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"Tesla setzt auf das Thema Begehrlichkeit"

Das US-Unternehmen Tesla habe es geschafft, eine Begehrlichkeit im Bereich der E-Mobilität zu schaffen, sagte Stefan Bratzel vom Centers of Automotive Management (CAM) im DLF. Das neue Modell des Herstellers könnte den Durchbruch im Elektromobilitätsmarkt bringen, denn das Preisniveau sei für viele noch akzeptabel.

Stefan Bratzel im Gespräch mit Eva Bahner | 01.04.2016
    Zwei Exemplare des Model 3 von Tesla
    Ein voller Erfolg: Die neue Serie des Elektroauto-Herstellers Tesla (dpa/picture alliance/Tesla Motors)
    Eva Bahner: 115.000 Vorbestellungen in nur 24 Stunden, Menschen, die Schlange stehen für ein Elektroauto, das gibt es ja auch nicht alle Tage – über das neue Model 3 von Tesla habe ich vor der Sendung mit Professor Stefan Bratzel gesprochen vom Centers of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, und ihn zunächst gefragt, ob diese Begeisterung nicht etwas übertrieben ist.
    Stefan Bratzel: Na, es zeigt zumindest, dass Tesla es geschafft hat, eine Begehrlichkeit im Bereich der E-Mobilität zu schaffen. Es ist eine Entwicklung, die man ja nicht nur so von Tesla kennt, schon lange standen für neue Automodelle kaum mehr Kunden Schlange, und das ist tatsächlich eine große Leistung, die Tesla vollbracht hat. Und mit dem neuen Model 3 gibt es eben auch die Möglichkeit, in einen Volumenbereich einzudringen, das war bislang noch nicht möglich.
    Bahner: Ist das denn jetzt tatsächlich der Durchbruch im Elektromobilitätsmarkt, den wir hier sehen?
    Bratzel: Nun, es könnte zumindest der Durchbruch sein, weil der Preis stimmt. Mit so 30-, 40.000 Dollar ist man in einem Preisniveau, das für viele doch greifbar ist. Zum anderen hat man mit Tesla eine begehrliche Marke – auch ein ganz wichtiger Punkt dabei –, und man bekommt ja bei Tesla auch noch die Superlade-Infrastruktur mit dazu, sodass man diese Fahrzeuge auch relativ schnell laden kann. Also die Chance besteht, dass das Thema mit Tesla 2017/2018 wirklich zum Durchbruch der Elektromobilität führt.
    "Man muss an den zentralen Punkten ansetzen: Reichweite, Preis und Infrastruktur"
    Bahner: Und das, obwohl sich das Model 3 ja auch einer harten Konkurrenz stellen muss im Mittelklassebereich, jetzt gerade in diesen Zeiten, wo Benzin so günstig ist.
    Bratzel: Ja, das ist nicht ganz einfach. In der Tat sind die günstigen Benzinpreise, die wir allerorten an den Tankstellen sehen, schon eine Begrenzung, und dann haben wir auf der anderen Seite noch bislang den teuren Preis von Elektrofahrzeugen, die ja 40, 50 Prozent teurer als vergleichbare Modelle von Benzin- und Dieselmotoren sind. Aber ich glaube, Tesla setzt richtigerweise auf das Thema Begehrlichkeit, eine neue Technologie zu haben, etwas Hippes zu haben und nicht sozusagen eine Entwicklung, die wir ja davor hatten, dass Elektromobilität eigentlich gleichgesetzt wurde mit Krankenfahrstühlen. Ich glaube, das ist schon der richtige Weg, und man muss an den zentralen Punkten ansetzen: Reichweite, Preis und Infrastruktur. An allen drei Punkten setzt Tesla an. Insofern besteht eine gute Chance, dass dieses Unterfangen gelingt.
    Bahner: Da fragt man sich ja schon, warum schafft das Tesla, warum schaffen das die deutschen Autohersteller nicht?
    Bratzel: Ja, ich glaube, dass die deutschen Hersteller in den letzten zehn Jahren nicht mit voller Kraft und Energie an dem Thema Elektromobilität gearbeitet haben – das war ein Thema unter vielen, aber nicht das zentrale. Unterschied zu Tesla: Tesla ist ein reiner Elektrofahrzeughersteller, der sich das auf die Fahnen geschrieben hat. Und was die deutschen und anderen Hersteller anbetrifft, ja, mittlerweile nimmt man das Thema sehr viel aggressiver an, und es werden in den nächsten fünf Jahren auch von deutschen Herstellern Elektromodelle kommen, die es dann auch in puncto Reichweite dann aufnehmen können. Die Opel-Tochter General Motors bringt ja auch ein vergleichbares Fahrzeug in der Mittelklasse – den Chevrolet Bolt oder Opel Ampera-e soll der dann heißen, der liegt im ähnlichen Preis und Reichweitenspektrum von dem, was Tesla jetzt mit dem Model 3 anbietet.
    "Es werden in den nächsten fünf Jahren auch von deutschen Herstellern Elektromodelle kommen"
    Bahner: Die Bundesregierung will bei der Elektromobilität ja auch nachhelfen, hat sich auch ehrgeizige Ziele gesetzt, die in immer weitere Ferne rücken, muss man sagen. Eine Kaufprämie von 5.000 Euro steht jetzt zur Debatte, könnte die denn helfen, um die Nachfrage nach E-Autos etwas anzukurbeln?
    Bratzel: Die würde natürlich etwas helfen, aber die Gefahr ist, dass durch so eine Kaufprämie einfach ein Strohfeuer ausgelöst wird. Da werden dann einige Fahrzeuge auch verkauft, aber am Ende des Tages verpufft dieses Strohfeuer, wenn nicht auf der anderen Seite eben attraktive Modelle da sind, die es eben auch ohne Kaufprämie aufnehmen können mit Benzin- und Dieselmotoren. Und die Gefahr ist eben, dass man durch eine Kaufprämie einen finanziellen Anschub leistet, der dann auf der anderen Seite einen industriellen Aufschub dann bewirkt, weil man zu sehr auf Prämien setzt als Kauffördermaßnahme. Ich glaube, das ist nicht der zentrale Weg, ein Gesamtkonzept muss her, wo im Wesentlichen auch eine wesentlich dichtere Infrastruktur hergestellt wird von Ladestationen, da fehlt es noch allerorten. Da könnte die öffentliche Hand vielleicht deutlich stärker in Vorleistung gehen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.