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Doku über Jane Birkin
Die Lieblingsbritin der Franzosen

Mit ihrem unverkennbaren britischen Akzent und einer gehauchten Engelsstimme wurde Jane Birkin vor 50 Jahren zur Lieblingsbritin und Ikone der französischen Popkultur. Eine neue Arte-Dokumentation zeigt sie als Schauspielerin, Sängerin und als Frau, die sich immer wieder neu erfindet.

Von Achim Hahn | 31.10.2019
Mit sanften Rehaugen und ihrem unverwechselbaren britischen Akzent eroberte Jane Birkin Ende der 1960er-Jahre die Herzen der Franzosen
Mit sanften Rehaugen und ihrem unverwechselbaren britischen Akzent eroberte Jane Birkin Ende der 1960er-Jahre die Herzen der Franzosen (Jean-Pierre Fizet/Albina/ORTF)
"Je t’aime ... moin non plus" - der Skandal- und Erfolgssong der späten 60er. Eigentlich hatte ihn Serge Gainsburg, der Frauenheld jener Jahre, Regisseur und Chansonier, für seine Verflossene Brigitte Bardot geschrieben und erstmals aufgenommen. Doch dann trat sie in sein Leben: die Engländerin Jane Birkin.
Dokumentation: "Schauspielerin und Mutter, aber auch Sängerin und Sexsymbol, Muse und engagierte Künstlerin."
Der Vatikan verbot den Song, die BBC verbannte ihn - und die Menschen kauften ihn. Für beide ein Riesenerfolg, aus dem später auch ein gemeinsamer Film wurde - und die Geschichte einer großen Liebe.
"Die junge Engländerin im Mini und der zynische Dichter werden im Nu zum Paar des Jahres."
Seltene Filmaufnahmen aus der Kindheit
Mit dem biografischen Chanson "Jane B.", das Gainsbourg seiner britischen Geliebten als eigene Personenbeschreibung wie alle Lieder auf den Leib schrieb, startet die Arte-Dokumentation von Clélia Cohen und fährt mit seltenen privaten Filmaufnahmen aus der Kindheit fort:
Jane Birkin - Tochter einer berühmten Schauspielerin, unglücklich in einem Internat gewesen, im Swinging London der 60er-Jahre eigene Schauspielengagements, dann zu ersten Filmehren gekommen, als Michelangelo Antonioni sie für seinen Kultfilm "Blow Up" engagierte.
"Es ist der erste Skandal in ihrer Karriere."
Da sie in einer Szene barbusig zu sehen war. Damals war die Zwanzigjährige eher unglücklich mit dem James-Bond-Musikkomponisten John Barry verheiratet, mit dem sie ein erstes Kind hatte. Die Ehe scheiterte, sie ging nach Frankreich - und blieb.
"Es war höchste Zeit, denn die Verbindung ihres Lebens erwartet sie schon."
In schnell geschnittenen Bilderfolgen aus Archivmaterialien und Interviews mit Jane Birkin, erzählt Clélia Cohen die Geschichte des sich als hässlich empfindenden Entleins, das seit den 70ern in ihrer Wahlheimat Frankreich als Sängerin und Schauspielerin die Herzen der Franzosen eroberte und als eine neue Art des Sexsymbols gefeiert wurde: für Frauen befreiend - mit großen Zähnen, schlechten Beinen und ohne Brust, wie Jane Birkin selbst zitiert wird:
"You’re the first sexsymbol with big teeth, bad legs, no bust."
Sympathische Offenheit der Künstlerin
"Sie mag wie ein Modepüppchen, ein Pin-up oder hübsches Beiwerk wirken, aber eigentlich wartet sie auf ihren großen Moment, da sie als Schauspielerin ihren Weg noch nicht gefunden hat."
Der führte sie schließlich über alberne Erfolgskomödien zu künstlerischen Filmproduktionen bis zum klassischen Theater. Herausgefordert von ihren Regisseuren, wie auch zum Beispiel bei ihre Arbeit im Plattenstudio.
In videocliphaft inszenierten Filmbildern mit einem geschickt arrangiertem Soundtrack aus Originalaufnahmen zeichnet Regisseurin Clélia Cohen ein sehr persönliches und detailreiches Portrait. Dabei lebt diese Dokumentation aber vor allem von der sympathische Offenheit einer Künstlerin, die alles zu geben bereit ist, die ihre Kunst wie eine Löwin verteidigt, die die Kamera liebt und uns dabei mit bezauberndem Lächeln und ohne Koketterie umgarnt: Jane Birkin - eine Ikone der französischen Popkultur, mit dem verletzlichen Charme einer sich immer wieder neu erfindenden Frau.