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Erste Alpenkonferenz vor 30 Jahren
Gegen das touristische Aufrüsten

Das höchste Gebirge Europas ist gleichzeitig einer der größten Verkehrsknotenpunkte des Kontinents und einer der sensibelsten Lebensräume. Darüber hinaus erstreckt es sich über acht Länder hinweg. Spätestens Mitte des 20. Jahrhunderts war klar, dass etwas getan werden muss, um die Alpen zu schützen.

Von Monika Seynsche |
    Viele Touristen laufen hintereinander zur Aussichtsplattform "Top of Tyrol" in den Stubauer Alpen hinauf
    Massentourismus an der 3210 Meter hohen Aussichtsplattform "Top of Tyrol" in den Stubaier Alpen (imageBROKER / Markus Keller)
    Rund um Berchtesgaden ragen beeindruckende Felsformationen in den Himmel. Schneebedeckte Gipfel werfen ihre Schatten in das schmale Tal. Es war die perfekte Kulisse für ein internationales Treffen, bei dem es um nichts weniger als die Zukunft der Alpen ging. Auf Einladung des deutschen Umweltministers Klaus Töpfer begann am 9. Oktober 1989 in Berchtesgaden die erste Alpenkonferenz. Sie sollte Lösungen finden für die immer größer werdenden Probleme der Region, erinnert sich Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland.
    "Es kam zu immer größeren Konflikten mit der Erschließung von Wintersportgebieten und vor allem mit dem gegenseitigen Aufrüsten der Wintersportgebiete, das heißt immer unter dem Hinweis, ja was hilft es, wenn wir zum Beispiel in Bayrischen Gemeinden darauf verzichten, dann wird eben in Tirol das entsprechend gemacht. Das hat dann zu einem Wettlauf im gegenseitigen quasi Aufrüsten der touristisch interessanten Gebiete geführt."
    Gleichzeitig quälten sich von Jahr zu Jahr mehr Lastwagen über die engen Passstraßen der Alpen, der Saure Regen tötete immer mehr Bannwälder an den steilen Gebirgshängen und immer weniger Kleinbauern fanden mit ihren Höfen noch ein wirtschaftliches Auskommen.
    "Und das hat eben dazu geführt, dass klar geworden ist, die Probleme des Alpenraums, die brauchen eine neue Gesamtkonzeption, die brauchen eine neue Zielsetzung und zwar staatenübergreifend, und das ist dann ja auch mit der Alpenkonvention durchaus erfolgreich auf den Weg gebracht worden."
    Vertrag über Schutz und nachhaltige Entwicklung der Alpen
    Die Europäische Union sowie Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Liechtenstein, die Schweiz und später auch Monaco und Slowenien unterzeichneten den in Berchtesgaden beschlossenen völkerrechtlichen Vertrag über den Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Alpen, die sogenannte Alpenkonvention. Die konkreten Ziele des Übereinkommens sind in mittlerweile neun Durchführungsprotokollen geregelt. Darin geht es um Maßnahmen etwa zum Naturschutz, zur Raumplanung, zum Verkehr, zum Tourismus oder zum Schutz des Bodens.
    "Ganz aktueller Fall ist die erfolgreiche Rettung des Riedberger Horns im Allgäu - hängt zentral mit dem Bodenschutzprotokoll der Alpenkonvention zusammen."
    Das Riedberger Horn ist einer der letzten, nicht von Seilbahnen und dem Skitourismus erschlossenen Berge der Bayrischen Alpen. Es zeichnet sich durch eine hohe Artenvielfalt aus und gilt gleichzeitig als stark erosionsgefährdet. Genau dort sollte eine neue Liftanlage mitten im Naturschutzgebiet gebaut werden, um zwei Skigebiete miteinander zu verbinden. Ein solcher Eingriff ist aber nach dem Bodenschutzprotokoll der Alpenkonvention verboten. Darauf haben sich die Umweltverbände in ihrem Kampf gegen das Projekt berufen.
    "Wir haben eben die Klage androhen können. Es musste ja nicht geklagt werden, aber alle Vorbereitungen sind gelaufen. Aber bevor es dazu gekommen ist, ist dieses Projekt endgültig aufgegeben worden. Aber ohne die entsprechende Klagemöglichkeit, und die war da sehr aussichtsreich, weil eben dieses Projekt geplant war in einem sehr stark erosionsgefährdeten Bereich, hätten wir rechtlich keine Chancen gehabt, dieses Projekt zu verhindern."
    Es drohen Gletscherschmelze und Hochwasser
    Hubert Weiger hält die Alpenkonvention daher für ein durchaus erfolgreiches Mittel zum Schutz der Alpen. Die größte Herausforderung steht der Bergregion und damit auch der Konvention allerdings noch bevor.
    "In den Alpen wird ein Temperaturanstieg von 4 Grad erwartet. Bisher ist ein Anstieg von 2 Grad erfolgt in den letzten 100 Jahren, auch das ist schon doppelt so viel wie der globale Durchschnitt."
    Bettina Hedden-Dunkhorst leitet beim Bundesamt für Naturschutz das Fachgebiet Internationaler Naturschutz und befasst sich seit vielen Jahren mit der Alpenkonvention.
    "Also da kommt viel auf uns zu. Insbesondere auch in Zusammenhang mit Naturgefahren, Gletscherschmelze, Hochwasser. […] Und diese Entwicklungen sind auch sehr schnell. Es ist sicherlich auch eine Herausforderung der Alpenkonvention, hier auch möglicherweise noch schneller zu reagieren."
    Denn jetzt schießen die Wassermassen aus den schmelzenden Gletschern gen Tal, und Tiere und Pflanzen verlieren ihren Lebensraum durch die steigenden Temperaturen. Auf der 15. Alpenkonferenz, im April 2019 in Innsbruck, war der Klimawandel deshalb eines der vorherrschenden Themen. In den nächsten zwei Jahren wollen die Alpenländer einen Klimaaktionsplan erarbeiten.