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Eichenprozessionsspinner
Parks und Schulen schließen wegen gefährlicher Raupen

Wegen Befalls mit Raupen des Eichenprozessionsspinners werden unter anderem im Ruhrgebiet Schulen und Parks geschlossen, sogar ein Sportfest musste abgebrochen werden. Die Haare der Raupen verteilen ein Gift, das zu Juckreiz und Schlimmerem führen kann.

Von Kai Rüsberg | 25.06.2019
Eichenprozessionsspinner kriechen in ihrem Nest.
Die Haarspitzen der Eichenprozessionsspinner bohren sich mit Widerhaken in die Haut und setzen dort ihr Gift frei. (picture alliance/Lisa Ducret/dpa)
Der Fredenbaumpark am Rande der Dortmunder Nordstadt ist eine kleine Oase in der Großstadt. Frank Dartsch ist hier der städtische Chefgärtner.
"Das ist, also ein Mischbaumbestand überwiegend. Eiche, Buche, Ahorn, Eschen. Der Park ist so um die 100 Jahre alt und wird von den Dortmundern Bürgern gerne als innerstädtischer Park angenommen, weil er direkt am Dortmunder Zentrum angegliedert ist."
Allein in diesem Park sind fast 500 Bäume befallen von einer Raupenplage: der Eichenprozessionsspinner hat sich eingenistet. Seine sehr feinen Brennhaare können durch die Luft fliegen und bei Menschen unangenehmen Juckreiz oder schlimmeres verursachen.
"Dieses Jahr ist der Befall vom Eichenprozessionsspinner sehr intensiv, also viel intensiver als im letzten Jahr. Das liegt an dem milden Winter, weil da sehr viele Larven überlebt haben und an dem besonderen Frühjahr, was ziemlich warm gewesen ist, so, dass sich die Population gut entwickeln konnte."
Drei Wochen lang musste die Stadt alle Zugänge mit Warnschildern absperren.
Beliebter Park wochenlang gesperrt
Trotzdem kommen weiter Spaziergänger in den Park, weil von einer Gefahr nichts zu sehen ist. So wie diese Pärchen mit Kleinkind im Kinderwagen.
"Sie haben da gerade ein Schild gesehen. Haben Sie gelesen, was drauf steht? / Ja, gesperrt, weil alle Leute auch hier reingehen. - Das sind diese Eichenprozessionsspinner, das sind diese Raupen mit ganz viele Haaren."
Auch wenn die umherfliegenden feinen Härchen nicht zu sehen sind, stellen sie eine Gefahr dar, insbesondere für kleine Kinder und ältere Menschen, sagt der Chef der Dermatologie des Katholischen Uni-Klinikums Bochum, Eggert Stockfleth.
Wegen Befalls mit dem Eichenprozessionsspinner musste die Stadt Dortmund einen Park für mehrere Wochen sperren.
Wegen Befalls mit dem Eichenprozessionsspinner musste die Stadt Dortmund einen Park für mehrere Wochen sperren. (Deutschlandradio/Kai Rüsberg)
"Sie selber sehen, die kaum und dann kommt es zu diesem heftigen Juckreiz-Attacken und zu Quaddeln auf der Haut bis hin zu Rötungen und wenn sie die einatmen kann das auch zur Luftnot führen, dass sie ja so richtig Probleme mit der Lunge bekommen."
Manche Patienten müssen auf die Intensivstation
Diese Haarspitzen bohren sich mit Widerhaken in die Haut und setzen dort ihr Gift frei. Während es für die meisten Menschen bei einem tagelang anhaltenden Jucken bleibt, kann es bei starkem Befall oder wenn viele der Brennhärchen in den Atemtrakt gelangen auch kritisch werden, warnt der Facharzt.
"Es kann auch in einzelnen Fällen tatsächlich zum Schock kommen, das heißt, dass der ganze Körper reagiert, das ist eine Abwehrreaktion gegen dieses Gift, das ist ein Eiweißgift, was dort freigesetzt wird, dann sind sie krankenhauspflichtig und müssen teilweise auf die Intensivstation."
Wer mit den Brennhaaren in Kontakt gekommen ist, sollte sofort die Kleidung wechseln, diese isolieren und waschen sowie selbst Duschen und Haare waschen und bei Schwellungen einen Arzt aufsuchen.
Schutzanzüge und Atemgeräte
Um die Nester zu erkennen und mit speziellen Filtern absaugen zu können, müssen Hebebühnen eingesetzt werden: Die Arbeiter fahren in Schutzanzügen mit Atemgeräten in einer Gondel bis in die Baumkronen hinauf, erklärt Gärtnermeister Dartsch. Vom Boden aus sind die verpuppten Nester oft kaum zu erkennen:
"Man sieht wirklich nicht viel. Wir sind jetzt auf eine Arbeitshöhe von ca. 15 bis 20 m und das sind auch Höhen, die man jetzt von unten durch eine normale Sichtkontrolle nicht mehr richtig einblicken kann."
Mitten im Dortmunder Fredenbaumpark betreibt Marvin Ebi eine Gartenwirtschaft. Auch wenn der Park seit dieser Woche wieder freigegeben ist, für ihn hat die Raupen-Plage auch finanzielle Auswirkungen, weil keine Gäste kamen.
"Allerdings habe ich ein bisschen Existenzangst jetzt dadurch, weil die stärksten Tage des Jahres dann halt wegfallen, gerade über Pfingsten. Jetzt ist es mittlerweile knapp 3 Wochen her schon, seitdem der Park geschlossen wurde. Ich habe Mitarbeiter, die weiter Geld bekommen möchten, ich habe eine Familie, die ich zu ernähren habe und Pachten, die zu zahlen sind. Ja, das ist nicht gut."
Das Ruhrgebiet ist besonders stark betroffen. In Bochum musste eine Schule zeitweilig schließen, in Mülheim an der Ruhr wurde ein Sportfest abgebrochen und mehrere Kinder ins Krankenhaus gebracht.
Ab Juli werden zwar aus den Raupen Falter, aber in den Nestern bleiben die Härchen gefährlich und können weiterhin vom Wind davon getragen werden. Jedes Tier hat mehrere hunderttausend Gifthärchen. Und das Gift darin bleibt fünf Jahre oder länger wirksam.