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EU contra Polen
Szydlo: "Wir fürchten uns vor nichts"

Die EU-Kommission entscheidet über den weiteren Verlauf des Verfahrens zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Kritisiert wird vor allem, dass das Verfassungsgericht nicht mehr effektiv arbeiten könne. Doch die polnische Regierung gibt sich weiter unbeeindruckt.

Von Florian Kellermann |
    Die polnische Regierungschefin Beata Szydlo hält im Europaparlament in Straßburg eine Rede zur Lage in Polen.
    Polens Regierungschefin Beata Szydlo will sich "niemals" einem EU-Ultimatum beugen. (picture alliance / dpa / Patrick Seeger)
    Die Stellungnahme der EU-Kommission, die heute nach Warschau auf den Weg geht, stellt der polnischen Regierung ein miserables Zeugnis aus. Diese habe dafür gesorgt, dass das Verfassungsgericht nicht mehr effektiv arbeiten könne. Deshalb gefährde sie den polnischen Rechtsstaat. So zumindest heißt es in einem Entwurf für die Stellungnahme, der in der vergangenen Woche durchgesickert ist. Zwei Wochen wird die polnische Regierung von heute an Zeit haben, darauf zu reagieren. Wenn ihre Antwort die EU-Kommission nicht zufriedenstellt, wird diese das Rechtsstaatsverfahren gegen Polen verschärfen: Die EU-Kommission wird von Polen konkrete Schritte fordern.
    Doch die polnische Regierung gibt sich weiter unbeeindruckt. "Wir fürchten uns vor nichts", bekräftigte Ministerpräsidentin Beata Szydlo heute Morgen.
    Schon am vergangenen Freitag hatte die Regierung deutlich gemacht, dass sie das Verfahren der EU-Kommission aushalten will. Bei einer stürmischen Debatte im polnischen Parlament erklärte Beata Szydlo:
    "Nicht Polen hat heute ein Problem mit seinem Ansehen und seiner Autorität, sondern die EU-Kommission. In der EU-Kommission gibt es offenbar immer mehr Personen, denen daran liegt, die EU zu zerschlagen anstatt sie weiterzuentwickeln."
    EU-Vorgehen untergrabe die Demokratie
    In ihrer Rede benutzt Szydlo das Wort "Souveränität" - genau 20 Mal, wie Zeitungen zählten. Diese werde von der EU-Kommission angegriffen, sagte sie. Schließlich verabschiedete die Parlamentsmehrheit der rechtskonservativen Partei PiS einen Beschluss: Das Parlament fordert die Regierung auf, sich Angriffen auf die Souveränität des Landes entgegenzustellen. Das Vorgehen der EU-Kommission untergrabe die Demokratie und den gesellschaftlichen Frieden in Polen, heißt es in dem Beschluss.
    Kritiker der Regierung zeigten sich schockiert von der Parlamentsdebatte und der Rede von Ministerpräsidentin Szydlo. Diese sei ein "antieuropäisches Manifest" gewesen, erklärte Adam Michnik, Chefredakteur der liberalen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza".
    Tatsächlich werden die Aussagen aus der polnischen Regierung immer kritischer gegenüber der Europäischen Union insgesamt. Außenminister Witold Waszczykowski sagte heute:
    "Das Verfahren, das der EU-Kommissar Timmermans gegen Polen betreibt, steht nicht auf der Grundlage des EU-Vertrags. Auf eine solche Mitgliedschaft in der Europäischen Union haben wir uns nie verständigt, dafür haben die Polen damals beim Volksentscheid nicht gestimmt."
    Die polnische Regierung stellt es so dar, dass sie der EU-Kommission bereits weitgehende Zugeständnisse beim Streit um das Verfassungsgericht signalisiert habe. In einem Telefongespräch in der vergangenen Woche habe der zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans positiv auf diese Vorschläge reagiert, sagte Außenminister Waszczykowski. Deshalb sei die Regierung überrascht gewesen, als die EU-Kommission ihrer Stellungnahme schon für heute angekündigt habe, so Waszczykowski.