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EU-Coronagipfel
Suche nach Einigkeit beim Impfzertifikat

Beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs wird auch über die Einführung eines EU-weit anerkannten Impfausweises diskutiert. Länder, die in besonderem Maße vom Tourismus leben wie Spanien, Griechenland und Portugal, machen hier besonders Druck. Doch es gibt zahlreiche Einwände.

Von Peter Kapern | 21.01.2021
Die EU-Kommission hat ein ehrgeiziges Ziel vorgegeben. Bis zum Monatsende will sie Einigkeit unter den Mitgliedstaaten erzielt haben. Einigkeit in Sachen Impfzertifikat. Je mehr Menschen geimpft werden, desto wichtiger werde die Ausstellung und die gegenseitige Anerkennung von Impfzertifikaten, so Vize-Kommissionpräsident Margaritis Schinas am Dienstag (19.07.2021).
Es geht also um so etwas wie einen EU-weit anerkannten Impfausweis, der dem in Deutschland gebräuchlichen Impfausweis durchaus ähnlich ist. Wer geimpft worden ist, der soll das in jedem anderen Mitgliedsland mit dem Ausweis nachweisen können. Doch über die Frage, welche Rechte dem Besitzer des Ausweises dann zukommen, bestehen massive Meinungsunterschiede.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn(AP Photo/Virginia Mayo, Pool)
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Die griechische Regierung hatte das EU-weit anerkannte Impfzertifikat als erste gefordert. Portugal und Spanien hatten sich angeschlossen. Die Idee der Südeuropäer: Wer nachweisen kann, dass er geimpft ist, soll wieder frei reisen können. Damit die Länder, die in besonderem Maße vom Tourismus leben, nicht noch eine weitere Reisesaison abhaken müssen.

Zahlreiche Einwände gegen Impfzertifikat

Die Einwände sind zahlreich. Zunächst einmal müsse wissenschaftlich erwiesen sein, das Geimpfte nicht nur selbst geschützt sind, sondern auch andere nicht mehr infizieren können. Und dann wird die Frage aufgeworfen, ob so ein Impfzertifikat nicht wie eine durch die Hintertür eingeführte Impfpflicht wirken würde. Einen solchen Zwang lehnt die EU nämlich ab.
33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Und schließlich ist da noch die Frage des Zusammenhalts: Führt ein Impfzertifikat zur Spaltung der EU-Bürger in zwei Gruppen - in die, die wieder normal leben dürfen, und jene, die weiter Restriktionen unterliegen? Eine Debatte, die Staatsminister Michael Roth Anfang der Woche mit der Bemerkung einzufangen versuchte, "dass es hier nicht um Privilegien für Geimpfte geht, sondern dass es darum geht, dass Menschen dann auch wieder eine Chance erhalten, über die Bürgerrechte zu verfügen, die uns die Verfassung auferlegt."
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Weiteres Thema bei der Videoschalte der Staats- und Regierungschefs an diesem Donnerstag (21.1.2021): das Tempo der Impfungen. 80 Prozent der über 80-Jährigen und 80 Prozent des medizinischen Personals sollen bis Ende März geimpft sein - und bis zum Sommer 70 Prozent der erwachsenen EU-Bürger. Auf dieses Ziel will Kommissionschefin von der Leyen die Mitgliedstaaten verpflichten.

Merkel spricht von neuerlichen Grenzschließungen

Außerdem geht es um den Schutz vor neuen Virusvarianten. Die zuerst in Großbritannien entdeckte Mutation könnte, so die Befürchtung, auf dem Kontinent eine dritte Welle der Pandemie auslösen. Deswegen verlangte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Vorfeld entschiedenes Gegensteuern aller Mitgliedstaaten, verbunden mit einer Drohung: "Wenn Länder ganz andere Wege gehen sollten, was ich im Augenblick nicht sehe, aber das kann auch sein, dann muss man auch bis zu dem Äußersten bereit sein, und sagen: Dann müssen wir auch wieder Grenzkontrollen einführen."
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Und spätestens dann wäre die EU wieder am Tiefpunkt des Frühjahrs 2020 angekommen. Weshalb die Kommissionspräsidentin der Kanzlerin deutlich widersprach: Pauschale Grenzschließungen, so von der Leyen, hätten in dieser Situation überhaupt keinen Sinn.