Jochen Spengler: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel besucht heute im Rahmen seiner Sommerreise die Lausitz in Sachsen. Dort führt er ein so genanntes Fachgespräch zum Thema "Management von Wolf, Bär und Luchs". Denn - das wissen wir seit "Bruno", dem angeblichen Problembären - es hapert in Deutschland beim klugen Umgang mit wilden Großtieren. Beim Fachgespräch mit Sigmar Gabriel dabei ist Deutschlands Wolfsforscherin Nummer eins, Gesa Kluth, die sich im Auftrag Sachsens um den Schutz der Wölfe dort kümmert und die ich nun am Telefon begrüße. Guten Morgen, Frau Kluth.
Gesa Kluth: Guten Morgen.
Spengler: Frau Kluth, was wollen Sie dem Minister gern nahe bringen? Was haben Sie sich vorgenommen?
Kluth: Na also, in erster Linie wollen wir ihm natürlich schon zeigen, dass wir denken, dass man hier doch recht klug mit den Wölfen umgeht. Also dass es eigentlich eine ganz positive Sache ist. Dass die Tiere hier in der Region gut leben können. Dass die Menschen auch damit klarkommen. Und dass es aber natürlich trotzdem das ein oder andere gibt, was man für die Zukunft noch verbessern kann. Und darüber wollen wir dann mit ihm reden.
Spengler: Da kommen wir gleich drauf. Sie kümmern sich um den Schutz der Wölfe. Wir wollen erst mal wissen, was Sie genau tun.
Kluth: Ja also, letztendlich ist es unsere Aufgabe, alle Informationen über die Wölfe zu sammeln, die man kriegen kann. Mit verschiedenen Methoden: Also einmal recherchieren wir in der Bevölkerung, ob die Wölfe gesehen haben oder Hinweise gefunden haben; wir gehen selber raus und suchen Hinweise auf Wölfe, also ihre Spuren im Sand oder Risse, also getötete Beutetiere; wir setzen auch die Methode der Telemetrie ein, das heißt, dass man so ein Tier mit einem Sender ausstattet und dann orten kann über ein Radiosignal, wo sich das Tier aufhält. Also wir versuchen einfach, herauszufinden: Haben sie Welpen? Wie viele Welpen haben sie? Gibt es vielleicht irgendwelche Probleme? Das ist unsere Aufgabe.
Spengler: Das heißt, Sie versuchen herauszukriegen: Wie geht es den Wölfen? Wo sind sie? Wie viele sind es denn eigentlich?
Kluth: Also es ist im Moment immer ein bisschen schwierig, genau das zu sagen, weil die treten ja nicht an zum Zählen. Sondern wir können eigentlich nur sagen: Es sind zwei Rudel und jedes Rudel besteht jeweils aus zwei Elterntieren, aus einigen Welpen vom letzten Jahr - das sind die so genannten Jährlinge -, das ist, in dem einen Rudel sind ungefähr drei, im anderen mindestens einer - das ist immer nicht so leicht zu sagen, wie viele - und sie haben beide Rudelwelpen. Und in dem einen Rudel in der Muskauer Heide sind es acht Welpen, das ist ein sehr großer Wurf, und in der Neustädter Heide wissen wir noch nicht genau, wie viele Welpen da sind, die sind bisher sehr gut versteckt.
Spengler: Wie oft bekommen Sie denn eigentlich einen Wolf zu Gesicht?
Kluth: Das kommt darauf an. Also das kommt ein bisschen auf die Jahreszeit an. Im Winter ist es sehr schwierig, weil sie da sehr unbeständig sind, zwar in ihrem Territorium, aber so ein Gebiet ist halt 250 oder 300 Quadratkilometer groß. Und sie da eben zufällig anzutreffen, ist sehr schwierig. Im Sommer jetzt gerade während der Welpenaufzucht ist es etwas leichter, weil sie da eben die Welpen an einem Ort haben und immer dahin zurückkommen müssen. Und dann kann man sie schon eher mal sehen.
Spengler: Aber Sie haben schon mal einen gesehen?
Kluth: Ja, ja, genau. Also es war halt so, dass ich die ersten zwei Jahre, die ich hier gearbeitet habe, von 2001 und 2003, habe ich nie einen Wolf gesehen. Also wir waren immer draußen, haben Spuren gesucht - tagsüber allerdings, auf dem Truppenübungsplatz -, nach ihren Trittsiegeln im Sand gesucht. Und tagsüber schlafen die Wölfe halt in der Regel. Also ist die Chance, tagsüber sie zu sehen, relativ gering. Und das hat wirklich geschlagene zwei Jahre gedauert, bis ich den ersten gesehen habe. Und danach wurde das dann aber immer mehr, weil wir auch eben diese Telemetrie einsetzen, wo man das Tier ja orten kann und dann ab und zu die Chance hat, es auf Schneisen zum Beispiel über eine Schneise huschen zu sehen oder so. Das ist dann schon einfacher, dann sieht man die schon häufiger mal.
Spengler: Also der Wolf existiert wirklich in der Oberlausitz. Und er war ja hundert Jahre lang ausgerottet. Etwa um die Jahrtausendwende ist er ja wieder aufgetaucht. Woran liegt das, dass er wieder aufgetaucht ist?
Kluth: Also in erster Linie liegt das an den besseren Schutzbestimmungen. Oder überhaupt daran, dass man sich in den letzten 30 Jahren ungefähr, kann man sagen, entschlossen hat, eben nicht mehr eigentlich alle Tierarten, die einem, dem einen oder anderen vielleicht unangenehm sind, mal eben auszurotten, sondern einfach sich den Artenschutz auf die Fahnen geschrieben hat. Und da ist der Wolf eben in vielen Ländern in den 70er Jahren unter Schutz gestellt worden. Und nach und nach hat sich irgendwie die Einstellung da doch zu einer größeren Toleranz geändert.
Spengler: ... Sie haben ein Stichwort eben genannt, Frau Kluth, das hieß "unangenehm". Also wie unangenehm ist so ein Wolf? Wie gefährlich ist so ein Wolf? Im Märchen tritt er ja als Menschenfresser auf.
Kluth: Ja also: Er ist nicht gefährlich. Also ein wild lebender Wolf, der gesund ist, der nicht irgendwie Tollwut hat oder so was, ist normalerweise keine Gefahr. Es gibt Spezialsituationen, zum Beispiel im Nationalpark, wenn die Wölfe angefüttert werden, wenn sie sich wirklich daran gewöhnen, Menschen mit Futter zu verbinden, dann können sie dreist werden und dann können sie auch gefährlich werden. Als ein Beispiel jetzt mal. Aber der normale Wolf, der bei uns sozusagen in den Wäldern lebt, der Schalenwild, also Rehe, Hirsche, Wildschweine jagt und neben dem Menschen her lebt, ohne irgendein Interesse am Menschen selbst zu haben - und in der Regel auch großen Respekt und auch Angst vor Menschen hat -, der ist nicht gefährlich.
Spengler: Gibt es da Parallelen zu diesem so genannten Problembären Bruno?
Kluth: Ja also das ist natürlich genau die Geschichte, dass - jedes einzelne Tier ist ein eigener Charakter. Und es gibt eben Tiere, die entweder, die sind mutiger als andere, und es gibt eben auch Tiere, die lernen wirklich Verhaltensweisen, die dann irgendwann für den Menschen gefährlich werden können. So kann es eben bei Wölfen sein. Und es kann auch sein, dass eben ein Bär eine Verhaltensweise zeigt, die insgesamt das Risiko, dass es zu einem Unfall mit einem Menschen kommen kann, erhöhen kann. Also das geht schon in die gleiche Richtung, wobei da auch Wölfe und Bären nicht in einen Topf geschmissen werden sollten.
Spengler: Um es mal konkret zu machen - Sie haben ja gesagt, Sie wollen gegenüber Sigmar Gabriel auch sagen, was noch zu verbessern ist. Was kann der Mensch lernen im Umgang mit diesen größeren Tieren?
Kluth: Na also, ich denke, einerseits, dass man einen gewissen Respekt haben muss. Dass man also weiß: Ich lebe dann in einer Umgebung, in dem ein Tier lebt, was theoretisch - jetzt in Bezug auf Bären ist das immer der Fall -, theoretisch gefährlich sein könnte in einer dummen Situation, in die ich gerate. Aber ich kann sozusagen, wenn ich mich angepasst verhalte - wenn ich meinen Müll eben ordentlich weg tue, wenn ich meine Haustiere schütze, ganz wichtig, angepasst halte, dass das Tier da nicht rankommt -, dann kann ich natürlich neben einem großen Raubtier leben, auch neben einem Wolf, sowieso, das geht viel leichter, aber auch neben einem Bären.
Spengler: Müssen wir denn damit rechnen, dass Wölfe irgendwann überall in Deutschland auftauchen und dass alle gut gewappnet sind?
Kluth: Also grundsätzlich ist es ganz schwer, vorherzusagen, wo die hingehen und wie erfolgreich sie sein werden. Das hängt meiner Meinung nach fast nur davon ab, wie tolerant die Menschen sind. Also Wölfe sind unglaublich anpassungsfähig - wir wissen das aus anderen Ländern -, sie können in der Nähe von Menschen problemlos leben, wenn sie genug zu fressen finden. Das heißt, natürlich, in erster Linie gehen wir davon aus, es werden dünn besiedelte Bereiche sein, wo sie wenig auf Menschen treffen. Und es werden auch Bereiche sein, wo es wenig Haustiere gibt, die nicht geschützt sind. Einfach, weil dann die Konflikte niedrig sind und die, ja, die Rate an Wölfen, die getötet werden - legal oder illegal, das sei jetzt mal dahingestellt -, ist dann niedriger in diesen Bereichen. Und deswegen glauben wir, dass sie wahrscheinlich nicht überall in Deutschland Fuß fassen können. Aber aus Sicht der Wölfe sind also da wenig Grenzen gesetzt. Es sind immer eher die Menschen, die dann halt in einem Punkt sagen: Hier wollen wir jetzt keine Wölfe. Und das muss dann halt verhandelt werden. Das sind diese Managementpläne, wo man letztendlich sagt: Wir als Gesellschaft wollen mit Wölfen leben, aber die Regeln machen wir. Wir geben vor: Unter welchen Bedingungen soll das geschehen?
Spengler: Gibt es denn überall schon solche Managementpläne, dort wo Wölfe auftauchen könnten?
Kluth: Nö, leider eben überhaupt nicht. Also es ist so - ich muss dazu sagen, dass es auch hier in Sachsen noch keinen festgeschriebenen Managementplan gibt. Allerdings gibt es ja hier das täglich durchgeführte Management. Also man macht sich schon ständig Gedanken darüber, wie man sich verhält mit den Wölfen. Aber es gibt zum Beispiel in Brandenburg einen Managementplan, der ist allerdings nie umgesetzt worden. Und es gibt in keinem anderen Bundesland einen Managementplan, also das heißt: Man ist nirgendwo wirklich konkret vorbereitet auf die Ankunft von Wölfen. Denn im Moment gibt es Wölfe ja wirklich eigentlich nur in Sachsen hier ständig anwesend.
Gesa Kluth: Guten Morgen.
Spengler: Frau Kluth, was wollen Sie dem Minister gern nahe bringen? Was haben Sie sich vorgenommen?
Kluth: Na also, in erster Linie wollen wir ihm natürlich schon zeigen, dass wir denken, dass man hier doch recht klug mit den Wölfen umgeht. Also dass es eigentlich eine ganz positive Sache ist. Dass die Tiere hier in der Region gut leben können. Dass die Menschen auch damit klarkommen. Und dass es aber natürlich trotzdem das ein oder andere gibt, was man für die Zukunft noch verbessern kann. Und darüber wollen wir dann mit ihm reden.
Spengler: Da kommen wir gleich drauf. Sie kümmern sich um den Schutz der Wölfe. Wir wollen erst mal wissen, was Sie genau tun.
Kluth: Ja also, letztendlich ist es unsere Aufgabe, alle Informationen über die Wölfe zu sammeln, die man kriegen kann. Mit verschiedenen Methoden: Also einmal recherchieren wir in der Bevölkerung, ob die Wölfe gesehen haben oder Hinweise gefunden haben; wir gehen selber raus und suchen Hinweise auf Wölfe, also ihre Spuren im Sand oder Risse, also getötete Beutetiere; wir setzen auch die Methode der Telemetrie ein, das heißt, dass man so ein Tier mit einem Sender ausstattet und dann orten kann über ein Radiosignal, wo sich das Tier aufhält. Also wir versuchen einfach, herauszufinden: Haben sie Welpen? Wie viele Welpen haben sie? Gibt es vielleicht irgendwelche Probleme? Das ist unsere Aufgabe.
Spengler: Das heißt, Sie versuchen herauszukriegen: Wie geht es den Wölfen? Wo sind sie? Wie viele sind es denn eigentlich?
Kluth: Also es ist im Moment immer ein bisschen schwierig, genau das zu sagen, weil die treten ja nicht an zum Zählen. Sondern wir können eigentlich nur sagen: Es sind zwei Rudel und jedes Rudel besteht jeweils aus zwei Elterntieren, aus einigen Welpen vom letzten Jahr - das sind die so genannten Jährlinge -, das ist, in dem einen Rudel sind ungefähr drei, im anderen mindestens einer - das ist immer nicht so leicht zu sagen, wie viele - und sie haben beide Rudelwelpen. Und in dem einen Rudel in der Muskauer Heide sind es acht Welpen, das ist ein sehr großer Wurf, und in der Neustädter Heide wissen wir noch nicht genau, wie viele Welpen da sind, die sind bisher sehr gut versteckt.
Spengler: Wie oft bekommen Sie denn eigentlich einen Wolf zu Gesicht?
Kluth: Das kommt darauf an. Also das kommt ein bisschen auf die Jahreszeit an. Im Winter ist es sehr schwierig, weil sie da sehr unbeständig sind, zwar in ihrem Territorium, aber so ein Gebiet ist halt 250 oder 300 Quadratkilometer groß. Und sie da eben zufällig anzutreffen, ist sehr schwierig. Im Sommer jetzt gerade während der Welpenaufzucht ist es etwas leichter, weil sie da eben die Welpen an einem Ort haben und immer dahin zurückkommen müssen. Und dann kann man sie schon eher mal sehen.
Spengler: Aber Sie haben schon mal einen gesehen?
Kluth: Ja, ja, genau. Also es war halt so, dass ich die ersten zwei Jahre, die ich hier gearbeitet habe, von 2001 und 2003, habe ich nie einen Wolf gesehen. Also wir waren immer draußen, haben Spuren gesucht - tagsüber allerdings, auf dem Truppenübungsplatz -, nach ihren Trittsiegeln im Sand gesucht. Und tagsüber schlafen die Wölfe halt in der Regel. Also ist die Chance, tagsüber sie zu sehen, relativ gering. Und das hat wirklich geschlagene zwei Jahre gedauert, bis ich den ersten gesehen habe. Und danach wurde das dann aber immer mehr, weil wir auch eben diese Telemetrie einsetzen, wo man das Tier ja orten kann und dann ab und zu die Chance hat, es auf Schneisen zum Beispiel über eine Schneise huschen zu sehen oder so. Das ist dann schon einfacher, dann sieht man die schon häufiger mal.
Spengler: Also der Wolf existiert wirklich in der Oberlausitz. Und er war ja hundert Jahre lang ausgerottet. Etwa um die Jahrtausendwende ist er ja wieder aufgetaucht. Woran liegt das, dass er wieder aufgetaucht ist?
Kluth: Also in erster Linie liegt das an den besseren Schutzbestimmungen. Oder überhaupt daran, dass man sich in den letzten 30 Jahren ungefähr, kann man sagen, entschlossen hat, eben nicht mehr eigentlich alle Tierarten, die einem, dem einen oder anderen vielleicht unangenehm sind, mal eben auszurotten, sondern einfach sich den Artenschutz auf die Fahnen geschrieben hat. Und da ist der Wolf eben in vielen Ländern in den 70er Jahren unter Schutz gestellt worden. Und nach und nach hat sich irgendwie die Einstellung da doch zu einer größeren Toleranz geändert.
Spengler: ... Sie haben ein Stichwort eben genannt, Frau Kluth, das hieß "unangenehm". Also wie unangenehm ist so ein Wolf? Wie gefährlich ist so ein Wolf? Im Märchen tritt er ja als Menschenfresser auf.
Kluth: Ja also: Er ist nicht gefährlich. Also ein wild lebender Wolf, der gesund ist, der nicht irgendwie Tollwut hat oder so was, ist normalerweise keine Gefahr. Es gibt Spezialsituationen, zum Beispiel im Nationalpark, wenn die Wölfe angefüttert werden, wenn sie sich wirklich daran gewöhnen, Menschen mit Futter zu verbinden, dann können sie dreist werden und dann können sie auch gefährlich werden. Als ein Beispiel jetzt mal. Aber der normale Wolf, der bei uns sozusagen in den Wäldern lebt, der Schalenwild, also Rehe, Hirsche, Wildschweine jagt und neben dem Menschen her lebt, ohne irgendein Interesse am Menschen selbst zu haben - und in der Regel auch großen Respekt und auch Angst vor Menschen hat -, der ist nicht gefährlich.
Spengler: Gibt es da Parallelen zu diesem so genannten Problembären Bruno?
Kluth: Ja also das ist natürlich genau die Geschichte, dass - jedes einzelne Tier ist ein eigener Charakter. Und es gibt eben Tiere, die entweder, die sind mutiger als andere, und es gibt eben auch Tiere, die lernen wirklich Verhaltensweisen, die dann irgendwann für den Menschen gefährlich werden können. So kann es eben bei Wölfen sein. Und es kann auch sein, dass eben ein Bär eine Verhaltensweise zeigt, die insgesamt das Risiko, dass es zu einem Unfall mit einem Menschen kommen kann, erhöhen kann. Also das geht schon in die gleiche Richtung, wobei da auch Wölfe und Bären nicht in einen Topf geschmissen werden sollten.
Spengler: Um es mal konkret zu machen - Sie haben ja gesagt, Sie wollen gegenüber Sigmar Gabriel auch sagen, was noch zu verbessern ist. Was kann der Mensch lernen im Umgang mit diesen größeren Tieren?
Kluth: Na also, ich denke, einerseits, dass man einen gewissen Respekt haben muss. Dass man also weiß: Ich lebe dann in einer Umgebung, in dem ein Tier lebt, was theoretisch - jetzt in Bezug auf Bären ist das immer der Fall -, theoretisch gefährlich sein könnte in einer dummen Situation, in die ich gerate. Aber ich kann sozusagen, wenn ich mich angepasst verhalte - wenn ich meinen Müll eben ordentlich weg tue, wenn ich meine Haustiere schütze, ganz wichtig, angepasst halte, dass das Tier da nicht rankommt -, dann kann ich natürlich neben einem großen Raubtier leben, auch neben einem Wolf, sowieso, das geht viel leichter, aber auch neben einem Bären.
Spengler: Müssen wir denn damit rechnen, dass Wölfe irgendwann überall in Deutschland auftauchen und dass alle gut gewappnet sind?
Kluth: Also grundsätzlich ist es ganz schwer, vorherzusagen, wo die hingehen und wie erfolgreich sie sein werden. Das hängt meiner Meinung nach fast nur davon ab, wie tolerant die Menschen sind. Also Wölfe sind unglaublich anpassungsfähig - wir wissen das aus anderen Ländern -, sie können in der Nähe von Menschen problemlos leben, wenn sie genug zu fressen finden. Das heißt, natürlich, in erster Linie gehen wir davon aus, es werden dünn besiedelte Bereiche sein, wo sie wenig auf Menschen treffen. Und es werden auch Bereiche sein, wo es wenig Haustiere gibt, die nicht geschützt sind. Einfach, weil dann die Konflikte niedrig sind und die, ja, die Rate an Wölfen, die getötet werden - legal oder illegal, das sei jetzt mal dahingestellt -, ist dann niedriger in diesen Bereichen. Und deswegen glauben wir, dass sie wahrscheinlich nicht überall in Deutschland Fuß fassen können. Aber aus Sicht der Wölfe sind also da wenig Grenzen gesetzt. Es sind immer eher die Menschen, die dann halt in einem Punkt sagen: Hier wollen wir jetzt keine Wölfe. Und das muss dann halt verhandelt werden. Das sind diese Managementpläne, wo man letztendlich sagt: Wir als Gesellschaft wollen mit Wölfen leben, aber die Regeln machen wir. Wir geben vor: Unter welchen Bedingungen soll das geschehen?
Spengler: Gibt es denn überall schon solche Managementpläne, dort wo Wölfe auftauchen könnten?
Kluth: Nö, leider eben überhaupt nicht. Also es ist so - ich muss dazu sagen, dass es auch hier in Sachsen noch keinen festgeschriebenen Managementplan gibt. Allerdings gibt es ja hier das täglich durchgeführte Management. Also man macht sich schon ständig Gedanken darüber, wie man sich verhält mit den Wölfen. Aber es gibt zum Beispiel in Brandenburg einen Managementplan, der ist allerdings nie umgesetzt worden. Und es gibt in keinem anderen Bundesland einen Managementplan, also das heißt: Man ist nirgendwo wirklich konkret vorbereitet auf die Ankunft von Wölfen. Denn im Moment gibt es Wölfe ja wirklich eigentlich nur in Sachsen hier ständig anwesend.