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Erfolgsmeldung mit Schönheitsfehler
Deutschland erreicht seine Klimaziele für 2020 - dank Corona

Fast wäre das Ziel verfehlt worden, nun hat Deutschland seine für 2020 angestrebte Treibhausgas-Reduktion sogar übertroffen. Grund zur Freude sei das aber nicht, sagen Experten. Denn ohne die Corona-Pandemie wäre das nicht gelungen. Faktisch gesunken ist der CO2-Austoß nur in einem Sektor.

Von Theo Geers |
Wasserdampf aus den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks, daneben ein Windrad.
Die Verstromung von Kohle wird wirtschaftlich immer unattraktiver (picture alliance/dpa/Patrick Pleul)
Eigentlich war das deutsche Klimaschutzziel für 2020 schon abgeschrieben: 40 Prozent weniger CO2-Austoß im Vergleich zu 1990. Doch dann kamen Corona, die Einbrüche in der Wirtschaft und ein dadurch sinkender Energieverbrauch. Unterm Strich hat all dies Deutschland doch noch über das Einsparziel gehievt – der Ausstoß an Treibhausgasen lag 2020 um 42,3 Prozent unter dem Wert von 1990.
Für Patrick Graichen von der Berliner Denkfabrik Agora-Energiewende gleichwohl ein Wert mit einem deutlichen Schönheitsfehler: "Zwei Drittel davon sind Corona-bedingt, nur ein Drittel sind echte Emissionminderungen. Wir liegen jetzt um 42,3 Prozent unter 1990 und ohne Corona wären es 37,8 Prozent geworden – mit anderen Worten: Das 2020er-Ziel hätten wir ohne Corona nicht erreicht."

Umweltministerin spricht von positivem Trend

Vom Himmel gefallen sei die Entwicklung aber auch nicht, betont Umweltministerin Svenja Schulze. Die CO2-Emissionen seien schließlich schon seit drei Jahren im Sinkflug, das sei für den Klimaschutz ein klar positiver Trend, zu dem auch die Politik beigetragen habe.
Doch die Schönheitsfehler bleiben. Das zeigt ein Blick in Zahlen: Wird der Corona-Effekt herausgerechnet, hinken der Verkehrs- und der Gebäudesektor beim Klimaschutz weiter hinterher. Der CO2-Ausstoß sinkt faktisch nur im Energiesektor, wo hohe Preise für CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandel die Kohleverstromung immer unattraktiver machen. Wenn dann noch – wie geschehen - der Stromverbrauch wegen der Pandemie sinkt und die Erneuerbaren zulegen, beschleunigt dies den Kohleaussteig und drückt den CO2-Ausstoß – im letzten Jahr um 80 Millionen Tonnen.
Höchst im Odenwald am 18.Dezember 2020 v.l., Sonne und Nebel, Nebeldecke am Waldrand über Höchst im Odenwald, Herbstimmung, Winter Foto: Joaquim Ferreira
Winter in Deutschland werden immer wärmer
In ihrer Ausprägung sind die aktuellen Winter immer weniger vergleichbar mit denen der Vergangenheit. In Daten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen, erkennen Forschende einen deutlichen Einfluss der Klimakrise.
Im neuen Jahr dürfte sich dies allerdings nicht wiederholen - ein Überwinden der COVID-19-Pandemie, ein Wiederanspringen der Wirtschaft - all dies dürfte über mehr Verkehr und einen höheren Energieverbrauch auch den Ausstoß von Treibhausgasen wieder steigen lassen. Dabei müsste dieser Ausstoß weiter sinken - und zwar auch ohne Corona, betont Patrick Graichen von Agora Energiewende – und sein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Ausbau von Strom aus Wind und Photovoltaik: "Wir müssten den Ausbau verdoppeln und verdreifachen – aktuell sind war da noch lange nicht."

Deutschland wird die Ziele verschärfen müssen

Heißt übersetzt: Deutschland, das bis 2030 den CO2-Ausstoß noch einmal um 15 Prozentpunkte auf dann minus 55 Prozent senken will, hinkt dem Reduktionspfad weit hinterher. Und das Problem wird eher größer als kleiner. Denn im Dezember beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU, auch in Europa mehr für den Klimaschutz zu tun: Bis 2030 soll der Ausstoß von CO2 europaweit nun um 55 Prozent sinken.