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EEG
Windkraftanlagen als Schlüssel zur Lösung

Die Energiewende voranzutreiben, das ist die offizielle Marschrichtung der Bundesregierung und des zuständigen Ministers Sigmar Gabriel. Nur der Weg dorthin ist unklar. Gabriel hat sich heute in Hamburg mit den fünf Regierungschefs der Nordländer beraten.

Von Axel Schröder | 07.03.2014
    Es soll vorangehen mit der Energiewende - das ist die offizielle Linie der Bundesregierung und des zuständigen Ministers Sigmar Gabriel. Wie der Weg dorthin effizient gestaltet werden kann, darüber hat sich Gabriel heute auf einem einstündigen Arbeitstreffen in Hamburg mit den fünf Regierungschefs der Nordländer beraten. Allesamt Parteigenossen Gabriels. Was dabei herausgekommen ist, darüber schweigen die Beteiligten. Klar ist aber, dass es um die Novelle des EEG, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, ging, um Vergütungssätze und Zubaugrenzen für Windkraftanlagen an Land und auf hoher See. Passenderweise stellte heute in Hamburg der Wirtschaftsjournalist Olaf Preuß sein Buch über die Chancen der Energiewende für den Norden vor:
    "Der Norden ist das Kraftzentrum für die Energiewende in Deutschland. Und das muss die Politik deutlich machen. Auch dadurch, dass die Nordländer ihre oft konträren Interessen überwinden und ihre Kraft und ihren politischen Einfluss wirklich bündeln."
    Vor allem müssen sie den Bundeswirtschaftsminister von dieser nicht nur ökologischen, sondern vor allem auch industriepolitischen Chance der Energiewende überzeugen. Der letzte Entwurf für eine Novelle des EEG lässt allerdings Zweifel daran aufkommen, dass diese Wende konsequent durchgezogen wird. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, als Laudatorin für Preuß neues Buch aus Berlin angereist, hält die bisher bekannt gewordenen Eckpunkte der Novelle für wenig zielführend:
    "Wenn man jetzt - gerade bei der Windenergie - einen deutlichen Ausbaukorridor einführt und dazu noch erhebliche Vergütungssatzeinbußen, kann das natürlich zu einem Teil zu einem Abwürgen führen."
    Wenn mehr Windkraft als geplant installiert wird, sinkt die Vergütung
    Zentrale Punkte des Eckpunktepapiers sind Ausbaugrenzen für Windkraft von 2500 Megawatt und ein sogenannter "atmender Deckel" für die Vergütungssätze. Jeweils angepasst an den tatsächlichen Zubau sollen diese schwanken: Wenn mehr Windkraft als geplant installiert wird, sinkt die Vergütung. Wenn weniger Windräder errichtet werden, sollen sie steigen. Die Anpassung geschieht aber mit rund einem Jahr Verzögerung. Und deshalb, gibt zum Beispiel der Bundesverband Erneuerbare Energien zu Bedenken, gibt es für viele Projekte kaum noch Planungssicherheit. Investoren und Banken könnten dadurch abgeschreckt werden. Hinter den neuen Ideen für die EEG-Novelle stecken, so sieht es Claudia Kemfert, handfeste wirtschaftliche Interessen:
    "Das sind sowohl die Betreiber der konventionellen Kraftwerke - Atom und Kohle – als auch Teile in der Politik. Manche energieintensive Unternehmen…"
    … und die Chancen, die die Windkraft in den strukturschwachen Regionen an Nord- und Ostsee bieten, geraten in dieser Gemengelage aus dem Blick. Rund 20.000 Arbeitsplätze sind allein durch die Zulieferindustrie der Offshore-Windbranche dort schon entstanden. Weitere 18.000 könnten, so Kemfert noch dazukommen. Wenn der Ausbau nicht ausgebremst wird. Die derzeit herrschende Unsicherheit führt aber dazu, dass die betroffenen Windkraft-Firmen im Norden schon in diesem Jahr mit ersten Auftragslöchern rechnen und rund 1.000 Beschäftigte von Kurzarbeit bedroht sehen. Der Hamburger Buchautor Olaf Preuß kann die Verweigerungshaltung aus der Mitte und dem Süden der Republik nicht verstehen. Immerhin profitiert auch die dortige Maschinenbau-Industrie vom Windkraft-Ausbau. Langfristig sogar die Länderfinanzen Bayerns oder Baden-Württembergs:
    "Die Energiewende kann ganz stark dazu beitragen, den Norden wirtschaftlich zu stärken. Und das wäre natürlich auch im Sinne der süddeutschen Geberländer im Länderfinanzausgleich."
    In zwanzig Jahren, wenn die Windkraftbranche den heute noch strukturschwachen Norden zur Boom-Region Deutschlands gemacht hat, können sich die Südländer freuen: Dann werden sie - trotz ihrer immer noch profitablen Industrie - zu Nehmerländern. Der starke, dann reichere Norden, die Energiewende macht’s möglich.