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Donald Trumps Wahlkampfthema
Aufrüstung im Grenzgebiet zu Mexiko

Donald Trump richtet seine Energie zur Mobilisierung von Wählerstimmen gegen die Migranten, die sich aus Zentralamerika auf den Weg in Richtung USA machen. Er möchte das Einbürgerungsrecht ändern und schickt 5.200 Soldaten an die Grenze zu Mexiko, um das Land vor einer "Invasion" zu schützen.

Von Thilo Kößler | 31.10.2018
    Militarisierung des Grenzraumes in der Chihuahua Wüste: Patrouille einer privaten Sicherheitsfirma, Oktober 2018. Thilo Kößler
    Militarisierung des Grenzraumes in der Chihuahua Wüste: Patrouille einer privaten Sicherheitsfirma (Thomas Spang)
    Um an das südliche Ende der Avenida Casa Grandes in Santa Teresa, New Mexico, zu kommen, müsse man immer der Hauptstraße folgen, das letzte Verkehrsschild "Border to Mexico" links liegen lassen und geradeaus die Schotterpiste weiterfahren. Bis ganz ans Ende. Dort, am Grenzzaun zu Mexiko, werde er warten.
    Kevin Bixby, 61 Jahre alt, Jeans, Schirmmütze, dunkel getönte Sonnenbrille. Er ist Umweltschützer. Kopf und Hirn des Southwest Environmental Center, einer nichtstaatlichen Organisation in Las Cruces in New Mexico, die ausschließlich von privaten Spenden lebt.
    Kevin Bixby steht in der Chihuahua Wüste. Hier ist die Welt gewissermaßen mit Brettern vernagelt. Links der alte verrostete Grenzzaun aus Maschendraht. Rechts entsteht ein neues, 30 Kilometer langes Teilstück des ersten neuen Grenzzauns, der während der Amtszeit Donald Trumps gebaut wird.
    Angeblich wird ausgerechnet hier gebaut, weil in Santa Teresa besonders viele Illegale über die Grenze kamen. Kevin bezweifelt das. Hier habe nur besonders leicht ein Exempel statuiert werden können, weil sich das Land im Bundesbesitz befindet und folglich niemand enteignet werden musste. Hier konnten auch die Umweltauflagen aus der Zeit Barack Obamas problemlos ausgehebelt werden, sagt Kevin.
    "Fragmentierung der Lebensräume"
    Zwei Klagen hat das Southwest Environmental Center gegen die Trump-Administration laufen: Eine gegen die sogenannte Null-Toleranz Politik, die vorsieht, jeden Einwanderer ohne Papiere sofort zu verhaften und zu internieren. Und eine gegen die Umweltfolgen dieses Projektes. Und sie seien nicht weniger schlimm, sagt Kevin.
    Mit der Chihuahua Wüste und den umliegenden Bergen und Flüssen habe diese Grenzregion eine besonders außergewöhnliche Artenvielfalt zu bieten. Allerdings nicht mehr lange, sagt Kevin - mit Hilfe von Kameras und Sensoren möchte sein Umweltteam belegen, dass Donald Trumps Grenzbefestigung nicht nur Menschen trennt. Sondern auch die Lebensräume seltener Tierarten, die fortan keine Chance mehr hätten, von der einen auf die andere Seite der Stahlsäulen zu kommen.
    Kevin spricht von "Fragmentierung der Lebensräume" und meint, dass der Berglöwe, der Graufuchs oder der seltene Jaguar von ihren Populationen hüben und drüben abgeschnitten würden. Die Mauer: Das sind fünf Meter hohe Stahlsäulen, die dicht an dicht, Kante an Kante, auf einem eineinhalb Meter tiefen Betonsockel stehen.
    Kevin Bixby, 61 Jahre alt, Jeans, Schirmmütze, dunkel getönte Sonnenbrille. Er ist Umweltschützer. Kopf und Hirn des Southwest Environmental Center, einer nichtstaatlichen Organisation in Las Cruces in New Mexico, die ausschließlich von privaten Spenden lebt. Oktober 2018, Thilo Kößler
    Kevin Bixby vom Southwest Environmental Center in New Mexico (Thomas Spang)
    "Wenn Ihr weitergeht, bekommt Ihr ein Problem"
    Ein Hubschrauber der US-Grenzpolizei fliegt zum Greifen nah über unsere Köpfe hinweg, dreht bei und setzt zur Landung an. Ein Patrouillenfahrzeug taucht mit aufblitzendem Blaulicht aus dem Staub der Wüstenpiste auf und kommt scharf bremsend vor uns zum Stehen.
    Das sei kein Polizeifahrzeug, sagt Kevin. Das sei ein privater Sicherheitsdienst der Baufirma. Der Mann trägt eine schusssichere Weste und eine halbautomatische Waffe vor dem gewaltigen Bauch, im Halfter einen Colt. Was wir hier draußen wollen, will er wissen. Und möchte unsere Papiere sehen.
    Kevin interveniert: Wir befänden uns außerhalb des Baubereichs. Der Mann widerspricht. Er habe keine Berechtigung, uns zu kontrollieren, sagt Kevin. Der Mann widerspricht. Der Hubschrauber hebt wieder ab und wirbelt mächtig Staub auf. Der Mann meint es ernst: Wenn Ihr hier stehenbleibt, habt Ihr kein Problem, sagt er. Wenn Ihr weitergeht, bekommt Ihr eines.
    Der Mann zwängt sich wieder in seinen Pickup. Das Blaulicht zuckt. Der Motor läuft. Der Mann hält Wache, das Gewehr auf dem Schoß. Für Kevin ist der Fall damit keinesfalls erledigt. Warum dieser Typ von einer privaten Sicherheitsfirma berechtigt sei, hier mit einer halbautomatischen Waffe herumzulaufen, fragt Kevin: Er ist sichtlich aufgebracht.
    Die Mauer, ein Symbol der Trump-Politik
    Kevin sagt: Seit dem Beginn des Baus dieser Mauer werde die Gegend immer mehr militarisiert. Er kann sich gar nicht mehr beruhigen. Er könne sich furchtbar darüber aufregen, meint er, dass Trumps Mauer zu einer Aufrüstung der Grenzregion führe.
    Kevin wird an dieser Stelle sehr grundsätzlich: Die Mauer sei ein Symbol für die Politik dieser Trump-Regierung, sagt er. Und sie sei ein Symbol für die Okkupation der Kommunen direkt an der Grenze.
    Das war Ende September. Einen Monat später, vorgestern, um genau zu sein, gab Donald Trump bekannt, dass er 5.200 Soldaten an die Grenze zu Mexiko entsenden möchte, um die Vereinigten Staaten von Amerika gegen die Karavane der Hungerflüchtlinge aus Mittelamerika zu schützen. Auch Santa Teresa in New Mexico, das Grenzland, das der 61-jährige Umweltschützer Kevin Bixby als Lebensraum für Berglöwen, Graufüchse und den Jaguar erhalten möchte - auch Santa Teresa wird womöglich in diesen Tagen zum Aufmarschgebiet der US-Armee.