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Entscheidung in Frankfurt
EZB senkt Leitzins erstmals auf null Prozent

Der Leitzins im Euroraum sinkt auf null Prozent. Das hat der Rat der Europäischen Zentralbank in Frankfurt beschlossen. Außerdem weitet die EZB ihr milliardenschweres Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere aus. Statt 60 Milliarden Euro sollen es ab April 80 Milliarden Euro sein.

    Ein Schild mit dem Eurozeichen im Kreis von 12 gelben Sternen, darunter zweizeilig "European Central Bank" und "Eurosystem"
    Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins erstmals auf null Prozent gesenkt. Schild vor der EZB-Zentrale in Frankfurt am Main. (AFP / Daniel Roland)
    Der Europäischen Zentralbank geht es vor allem darum, gegen die niedrige Inflation und die zum Teil schwächelnden Volkswirtschaften in der Euro-Zone anzugehen. Das versucht sie auf verschiedenen Wegen zu erreichen.
    Der von 0,05 auf null Prozent gesenkte Leitzins bedeutet, dass sich Privat- und Geschäftsbanken jetzt ohne jede Gebühr von der Europäischen Zentralbank Geld leihen können. Intention der EZB ist es, dass die Banken dieses Geld zu möglichst niedrigen Zinsen an Unternehmen und Privatleute weitergeben, die es investieren und so die Wirtschaft ankurbeln.
    Höhere Strafzinsen
    Mit einem höheren Strafzins für Bankeinlagen sollen Privat- und Geschäftsbanken außerdem davon abgehalten werden, eigenes Geld über Nacht oder länger bei der EZB zwischenzulagern. Wenn sie das tun, müssen sie darauf nicht mehr 0,3 Prozent Strafzinsen zahlen, sondern künftig 0,4 Prozent.
    Die Wirtschaft ankurbeln will die Europäische Zentralbank auch mit weiteren Anleihekäufen. Statt 60 Milliarden Euro will sie ab April dafür monatlich 80 Milliarden Euro ausgeben. Indem sie den Staaten diese Summe leihweise zur Verfügung stellt, hofft sie darauf, dass diese es dann ebenfalls über Banken an Unternehmen und Verbraucher weitergeben. Erst im Dezember hatte die EZB den Kauf von Wertpapieren um ein halbes Jahr bis mindestens Ende März 2017 verlängert.
    Die Maßnahmen sollen auch für mehr Inflation sorgen. Im Februar waren die Preise in der Euro-Zone um 0,2 Prozent gesunken. Die EZB hält aber eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent für ideal für die Wirtschaft.
    EZB-Chef Mario Draghi sagte in Frankfurt: "Wegen der Ölpreisentwicklung sind sehr niedrige oder sogar negative Inflationsraten in den kommenden Monaten unvermeidlich." Und er kündigte weitere Schritte an. "Der Rat erwartet, dass die Leitzinsen für längere Zeit auf dem jetzigen oder einem noch niedrigeren Niveau liegen werden." Das gelte über die Laufzeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus, also bis nach März 2017.
    Kritik an EZB-Schritten
    Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel kritisierte die EZB-Maßnahmen als wenig zielführend. Sie nannte es "unwahrscheinlich, dass die Ausweitung der Anleihekäufe die Inflation nachhaltig erhöhen wird. Der Markt für Unternehmensanleihen ist in Europa zu klein, als dass sich aus deren Einbeziehung ein großer Effekt ergeben dürfte."
    Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Öffentlicher Banken in Deutschland (VÖB), sprach von einer "geldpolitischen Irrfahrt". Die Zinsentscheidung verstärke den Abwärtsstrudel für Sparer. "Langfristige Altersvorsorgekonzepte werden ebenso entwertet wie zinsabhängige Institute in risikoreichere Geschäfte gedrängt werden."
    Auch Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken (BDB), sieht wenige Effekte: "Der Geldmarkt im Euro-Raum ist durch die EZB-Politik faktisch stillgelegt. Wirtschaftsreformen sowie die Sanierung von Bankbilanzen werden verschleppt."
    Der Chefvolkswirt der Targobank, Otmar Lang, sieht in den EZB-Maßnahmen eine "enorme Nervosität", denn die Währungshüter müssten sich damit eingestehen, dass ihre Geldpolitik bislang die Wirkung verfehlt habe.
    DAX gestiegen
    Die Entscheidung hat bereits dazu geführt, dass der Deutsche Aktien-Index steigt. Er legte innerhalb von Minuten nach der Entscheidung um 2,5 Prozent auf 9.968 Punkte zu – der höchste Stand seit knapp zwei Monaten.
    (stfr/kis)