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EU-Afrika-Gipfel in Abidjan
Misstrauen überwinden - Gemeinsamkeiten betonen

Investitionen in die Jugend: Dieser Fokus des Treffens der Afrikanischen und Europäischen Union dürfte sich in allen relevanten Einzelthemen von Wirtschaftsbeziehungen, Anti-Terror-Kampf und Migrationspolitik wiederfinden. Aber eigentlich soll es dabei auch um die großen Linien der Zusammenarbeit von Afrika und EU gehen.

Von Jens Borchers | 29.11.2017
    Ein Markt in der Metropole Abidjan in der Elfenbeinküste.
    "Afrika ist der Wachstums- und Zukunftsmarkt vor der Haustüre Europas", so Gerd Müller, Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (dpa / picture alliance / Legnan Koula)
    Worum geht es bei diesem Gipfeltreffen an der Elfenbeinküste, wenn sich die Staats- und Regierungschefs von Afrikanischer Union und Europäischer Union für - netto gerechnet - gerade mal einen Tag treffen? Außenminister Sigmar Gabriel formuliert es so: Ziel sei eine Annäherung an Afrika. Es geht darum, den Fokus auf Afrika zu richten, sagte Gabriel in Abidjan:
    "Man muss wohl zugeben, dass die Politik jedenfalls in der Vergangenheit häufig an Nordafrika interessiert war, weil es von da Öl und Gas gab und ansonsten nicht sehr interessiert war. Irgendwie hatten wir wohl den Eindruck, dass Afrika weit, weit weg ist und spätestens seit der Migrationskrise wissen wir - das ist in unserer unmittelbaren Nachbarschaft."
    Die Migrationskrise, die Ausbreitung des Terrorismus, vor allem in der Sahelzone, und die rasante Bevölkerungsentwicklung auf dem afrikanischen Kontinent - das sind die Überschriften für das neu erwachte Interesse Europas an Afrika.
    Man löst Probleme nicht durch Symptome bekämpfen
    Das Gipfeltreffen in Afrika steht unter dem Titel: "Investieren in die Jugend - für eine nachhaltige Zukunft".
    Dieser Titel zielt natürlich auf die verschiedenen Probleme, die der Migration zugrundeliegen: hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Infrastrukturen, mangelnde Gesundheitsversorgung und Bildungschancen für viele afrikanische Jugendliche. Der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union, Mahamat Moussa Faki, meint, auf den Migrationsrouten innerhalb Afrikas oder auf den Sklavenmärkten in Libyen sehe man ja nur die Symptome der Auswanderung.
    "Man löst kein Problem, in dem man nur die Folgen bekämpft. Man muss an die Ursachen, an die Wurzeln herangehen. Deshalb arbeiten wir im Rahmen unserer Partnerschaft an Themen wie wirtschaftliche Entwicklung, Investitionen oder Berufsausbildung. Fragen der Sicherheit und der Regierungsführung gehören auch dazu. Es geht um die Verbesserung der Lebensbedingungen, damit eben solche Phänomene verschwinden."
    Gemeinsamkeiten herausarbeiten
    Das Gipfeltreffen in Abidjan soll Gemeinsamkeiten zwischen Afrika und Europäischer Union betonen. Hier soll signalisiert werden: Wir verstehen die Grundprobleme, wir arbeiten gemeinsam an der Lösung. Die Staats- und Regierungschefs haben deshalb vier Themen-Schwerpunkte gewählt: Arbeitsplätze, Migration, Frieden und Sicherheit sowie die künftige Zusammenarbeit, was die Regierungsführung angeht. Konkrete Beschlüsse sind bei diesem Gipfel nicht zu erwarten. Es geht nicht zuletzt darum, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Deshalb betont Federica Mogherini, die Außenbeauftragte der Europäischen Union immer wieder und unermüdlich, die EU habe die Zusammenarbeit mit Afrika auf eine neue Ebene gestellt:
    "Wir haben schon seit Monaten ein Grundprinzip festgelegt: Wir arbeiten als Partner zusammen. Als gleichberechtigte Partner, nicht als Geber und Empfänger."
    Nicht als Geber und Empfänger - das bedeutet, die 54 afrikanischen Staaten sollen aus der Rolle reiner Empfänger von Finanzhilfen herauskommen. Und die Europäische aus der Rolle des Geldgebers, der bestimmt, was getan werden soll.
    Genau an diesem Punkt herrscht aber offenbar noch Misstrauen bei den afrikanischen Regierungschefs. Die Handelspolitik der EU erscheint vielen als zu einseitig auf den europäischen Vorteil ausgerichtet. Die Ausbeutung der riesigen Rohstoffvorkommen auch durch europäische Konzerne, ohne nennenswerten Gewinn für die afrikanischen Staaten - auch das sät Misstrauen. Umgekehrt moniert die Europäische Union Korruption, schlechte Regierungsführung und politische Machtkämpfe innerhalb afrikanischer Staaten. Zwischen diesen Polen soll ein Terrain von Gemeinsamkeiten erarbeitet werden. Das Gipfeltreffen an der Elfenbeinküste soll ein Schritt dazu sein.
    Afrika baut auf Europa?
    Aber natürlich geht es auch um Märkte. Gerd Müller, Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, bringt das so auf den Punkt:
    "Afrika ist der Wachstums- und Zukunftsmarkt vor der Haustüre Europas. Wir können und sollen diesen Zukunftsmarkt nicht den Chinesen, Russen und Türken überlassen. Die Afrikaner bauen auf Deutschland und Europa."
    Ob "die" Afrikaner tatsächlich vor allem auf Deutschland und Europa bauen - das ist keineswegs schon eine ausgemachte Sache.