Dirk-Oliver Heckmann: Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern ab dem 12. Dezember, bis Ende nächsten Jahres will man am Ziel sein, und das heißt eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung in Nah-Ost. Das ist das Ergebnis der internationalen Konferenz von Annapolis und wäre möglicherweise zu schön, um Wahr zu sein. Am Telefon ist Ruprecht Polenz von der CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Guten Morgen, Herr Polenz.
Ruprecht Polenz: Guten Morgen, Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Polenz, kann man jetzt wieder von einem Friedensprozess sprechen im Nahen Osten?
Polenz: Er wird beginnen mit den Verhandlungen, die sollen ja Friedensverhandlungen sein, und Annapolis kann in der Tat so etwas wie ein Wendepunkt in der Geschichte zwischen Israelis und Palästinensern werden. Allerdings ist es der Anfang, man ist noch nicht am Ziel.
Heckmann: Wie groß sind denn die Chancen, dass beide Seiten zu den schmerzhaften Kompromissen bereit sind, zu denen US-Präsident Bush aufgerufen hat?
Polenz: Zunächst einmal ist es ja wichtig zu sehen, dass die Arabische Liga und wichtige arabische Staaten durch ihre Teilnahme an dieser Konferenz sich hinter das Ziel der Zwei-Staaten-Lösung gestellt haben. Das ist deshalb bedeutsam, weil der Iran als einziger Staat in der Region diese Zwei-Staaten-Lösung ablehnt und sich in seiner Position jetzt deutlich isoliert sieht, genauso wie Hamas und Hisbollah, seine beiden Handlanger in der Region. Also die Chancen für den Prozess sind eben auch deshalb größer als man es vielleicht erwarten dürfte, weil die arabischen Staaten gemerkt haben, um das Vordringen des Iran als Hegemonialmacht in der Region zu stoppen, muss der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern beendet werden. Darin liegt die Chance.
Heckmann: Aber die Frage ist ja, Herr Polenz, was ein Friedensvertrag wert ist, der beispielsweise ohne die Hamas abgeschlossen wird.
Polenz: Es geht jetzt darum, den Verhandlungsprozess zu starten. Und während dieser Prozess läuft, wird man auf der einen Seite befürchten müssen, dass er von Extremisten gestört wird, dass auch der Iran über Hamas und Hisbollah versuchen wird, diesen Prozess zu torpedieren. Da ist es wichtig, dass man sich als Verhandlungspartner davon nicht irritieren lässt. Auf der anderen Seite muss man auch Abbas helfen, die palästinensische Bevölkerung hinter sich zu bekommen, das heißt schon während des Prozesses muss Israel Signale geben, die die Lebenssituation der Palästinenser in der Westbank erleichtern, das heißt Straßenblockaden aufheben, auch damit beginnen, etwa die illegalen sogenannten Außenposten jüdischer Siedlungen zu räumen. Und vor allen Dingen, Israel muss das Versprechen wahr machen, was Olmert gegeben hat, keine neuen Siedlungen mehr, keine neuen Häuser mehr in der Westbank. Denn nur dann werden die Palästinenser das Gefühl haben, es wird jetzt tatsächlich in der Substanz verhandelt.
Heckmann: Und Sie glauben, Herr Polenz, dass das die Hamas dazu bringen könnte, sich an Verhandlungen zu beteiligen und vorher dem Terror abzuschwören?
Polenz: Die Hamas wird an Unterstützung in der palästinensischen Bevölkerung zunächst einmal verlieren. Das ist ja im Gazastreifen schon zu beobachten. Und das Kalkül ist, dass je mehr die verhandlungsbereiten Palästinenser um Abbas und die PLO Erfolge auch für die normalen Palästinenser in ihrem täglichen Leben erreichen können, und deshalb muss das auch schon während der Verhandlung sichtbar werden, um so eher werden die Palästinenser verstehen, man erreicht mehr durch Kooperation und Verhandlung als durch Konfrontation und Selbstmordattentate.
Heckmann: Aber auch die gegenteilige Entwicklung war zu beobachten. Selbst im Westjordanland, von der Fatah kontrolliert, gab es Demonstrationen gegen die Konferenz in den USA.
Polenz: Das ist richtig. Es ist ein umstrittener Prozess natürlich in beiden Teilen, also auch in Israel sind nicht alle von der Konferenz begeistert gewesen. Und es ist auch richtig, dass Abbas und Olmert aus unterschiedlichen Gründen als im Moment nicht allzu stark eingeschätzt werden. Aber die Rahmenbedingungen insbesondere von Seiten der arabischen Staaten rund um Israel wegen des iranischen Hegemonialstrebens sind in einer Weise anders als bei früheren Anläufen, dass man durchaus zuversichtlich sein kann. Aber, ich möchte es noch mal sagen, Annapolis kann ein Wendepunkt werden, aber wir stehen erst am Anfang eines Friedensprozesses, der viele Hindernisse überwinden muss.
Heckmann: Herr Polenz, ein Land war bei den Verhandlungen dabei, das normalerweise als Teil der Achse des Bösen bezeichnet wird, nämlich Syrien. Das ist wichtig, um einen Erfolg der Verhandlungen zu garantieren - garantieren kann man es nicht, aber um überhaupt die Möglichkeit zu eröffnen, da Syrien eine wichtige Rolle spielt. Aber das Land wird auch seinen Preis fordern.
Polenz: Das ist richtig. Es ist ein großer Erfolg gewesen, dass Syrien dabei war. Es hat auch entsprechende Empörung in Teheran darüber gegeben, denn Teheran hat versucht und hat ja auch gesagt, jeder, der nach Annapolis fährt, der ist eigentlich ein Verräter an der palästinensischen Sache. Das hat die Saudis nicht gekümmert, da war der Außenminister da, es hat auch die Syrer nicht gekümmert. Und die Syrer haben auch Recht daran getan, denn ihr Hauptziel ist es ja, die Golanhöhen zurück zu bekommen. Das können Sie nur von Israel, und deshalb müssen sie auch sehen, dass sie mit Israel wieder in einen Dialog kommen. Insofern war es eine wichtige Entscheidung Syriens, an dieser Konferenz teilzunehmen, auch die geplante Gegenkonferenz in Damaskus abzusagen - deshalb auch das ein Signal, was man positiv bewerten muss. Also die Skeptiker, die gemeint haben, Annapolis, da könne nur so etwas wie ein Fototermin herauskommen, sind zunächst einmal durch den Verlauf dieser Konferenz, denke ich, wiederlegt. Auch wenn man natürlich eingestehen muss, es hat schon viele Anläufe gegeben, den Nahost-Prozess voran zu bringen, alle sind bisher gescheitert. Aber diesmal, die Chancen sind da, es liegt jetzt an den Beteiligten.
Heckmann: Ruprecht Polenz von der CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Danke Ihnen, Herr Polenz.
Polenz: Danke schön. Auf Wiederhören.
Ruprecht Polenz: Guten Morgen, Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Polenz, kann man jetzt wieder von einem Friedensprozess sprechen im Nahen Osten?
Polenz: Er wird beginnen mit den Verhandlungen, die sollen ja Friedensverhandlungen sein, und Annapolis kann in der Tat so etwas wie ein Wendepunkt in der Geschichte zwischen Israelis und Palästinensern werden. Allerdings ist es der Anfang, man ist noch nicht am Ziel.
Heckmann: Wie groß sind denn die Chancen, dass beide Seiten zu den schmerzhaften Kompromissen bereit sind, zu denen US-Präsident Bush aufgerufen hat?
Polenz: Zunächst einmal ist es ja wichtig zu sehen, dass die Arabische Liga und wichtige arabische Staaten durch ihre Teilnahme an dieser Konferenz sich hinter das Ziel der Zwei-Staaten-Lösung gestellt haben. Das ist deshalb bedeutsam, weil der Iran als einziger Staat in der Region diese Zwei-Staaten-Lösung ablehnt und sich in seiner Position jetzt deutlich isoliert sieht, genauso wie Hamas und Hisbollah, seine beiden Handlanger in der Region. Also die Chancen für den Prozess sind eben auch deshalb größer als man es vielleicht erwarten dürfte, weil die arabischen Staaten gemerkt haben, um das Vordringen des Iran als Hegemonialmacht in der Region zu stoppen, muss der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern beendet werden. Darin liegt die Chance.
Heckmann: Aber die Frage ist ja, Herr Polenz, was ein Friedensvertrag wert ist, der beispielsweise ohne die Hamas abgeschlossen wird.
Polenz: Es geht jetzt darum, den Verhandlungsprozess zu starten. Und während dieser Prozess läuft, wird man auf der einen Seite befürchten müssen, dass er von Extremisten gestört wird, dass auch der Iran über Hamas und Hisbollah versuchen wird, diesen Prozess zu torpedieren. Da ist es wichtig, dass man sich als Verhandlungspartner davon nicht irritieren lässt. Auf der anderen Seite muss man auch Abbas helfen, die palästinensische Bevölkerung hinter sich zu bekommen, das heißt schon während des Prozesses muss Israel Signale geben, die die Lebenssituation der Palästinenser in der Westbank erleichtern, das heißt Straßenblockaden aufheben, auch damit beginnen, etwa die illegalen sogenannten Außenposten jüdischer Siedlungen zu räumen. Und vor allen Dingen, Israel muss das Versprechen wahr machen, was Olmert gegeben hat, keine neuen Siedlungen mehr, keine neuen Häuser mehr in der Westbank. Denn nur dann werden die Palästinenser das Gefühl haben, es wird jetzt tatsächlich in der Substanz verhandelt.
Heckmann: Und Sie glauben, Herr Polenz, dass das die Hamas dazu bringen könnte, sich an Verhandlungen zu beteiligen und vorher dem Terror abzuschwören?
Polenz: Die Hamas wird an Unterstützung in der palästinensischen Bevölkerung zunächst einmal verlieren. Das ist ja im Gazastreifen schon zu beobachten. Und das Kalkül ist, dass je mehr die verhandlungsbereiten Palästinenser um Abbas und die PLO Erfolge auch für die normalen Palästinenser in ihrem täglichen Leben erreichen können, und deshalb muss das auch schon während der Verhandlung sichtbar werden, um so eher werden die Palästinenser verstehen, man erreicht mehr durch Kooperation und Verhandlung als durch Konfrontation und Selbstmordattentate.
Heckmann: Aber auch die gegenteilige Entwicklung war zu beobachten. Selbst im Westjordanland, von der Fatah kontrolliert, gab es Demonstrationen gegen die Konferenz in den USA.
Polenz: Das ist richtig. Es ist ein umstrittener Prozess natürlich in beiden Teilen, also auch in Israel sind nicht alle von der Konferenz begeistert gewesen. Und es ist auch richtig, dass Abbas und Olmert aus unterschiedlichen Gründen als im Moment nicht allzu stark eingeschätzt werden. Aber die Rahmenbedingungen insbesondere von Seiten der arabischen Staaten rund um Israel wegen des iranischen Hegemonialstrebens sind in einer Weise anders als bei früheren Anläufen, dass man durchaus zuversichtlich sein kann. Aber, ich möchte es noch mal sagen, Annapolis kann ein Wendepunkt werden, aber wir stehen erst am Anfang eines Friedensprozesses, der viele Hindernisse überwinden muss.
Heckmann: Herr Polenz, ein Land war bei den Verhandlungen dabei, das normalerweise als Teil der Achse des Bösen bezeichnet wird, nämlich Syrien. Das ist wichtig, um einen Erfolg der Verhandlungen zu garantieren - garantieren kann man es nicht, aber um überhaupt die Möglichkeit zu eröffnen, da Syrien eine wichtige Rolle spielt. Aber das Land wird auch seinen Preis fordern.
Polenz: Das ist richtig. Es ist ein großer Erfolg gewesen, dass Syrien dabei war. Es hat auch entsprechende Empörung in Teheran darüber gegeben, denn Teheran hat versucht und hat ja auch gesagt, jeder, der nach Annapolis fährt, der ist eigentlich ein Verräter an der palästinensischen Sache. Das hat die Saudis nicht gekümmert, da war der Außenminister da, es hat auch die Syrer nicht gekümmert. Und die Syrer haben auch Recht daran getan, denn ihr Hauptziel ist es ja, die Golanhöhen zurück zu bekommen. Das können Sie nur von Israel, und deshalb müssen sie auch sehen, dass sie mit Israel wieder in einen Dialog kommen. Insofern war es eine wichtige Entscheidung Syriens, an dieser Konferenz teilzunehmen, auch die geplante Gegenkonferenz in Damaskus abzusagen - deshalb auch das ein Signal, was man positiv bewerten muss. Also die Skeptiker, die gemeint haben, Annapolis, da könne nur so etwas wie ein Fototermin herauskommen, sind zunächst einmal durch den Verlauf dieser Konferenz, denke ich, wiederlegt. Auch wenn man natürlich eingestehen muss, es hat schon viele Anläufe gegeben, den Nahost-Prozess voran zu bringen, alle sind bisher gescheitert. Aber diesmal, die Chancen sind da, es liegt jetzt an den Beteiligten.
Heckmann: Ruprecht Polenz von der CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Danke Ihnen, Herr Polenz.
Polenz: Danke schön. Auf Wiederhören.
