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Erneuerbare Energien
Experten kritisieren zu geringes Tempo der Energiewende

Die Energiewende kommt voran, aber zu langsam, heißt es im Fortschrittsbericht der Bundesregierung. Vor allem beim Verkehr gebe es Rückstände, aber auch der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne müsse beschleunigt werden.

Von Theo Geers | 06.06.2019
Ein Windrad vor einem Regenbogen und Gewitterwolken
Der Ausbau der Windenergie sollte nach Expertenansicht deutlich beschleunigt werden (imago)
Die Energiewende kommt voran, das aber bedeutend langsamer als es aus Gründen des Klimaschutzes nötig wäre. Diese ist die zentrale Botschaft des Fortschrittsberichts zur Energiewende, ansonsten hat das Bild viele Facetten. Auf der Habenseite steht der Stromsektor. Der Ausstieg aus der Atomkraft verläuft planmäßig, der Ausbau der Erneuerbaren sogar überplanmäßig: Aber in den letzten zwei Jahren verlief der Zubau an neuen Wind- und Photovoltaikanlagen schleppend, wodurch der Weg steiler geworden ist, bis 2030 65 % des Stroms aus erneuerbaren zu erzeugen. Das weiß auch die Präsidenten des Bundesverbandes der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft Marie-Luise Wolff...
"Wir müssen umsetzen 65 % Erneuerbare bis 2030. Wir sind im Moment bei 38 %. Sie können sich selber leicht ausrechnen, was das heißt. Wir müssen jetzt ganz stark hochfahren mit dem Erneuerbaren-Ausbau, das heißt: 2000 Anlagen pro Jahr."
Bis 2030 jedes Jahr 2000 neue Windturbinen aufzustellen ist aber nicht die einzige Herausforderung.
Rückstand im Verkehrssektor
Vor allem im Verkehr hinkt die Energiewende den Zielen deutlich hinterher: Seit Jahren steigt hier der Energieverbrauch statt zu sinken und selbst wenn Maßnahmen wie die Förderung der Elektromobilität endlich griffen, würde das Energieeinsparziel von minus 10 % für 2020 noch nicht einmal im Jahr 2030 erreicht. Der Bericht sei auch deshalb ein miserables Zeugnis für die Regierungsarbeit in der Energie- und Klimapolitik, urteilt Julia Verlinden, die energiepolitische Sprecherin der Grünen, und weitere Zahlen geben ihr Recht. Groß ist etwa auch der Rückstand bei der Steigerung der Energieeffizienz...
"Da müssen die Anstrengungen sich verdreifachen in den nächsten Jahren, um hier auf das Zielniveau zu kommen."
...sagt Prof. Andreas Löschel von der Universität Münster. Löschel gehört zu den Autoren eines zweiten Monitoring-Berichtes zu Energiewende. Und dieser Bericht, der heute zeitgleich zur Bilanz der Bundesregierung erschien, ist deutlich kritischer als das Regierungspapier.
Verdreifachung der Anstrengungen nötig
Denn eine Verdreifachung der Anstrengungen ist beispielsweise auch nötig, um die CO2-Einsparziele für 2030 zu erreichen.
"In den letzten Jahren haben wir immer um 1,2 % gemindert, wir brauchen bis 2030 eine jährliche Minderung von 3,6 Prozent. Das heißt, dass ist massiv und das bedarf zum Einen –einer starken Reduzierung der Kohle – wir denken um mindestens 60 % aber auch einen starken Anstieg der Erneuerbaren im Strombereich auf mindesten 65 % .
Wichtig ist es für Löschel aber auch, jetzt den richtigen Rahmen für die Energiewende zu schaffen – und da führt für den Energieökonomen an der Bepreisung von CO2 kein Weg vorbei...
"Der Strom muss von den Abgaben befreit werden"
... und im Gegenzug müssen fossile Energieträger wie Öl, Benzin und Diesel oder Gas teurer werden. Das Ganze – darauf legt Löschel höchsten Wert – müsse aufkommensneutral sein: Wer erneuerbaren Strom benutzt, wird belohnt, wer fossile Energieträger verbrennt, zahlt drauf.