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Energiewende-Gesetz
Frankreich will Plastiktüten teilweise verbieten

Ab dem 1. Juli dürfen in Frankreich keine Einweg-Einkaufstüten aus dünnem Plastik mehr angeboten werden. Das Verbot wurde im Energiewende-Gesetz von letztem August verankert und kommt bei der Bevölkerung gut an.

Von Suzanne Krause | 30.06.2016
    Eine Plastiktüte schwimmt ähnlich wie eine Qualle im Meer. Die Sonne scheint von oben auf die Tüte, der Rand ist dunkel.
    An den Stränden sind die dünnen Plastiktüten zum Teil eine Plage. (imago/Bluegreen Pictures)
    17 Milliarden Einweg-Plastiktüten werden pro Jahr in Frankreich verbraucht. Dass damit ab morgen Schluss sein soll, kommt bei der Bevölkerung eher gut an.
    "Das Verbot wird der Umwelt guttun. Ich bemühe mich schon länger, beim Einkaufen auf Einwegtüten zu verzichten."
    "Um Fisch zu verpacken, sind Plastiktüten unersetzlich. Ich nutze sie zweimal: Nach dem Einkauf lese ich damit den Kot meiner Hunde auf. So bleibt der Bürgersteig sauber."
    "Ich habe ständig einen Einkaufsbeutel in der Handtasche. In den Läden gibt es auch immer mehr Mehrweg-Tüten. Manchmal denke ich nicht nach, wenn man mir die Waren in eine Einwegtüte packt. Dass dies nun verboten wird, ist eine gute Sache."
    Die Plage Einwegtüten
    Mit Unterstützung des Umweltministeriums wirbt manche Gemeinde im Land seit Jahren dafür, dünne Plastiktüten durch umweltfreundlichere Modelle zu ersetzen. Auf der Ile d'Oleron zum Beispiel. Die kleine Insel im Atlantik ist ein Touristenmagnet. Und Einwegtüten sind hier eine Plage, sagt Gemeindevorstand Pascal Massicourt.
    "Alljährlich sammeln wir an unseren Stränden 75 Tonnen Plastik ein. Deshalb haben wir vor zwei Jahren auf unseren Wochenmärkten begonnen, kostenlos Einkaufstaschen auszugeben, die Jahre halten. Das kommt sehr gut an. Und diese Aktion schreibt sich ein in unser Programm der Abfallvermeidung."
    Das Verbot kurbelt die Kreislaufwirtschaft an. Im nordfranzösischen Roubaix verpackt der Metzger Wurst und Fleisch in stabilen Plastikdosen zur Mehrfachverwendung. Im Herault, tief im Südwesten, tragen die Kunden ihre Einkäufe in Bioplastiktüten heim. Die dienen im Anschluss für die Bioabfälle, nach Gebrauch werden die Tüten von den Kommunen eingesammelt und kompostiert. Dank dieser kostenlosen Einkaufstüten, heißt es bei der Stadtverwaltung, landen mehr Bioabfälle statt im Hausmüll nun auf dem Kompost. Der dazu dient, die schlechte Bodenqualität im trockenen Süden zu verbessern.
    Zudem bietet das Verbot der Einwegtüten der einheimischen Verpackungsindustrie neue Entwicklungschancen. Seit geraumer Zeit investiert Unternehmenschef Eric Boel in die Fabrikation umweltfreundlicher Einkaufstaschen.
    "Dank des neuen Gesetzes lassen sich im Land an die 3.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Nicht zu sprechen von den Jobs in Betrieben, die bislang Einwegtüten herstellten und nun auf biologisch abbaubare Produkte umstellen. Und damit auch die Fabrikation vom Ausland nach Frankreich zurückverlagern. Denn bislang wurden 98 Prozent der Plastiktüten an Obst- und Gemüseständen aus Asien importiert."
    Wie geht es danach weiter?
    Für die Umweltvereine ist das Plastiktütenverbot ein gelungener Startschuss. Nun müsse definiert werden, was die gesetzlich geforderte "Wiederverwendbarkeit" neuer Einkaufsbehältnisse bedeute. Greenpeace wünscht sich Tüten und Taschen, die 100 Einsätze aushalten.
    Umweltministerin Ségolène Royal denkt schon weiter: Geplant ist das Verbot von Mikrokügelchen aus Plastik in Kosmetika. Ebenso wie ab 1. Januar 2020 Becher, Gläser und Geschirr aus Plastik. Auch international rührt Royal die Werbetrommel.
    "Vor einigen Tagen habe ich ein Seminar zum Mittelmeer veranstaltet. Wir wollen dessen 21 Anrainerstaaten darauf einschwören, dass sie eine ähnliche Politik entwickeln wie wir, um das Meer besser vor Plastikabfällen zu schützen. Denn gerade im Mittelmeer sorgt das für große Probleme."