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Ein Jahr Elbphilharmonie
"Elphi" verzückt Hamburg

Die Elbphilharmonie ist zum großen Anziehungspunkt von Hamburg geworden - der Tourismus boomt, die Kultur profitiert. Ein Jahr nach ihrer Fertigstellung scheint der Albtraum mit Planungschaos und Kostenexplosion wie verflogen.

Von Daniel Kaiser | 11.01.2018
    Wechselndes Farbenspiel der Elphi-Fassade je nach Sonnenlicht.
    Ein Jahr "Elphi": Viele Lobeshymnen für das imposante Konzerthaus (imago/ Markus Tischler)
    Hafenrundfahrt. "Und voraus linke Seite haben wir sie ja: unser neues Wahrzeichen, die Elbphilharmonie. Ist ein schönes Gebäude geworden, wird ja auch gut in Anspruch genommen ...
    Bei jeder Hafenrundfahrt ist sie der Höhepunkt - millionenfach photographiert, bewundert, bestaunt. Vor jetzt fast genau einem Jahr hat der damalige Bundespräsident Joachim Gauck den jahrelangen Baustellen- und Finanz- Albtraum mit einigen launigen Sätzen beendet und gewendet. "Jetzt ist Elphi aufgewacht. Freu' Dich Hamburg!"
    Bei den coolsten Städten nach vorne gerückt
    Umfrage. "Einfach großartig! Man hat das Gefühl gehabt: Das war Klang pur!" "Ganz Hamburg liegt der Elbphilharmonie zu Füßen!" "Wie auch das Ohr geschärft wird da drin und wie alle Sinne angesprochen werden, das ist etwas ganz Besonderes. Da kann sich Hamburg auf ein paar gute Jahre freuen."
    Der Jubel der Eröffnung klingt dem Intendanten der Elbphilharmonie, Christoph Lieben-Seutter, immer noch im Ohr. Viele Weltklasse-Musiker und Orchester aus der Champions League aus Wien, Berlin und New York haben den großen Saal mittlerweile bespielt. 850.000 Menschen waren in 600 Konzerten. Lieben-Seutter: "Jetzt hat Hamburg eine zusätzliches Image bekommen – Wir sind weltweit in den Reisetipps, bei den coolsten Städten und den besten Plätzen zum Leben ganz nach vorne gerückt. Da hat die Elbphilharmonie einen hohen Anteil dran."
    Mindestens acht schwere Knochenbrüche
    Die Freude über die vielen gelungenen Konzerte und das neue Wahrzeichen ist das eine. Aber so schön Saal und Foyer mit ihren geschwungen Treppen wirkten, so gefährlich waren sie auch. Sogar der Architekt Jacques Herzog selbst wurde gesehen, wie er am Eröffnungsabend über seine eigenen Stufen stolperte. Es gab mindestens acht schwere Knochenbrüche. Eine ältere Dame brach sich den Halswirbel. Es dauerte Monate, bis die Treppen sicherer gemacht wurden.
    Das wurde aber im letzten Sommer durch zusätzliche Markierungen und Achtsamkeitsnoppen, wo man in Gefahr kommen könnte, eine Stufe zu übersehen, behoben. Seitdem ist nichts Schlimmes vorgefallen.
    Wie fünfmal Weihnachten
    Claudia Strenkert, die Solo-Hornistin des NDR EO kann sich noch gut an ihren ersten Ton in der Elbphilharmonie erinnern. "Der erste Moment war absolut gigantisch. Es war wie fünfmal Weihnachten für uns und das Spielgefühl war wunderbar. Alle waren euphorisch. Dann haben wir auch schon gemerkt, dass der Saal seine Eigenheiten besitzt. Wir haben auch gemerkt, dass es Säle gibt, die es den Musikern wesentliche einfacher machen als dieser Saal. Und so hört man uns auch jedes laute Blättern, bei uns am Horn jedes Wasserausleeren und auch jeder kleine schlechte Ansprache, oder wenn die Gruppe nicht 100prozentig zusammen ist. Man hört einfach alles."
    Das erste Jahr zeigt: Mit guten, intelligenten Orchester, die die Akustik begreifen, kann man himmlische Abende erleben. Schwächen entlarvt der Saal gnadenlos. Der Kartenvorverkauf endet immer noch im veritablen Chaos. Der Ticket-Frust bei vielen ist groß. Aber an der Abendkasse kann man immer wieder Glück haben, beobachtet auch Tobias Rempe, der Geschäftsführer des Ensemble Resonanz, des Residenzorchesters im kleinen Saal der Elbphiharmonie.
    Es gibt immer wieder Karten
    "Der Hype des dauernd Ausverkauftseins ist da immer ein bisschen größer als die Realität – in der Realität gibt es immer wieder Karten."
    Die langen Schlangen an den Konzertkassen zeigen: Die Elphi, wie die Hamburger sie liebevoll nennen, ist mehr als nur eine weitere Abspielstätte für klassische Musik. Sie ist längst zu einem klingenden Wahrzeichen geworden, das eine ganze Stadt verändern kann. Aus Hamburg Daniel Kaiser. Daniel Kaiser: Hamburg.