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Europa in der Schule

In Europaschulen wird meist bilingual unterrichtet. Allein in Berlin gibt es zwei Dutzend Europaschulen für insgesamt neun verschiedene Partnerländer. Eine davon ist das Einstein- Gymnasium im Berliner Süden.

Von Anja Nehls |
    "Boun Giorno,"

    sagt Lehrer Andrea Passante - und dann geht es auch schon los. Natürlich auf Italienisch. Es geht um Europa und um den deutsch-französischen Konflikt beim Eurorettungsschirm

    An der Europaschule wird auch in der sogenannten Partnersprache unterrichtet, in diesem Fall auf Italienisch. Dass es nun auf Italienisch um Deutschland und Frankreich geht, findet der 17-jährige Davide nicht merkwürdig, sondern eher nützlich

    "Im Italienischunterricht kann man das auch irgendwie objektiver betrachten, als in PW auf Deutsch. Da haben wir das auch gemacht und da ist es so, dann man eher auf der Seite Deutschlands ist. Wenn man das im Italienischunterricht behandelt finde ich das objektiver."

    Davide hat einen italienischen Vater. Die meisten seiner Klassenkameraden haben ebenfalls, einen oder zwei italienische Elternteile. Es gibt aber auch Schüler ganz ohne italienische Wurzeln, die an diesem Gymnasium zweisprachig das Abitur machen werden. Es gibt regelmäßigen Schüleraustausch mit Italien, gemeinsame Projekte mit italienischen Schulen, die Jugendlichen waren sogar schon bei der Präsidentenkonferenz des europäischen Parlaments im Bundestag. Auch im Unterricht geht es oft um Europa, sagt Leonora:

    "Ich erinnere mich, in der Aula kam oft der italienische Botschafter und hat viel über Europa geredet, über die Wichtigkeit des europäischen Gedankens und ich wurde auch so ein bisschen in dem Glauben an Europa erzogen und jetzt, wo das so anfängt, zu bröckeln ob Griechenland austreten sollte oder ob pleite oder bankrott oder solche Sachen das ist für mich sehr seltsam, zu denken, dass Europa vielleicht gar nicht mehr existieren könnte in zehn Jahren."

    Am Einstein Gymnasium lebt der europäische Gedanke, aber er wird kritisch hinterfragt - und zwar aus verschiedenen Sichtweisen - nicht nur aus der italienischen. Es gibt einen Lehrer mit türkischen Herkunft, der genauso Impulse gibt, wie die Englisch- und Französischlehrer. Da den europäischen Überblick zu behalten ist für die Schüler schwierig:

    "Es ist so, dass viele Sachen, die mit Europa zu tun haben so hochkomplex sind und das sorgt dafür, dass extrem viele Unklarheiten entstehen und das nervt natürlich schon."

    Europa ist anstrengend, aber Europa bietet auch Chancen - in der Schule wie im richtigen Leben. Die Jugendlichen fahren jetzt zum Schüleraustausch nach Frankreich und studieren vielleicht später in Rom. Völlig selbstverständlich. Für das Einstein Gymnasium ist italienisch in der Schule jedenfalls ein Gewinn - und damit meint Schulleiter Holger Ambrosius nicht nur die Sprache:

    "Das prägt die Schulatmosphäre. Sie können dem Geräuschpegel nachgehen, um diese italienischen Klassen zu finden, die sind lebhafter als die anderen, sind sehr kommunikativ, zeichnen sich nicht unbedingt durch extreme Pünktlichkeit aus, aber sind ein sehr angenehmes Element, dass die Schule durchaus verändert hat, inklusive Espressoautomat im Lehrerzimmer."