Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Erhöhter Mindestlohn
35 Cent mehr pro Stunde ab 2019

Das Bundeskabinett hat beschlossen, dass der gesetzliche Mindestlohn von 8,84 Euro auf 9,19 Euro brutto pro Stunde steigt. Vizekanzler Olaf Scholz plädiert sogar für zwölf Euro. Er kann zwar einen höheren Mindestlohn fordern, doch festgelegt wird er zwei Jahre im Voraus durch eine eigene Lohnkommission.

Von Theo Geers | 31.10.2018
    Ein Stempel mit der Aufschrift Mindestlohn
    Von 2019 an liegt der Mindestlohn bei 9,19 Euro pro Stunde und von 2020 an bei 9,35 Euro pro Stunde (Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa)
    Am Lohn sollten Unternehmen nicht sparen findet Finanzminister Olaf Scholz. Und so fordert er - auch zur Profilschärfung der SPD - den Mindestlohn anzuheben. "Ich finde übrigens, dass 12 Euro Mindestlohn angemessen sind", schreibt er - passend zum Tage - in einem Gastbeitrag bei Bild.de.
    Zeitlich passend kommt Scholz‘ Vorstoß deshalb, weil das Bundeskabinett am Vormittag per Verordnung eine Erhöhung des Mindestlohns beschloss. Derzeit liegt dieser bei 8,84 € die Stunde, nach dem heutigen Beschluss steigt er im kommenden Jahr auf 9,19 € und 2020 auf 9,35 €. Das sind exakt die Werte, die die Mindestlohnkommission Ende Juni einstimmig vorgeschlagen hatte. Und da liegt auch der Pferdefuß des 12-Euro-Vorschlags von Olaf Scholz, der im Übrigen auch nicht neu ist.
    Vor fast genau einem Jahr hatte Olaf Scholz, damals noch Erster Bürgermeister in Hamburg, die zwölf Euro schon einmal in den Raum gestellt: "Wir sollten den Mindestlohn in einem überschaubaren Zeitraum auf zwölf Euro anheben", hatte er am 3. November 2017 in einem Spiegel-Interview gesagt - und damals prompt dort Widerspruch geerntet, wo man ihn zunächst nicht erwarten würde - in der eigenen Partei: Ausgerechnet Andrea Nahles, die als Arbeitsministerin den Mindestlohn durchgesetzt hatte, erwiderte vor einem Jahr, sie halte nichts von einer politischen Festlegung auf einen höheren Wert.
    Mindestlohnkommission legt die Höhe alle zwei Jahre fest
    Inzwischen hat aber auch sie ihre Haltung geändert. Anfang September zeigte sie sich offen für eine Neujustierung auf bis zu zwölf Euro, das hätten die Menschen verdient. Aber ein Rest an Bedenken blieb bei Andrea Nahles, was an ihrem Fachwissen aus der Zeit als Bundesarbeitsministerin liegen dürfte. Denn politisch fordern lässt sich ein Mindestlohn von 12 Euro schon, politisch festgelegen lässt er sich nicht. Denn seine Höhe wird von der Mindestlohnkommission alle zwei Jahre festgelegt – und sie wurde ausdrücklich geschaffen, um die Höhe des Mindestlohnes unabhängig von politischen Wünschen oder Vorgaben anzupassen.
    Ein Vorsitzender und je drei Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften sind stimmberechtigt, hinzu kommen zwei nicht stimmberechtigte wissenschaftliche Berater. Hintergrund dieser Konstruktion ist, die Lohnfindung möglichst staatsfern zu organisieren, so wie es die Tarifautonomie des Grundgesetzes auch garantiert. Der Mindestlohn, der Anfang 2015 eingeführt wurde, war als Hilfskonstruktion gedacht für die Fälle, in denen Arbeitnehmer nur schwach oder gar nicht organisiert sind, um über Gewerkschaften auskömmliche Löhne auszuhandeln.
    Allerdings gibt es ein Hintertürchen, auf das heute Arbeitsminister Hubertus Heil hingewiesen hat: Das Gesetz beinhalte auch den Auftrag, die bestehende Regelung bis 2020 zu überprüfen. Es sei deshalb richtig zu klären, wie man ab 2020 zu einer deutlichen Steigerung des Mindestlohns kommen könne - die Zielmarke von 12 Euro gehe in die richtige Richtung.