Die Sportvereine in Deutschland verzeichnen nach dem Ende der Corona-Pandemie einen Mitgliederzuwachs. Rückläufig ist dagegen die Zahl der Ehrenamtlichen in den Vereinen.
"Wir sehen immer noch, dass der Sportverein ein beliebter Ort des Engagement ist", sagte Peter Schubert, Projektmanager bei ZiviZ (Zivilgesellschaft in Zahlen) im Deutschlandfunk. Laut einer Befragung aus dem Jahr 2022 seien die meisten Ehrenamtlichen im Sport aktiv. "Wir sehen aber, wenn wir uns die letzten zehn Jahre anschauen, dass der Anteil der Organisationen im Sport abnimmt. Das heißt nicht, dass es weniger Sportvereine gibt, weil insgesamt die Zahl der Organisationen zunimmt. Das bedeutet aber, dass sich das Engagement zunehmend auch in andere Felder verlagert, die populärer werden."
Felder Bildung und Umwelt konkurrieren mit dem Sport
Etwa 29 Millionen Menschen würden sich in Deutschland ehrenamtlich betätigen, so Schubert. In den vergangenen zehn Jahren hätten die Engagement-Felder Bildung und Umwelt starken Zuspruch erhalten. "Das sind Felder, die dann mit dem Sport konkurrieren." Viele wollten mit ihrem Engagement heute vor allem einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und inhaltlich arbeiten, sagte Schubert.
Das habe mehrere Gründe. Einer davon sei das veränderte Mobilitätsverhalten der Menschen. "Menschen ziehen viel häufiger um und machen mal hier in einem Verein mit, oder mal da in einem Verein mit, oder gar nicht mehr in einem Verein, sondern eher in einer informellen Initiative. Sie sind insgesamt nicht mehr so stark gebunden an einen Ort und somit auch nicht mehr an den lokal tätigen Verein."
Engagement in 27 Prozent der Sportvereine rückläufig
Im Jahr 2012 seien noch 25 Prozent der Organisationen, in denen Ehrenamtliche tätig sind, Sportvereine gewesen. Dieser Anteil sei mittlerweile auf 22 Prozent zurückgegangen. Dazu hätten die Vereine Probleme, Ehrenamtliche zu binden. 27 Prozent der Sportvereine hätten zudem angegeben, dass das ehrenamtliche Engagement rückläufig sei. "Es gibt kein anderes Engagement-Feld, sei es Freizeit, Kultur, Soziales, Gesundheitswesen oder Bildung, in dem ein so hoher Anteil der Organisationen sagt, wir haben weniger Leute, die sich in unserer Organisation engagieren", sagte Schubert.
Ein Grund dafür sei auch die Corona-Pandemie, in der die Menschen andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung entdeckt hätten, so Schubert. Dazu gebe es immer mehr Leute, die sich informell zum Sport treffen, ohne einen Verein. "Hinzu kommt im Sport auch die Entwicklung der Kommerzialisierung. Es gibt im Sport immer mehr kommerzielle Anbieter wie Fitness-Studios, die Menschen abgreifen."
Immer mehr junge Menschen engagieren sich ehrenamtlich
Erfreulich sei dagegen die Entwicklung, dass sich im Sport immer mehr junge Menschen ehrenamtlich engagieren. "Wir haben kein Generationenproblem", sagte Schubert. "Wir haben aber natürlich durch das veränderte Mobilitätsverhalten einen Bruch dadurch, dass Menschen dann im jungen Erwachsenenalter wegziehen und nicht mehr weiter engagiert sind im Verein."
Der Sportverein könnte hier jedoch auch eine Chance darstellen, nämlich den Menschen nach einem Umzug Anschluss in neuen Wohnort zu ermöglichen. "Man muss natürlich sagen, dass nicht jeder Verein eine ausgeprägte Willkommenskultur gegenüber neuen Menschen hat. Das muss man kritisch sehen", sagte Schubert. "Und dann müssen sehr viele Vereine auch überlegen, wie man neuen Menschen niedrigschwellig ermöglicht, einen Einstieg zu finden."
Gesteigerte Anforderungen an Ehrenamtliche
Ein weiterer Grund für weniger Ehrenamtliche im Sport sei laut Schubert auch das gestiegene Anforderungsprofil. "Es ist vielleicht keine Professionalisierung, aber es ist trotzdem natürlich auch ein steigender Anspruch an Menschen, die sagen, ich möchte auch mal als Trainer in einem Verein tätig sein. Und das heißt, man muss natürlich gucken, wie kann man einerseits die Qualifikationsanforderungen, die natürlich alle ihren Sinn haben, in Einklang bringen mit den zunehmenden Erwartungen der engagierten, auch niedrigschwellig Aufgaben zu übernehmen."