Erneuerbare Energieträger legen wieder kräftig zu. Im vergangenen Jahr geriet ihr Ausbau vorübergehend ins Stocken – vor allem, weil China nicht mehr so viel Solar- und Windkraftanlagen installierte. Doch schon in diesem Jahr rechnet die Internationale Energieagentur (IEA) wieder mit einem Wachstum von zwölf Prozent weltweit – und mit weiteren Steigerungen bis zum Jahr 2024.
Diese Zeitspanne deckt der neue Ausblick der IEA ab. Exekutivdirektor Fatih Birol stellte den Bericht heute in Paris vor:
"Wir erwarten, dass der Bestand von regenerativen Energieanlagen in den nächsten fünf Jahren um 50 Prozent wächst. Das ist eine Zunahme der installierten Leistung von 1.200 Gigawatt und entspricht der gesamten derzeitigen Kapazität der Energiewirtschaft in den USA."
Ein Viertel der globalen Energieerzeugung stammt heute aus Sonne, Biomasse, Wind- und Wasserkraft. In fünf Jahren soll ihr Anteil auf 30 Prozent gestiegen sein.
Zuwachs bei Solaranlagen vor allem in Asien
Der wichtigste Schrittmacher dabei sind laut dem neuen Report keine großen Solarkraftwerke oder Windparks, sondern Photovoltaik-Anlagen zur Eigenversorgung mit Strom. Ihre Zahl auf Hausdächern und anderen Flächen werde sich mehr als verdoppeln, prognostiziert die IEA. Sie rechnet hier mit weiteren Kostenreduktionen von bis zu 35 Prozent in den nächsten Jahren.
Vor allem in Asien werde sich Solarenergie deshalb immer mehr durchsetzen, sagt Paolo Frankl. Der italienische Physiker leitet die Abteilung für Erneuerbare Energien bei der IEA:
"Durch diese Anlagen werden rund hundert Millionen Menschen in den nächsten fünf Jahren erstmals Zugang zu elektrischem Strom bekommen. Die größte Rolle beim Ausbau der Photovoltaik spielen allerdings Industrie und Gewerbe, mit einem Anteil von 70 Prozent. Das liegt daran, dass sie größere und rentablere Solaranlagen hochziehen, mit niedrigeren Systemkosten pro installiertem Kilowatt. Außerdem benötigen Betriebe, Büros und Supermärkte ihren Strom tagsüber – genau dann, wenn die Sonne scheint!"
Hoffnungsträger Offshore-Windkraftanlagen
Die Experten der Energieagentur gehen davon aus, dass auch die Windkraft weiter zulegt. Nicht nur an Land, sondern auch Offshore, im Meer:
"Offshore-Windkraft spielt zunehmend eine Rolle. Es wird erwartet, dass sich die Anlagenkapazität in den nächsten fünf Jahren verdreifacht. Und dann ist da auch noch die Wasserkraft, von der manche glauben, dass sie ihr Potenzial bereits voll ausgeschöpft hat. Das stimmt aber nicht. Auch sie hat noch Zuwächse."
Trübe sieht das Bild dagegen im Wärme- und Heizungssektor aus. Regenerative Energieträger kommen hier laut IEA lediglich auf einen Anteil von zehn Prozent, und der soll auch nur marginal steigen. Die fossilen Brennstoffe Erdöl und Erdgas dominieren den Wärmemarkt weiterhin deutlich.
Kernenergie wieder ausbauen
Noch schlechter schneiden die Erneuerbaren im Verkehrsbereich ab. Bio-Kraftstoffe sollen es bis 2024 gerade mal auf eine Quote von fünf Prozent bringen und nur jedes zehnte Elektroauto bereits mit sauberem Strom unterwegs sein, so die Prognose der Energieagentur. IEA-Direktor Birol geht das alles zu langsam in Anbetracht der Klimakrise:
"Trotz des starken Wachstums vieler sauberer Technologien nimmt der Ausstoß von Treibhausgasen noch immer zu. Die Absichtserklärungen der Politik und die Realität klaffen hier weit auseinander, und das gibt Anlass zu großer Sorge. Wir sollten alle Optionen nutzen, um die Emissionen so schnell wie möglich runterzubringen."
Zu diesen Optionen gehört für Birol und seine Fachagentur auch die Kernenergie. Der IEA-Chef plädiert dafür, sie wieder auszubauen, da es sich um eine praktisch CO2-freie Technologie handelt. Doch sein Vorschlag ist umstritten. Viele Länder sorgen sich um die Sicherheit von Atomkraftwerken und den anfallenden radioaktiven Abfall.