Gelegenheit, sich zu verteidigen. Im Lauf der Woche fällt dann das endgültige Urteil über sie.