"Die Wirkmacht von Ritualen beruhe darauf, dass sie Gemeinschaftsveranstaltungen sind", sagte die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger im Dlf. Die Handlungsfolgen von Ritualen seien immer ähnlich und würden in ähnlicher Folge wiederkehren.
Da Rituale immer gemeinschaftlich und öffentlich abliefen, bekomme die Gesellschaft dadurch Struktur, erklärte Stollberg-Rilinger.
Da Rituale immer gemeinschaftlich und öffentlich abliefen, bekomme die Gesellschaft dadurch Struktur, erklärte Stollberg-Rilinger.
Man benötige solche wiederkehrenden Rituale immer wieder, denn dies halte die Gruppe zusammen und gebe ein Identitätsgefühl, sagte die Wissenschaftlerin und Buchautorin. So bedeute der aktuelle Wegfall von familiären Zusammenkünften bei Beerdigungen eine sehr starke Beeinträchtigung, denn es fehle die Möglichkeit, sich gemeinsam Trost zu spenden, sagte die Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin.
"Das Jahr bedarf eines gewissen Rhythmus"
Das Vermeiden der sozialen Gesten, wie der Handschlag, die Umarmung oder das Küsschen, sei dabei relativ einfach, durch andere Grußformen zu ersetzen. Es müsse aber Übereinkunft auf beiden Seiten bestehen, dass auf diese Grußform momentan nun verzichtet werde. Ansonsten sei die unerwartete Nichterwiderung eines Grußes ein Affront und würde als unfreundliche Botschaft verstanden, sagte die Wissenschaftlerin.
Sie hält es für möglich, dass für die Zeit nach der Coronakrise der Handschlag wieder stärker ausgeübt werde und das freundschaftliche Küsschen auf die Wange im Alltag wieder zurückgedrängt werde.
Trotz der Coronakrise appelliert sie dazu, Rituale weitestgehend aufrecht zu erhalten, dies helfe Struktur zu schaffen. "Die Woche bedarf eines gewissen Rhythmus und auch das Jahr bedarf eines gewissen Rhythmus", sagte sie.