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Eine Kasse für alle

Es ist das Ende der Zwei-Klassen-Medizin in der Slowakei. Ab 2014 müssen sich in dem EU-Land alle Menschen gesetzlich krankenversichern. Die privaten Kassen werden mit dem gesetzlichen System fusioniert. Sollten die Versicherer nicht freiwillig mitmachen, droht die Regierung mit Enteignung.

Von Stefan Heinlein | 01.11.2012
    Ministerpräsident Robert Fico lässt den Versicherten künftig keine Wahl. Ab dem Jahr 2014 wird es in der Slowakei nur noch eine Krankenkasse geben. Den beiden privaten Anbietern mit ihren rund zwei Millionen Mitgliedern setzt er die Pistole auf die Brust:

    "Wenn wir uns mit den Besitzern der beiden Privaten nicht einigen können, werden wir eine völlig legale und verfassungsgemäße Maßnahme ergreifen, die man Enteignung nennt."

    Doch zunächst soll mit den Aktionären in den kommenden Monaten über einen Kaufpreis verhandelt werden. Auf gut 300 Millionen Euro wird der Wert der beiden Privatkassen geschätzt. Man werde sich gegen die Pläne der Regierung wehren, so Sprecherin Katarina Kafkova:

    "Unsere Aktionäre wollen weiter auf dem Markt bleiben. Es gab noch keine Verhandlungen mit der Regierung und eine Einigung ist deshalb nicht absehbar. Wir gehen davon aus, dass es deshalb zu einer Enteignung kommen wird."

    Man werde alle gerichtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um eine mögliche Enteignung zu verhindern. Die Opposition unterstützt den angekündigten Widerstand der Kassenmanager. Im Parlament jedoch haben die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Fico eine klare Mehrheit. Bereits in den kommenden Wochen wird das Gesetz deshalb verabschiedet werden. Der christdemokratische Parteivorsitzende Jan Figel warnt vor den hohen Kosten der Kassenfusion:

    "Das Vorhaben der Regierung, ein Monopol im Gesundheitswesen zu bilden, ist wahrscheinlich gesetzeswidrig. Es bringt wirtschaftliche Nachteile für den Staat und richtet sich gegen die Patienten."

    Doch Ministerpräsident Robert Fico ist überzeugt, im Interesse der Versicherten zu handeln. In den vergangenen Jahren hätten die Privatkassen über eine halbe Milliarde Euro als Gewinn abgeschöpft. Auch die hohen Verwaltungskosten könnten künftig eingespart und für die Verbesserung des chronisch unterfinanzierten Gesundheitswesens eingesetzt werden:

    "Meine Regierung lehnt prinzipiell die Vorstellung ab, dass die privaten Kassen öffentliche Gelder und die Beiträge der Versicherten für ihren privaten Gewinn benutzen und sich damit ein Leben in Luxus ermöglichen."

    Bisher jedoch hat die Regierung die Mehrheit der Bevölkerung von ihren Plänen nicht überzeugt. Laut Umfragen sind über 80 Prozent der Slowaken gegen die Krankenkassenfusion.