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Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren
Stille auf den Schlachtfeldern Westflanderns

Am 11. November 1918, vor 100 Jahren, endete der Erste Weltkrieg. In Belgien steht kein Ort so sehr für die Grausamkeiten und Schrecken dieses Krieges wie die Stadt Ypern. Denn hier setzte die deutsche Armee das erste Mal das Giftgas Chlor als Massenvernichtungswaffe ein.

Von Karin Bensch |
    Blick auf das in der Flandernschlacht 1914/15 zerstörte Ypern
    Blick auf das in der Flandernschlacht 1914/15 zerstörte Ypern (picture-alliance / dpa)
    Am Sonntagmorgen um 11 Uhr werden in ganz Belgien die Glocken läuten. Sie sollen an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren erinnern. Und an die vielen gestorbenen Soldaten und Zivilisten. Am 11. November 1918 kehrte Ruhe ein auf den Schlachtfeldern. In den Kriegsjahren hatte es in vier Flandernschlachten gegeben. In Belgien hat der Erste Weltkrieg keine andere Stadt so sehr geprägt wie Ypern. Mehrmals versuchten die Deutschen, die Stadt in Westflandern einzunehmen – ohne Erfolg.
    "In Ypern wurde während des Krieges unentwegt gekämpft. Es war zudem das Schlachtfeld des britischen Empires, deshalb kämpften dort auch Soldaten aus Canada, Australien und Neuseeland", sagt der belgische Historiker Luc de Vos.
    Am Ende stand in Ypern kein Stein mehr auf dem anderen. Bis heute gibt es keine eindeutigen Angaben über die Zahl der toten Soldaten. Doch allein in der ersten Flandernschlacht gab es insgesamt schätzungsweise 260.000 Tote, Verwundete und Vermisste.
    Der erste Einsatz von Giftgas als Massenvernichtungswaffe
    Ypern ist auch deshalb zum Symbol für die Schrecken des Ersten Weltkriegs geworden, weil die deutsche Armee dort zum ersten Mal Giftgas als Massenvernichtungswaffe einsetzte. Aus tausenden Stahlbehältern wurde Chlorgas abgeblasen.
    Die mehrere Kilometer breite Giftgaswolke sank auf die feindlichen Stellungen hinab. Die völlig überraschten Soldaten brachen in Panik aus. Sie spuckten Blut und wälzten sich am Boden, um nach Luft zu schnappen. Viele erstickten qualvoll, andere wurden schwer verletzt. Im "In Flanders Fields Museum" in Ypern heißt es in einer Videoinstallation:
    "Das chemische Kampfmittel scheint das geeignetste Angriffsmittel zu sein. Da das Gas unbehindert Erdbefestigungen überwinden, und somit den Verteidiger des Erdschutzes berauben kann."
    Um an die Toten zu erinnern, findet in Ypern seit 90 Jahren jeden Abend das gleiche Ritual statt. Um Punkt 20 Uhr spielen Bläser unter dem Menentor einen Zapfenstreich, den sogenannten "Last Post", den letzten Wachposten.
    "Last Post" am Menentor
    Das Menentor ist ein britisches Ehrenmal für alle gefallenen Soldaten aus Großbritannien und dem Commonwealth, die keine Gräber haben. Vor einigen Jahren noch kamen zwei Polizisten, zwei Bläser und eine Handvoll Zuschauer zu der Zeremonie, erzählt Benoit Mottrie, der Vorsitzende des Vereins "Last Post". Mittlerweile kämen mehr und mehr Menschen aus allen Ecken der Welt.
    An der allabendlichen Zeremonie in Ypern nehmen manchmal bis zu 2.000 Leute teil. Der Erste Weltkrieg berührt viele Menschen offenbar bis heute. Ursprünglich wollten die Briten die belgische Stadt Ypern als Ruinenstadt belassen – als Mahnmal. Doch drei Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges begann dann doch der Wiederaufbau. Die historischen Gebäude im Altstadtkern wurden nach alten Plänen neu errichtet.
    Auch, wenn Ypern heute einem Schmuckkästchen gleicht: Die Narben des Ersten Weltkrieges sind nicht zu übersehen. Durch die vielen Soldatenfriedhöfe, Mahnmale und Museen ist Ypern zu einem Ort geworden, an dem die grausame Kriegsvergangenheit bis heute spürbar ist.