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Europaspiele in Weißrussland
Schon wieder autoritär

Die Europaspiele 2019 finden in Minsk statt - das haben die Delegierten des Europäischen Olympischen Komitees entschieden. Nach Aserbaidschan im vergangenen Jahr gehen die Europaspiele damit erneut in ein autoritär regiertes Land.

Von Andrea Schültke | 21.10.2016
    Blick auf die Delegierten beim 45. Treffen des Europäischen Olympischen Komitees in Minsk, Weißrussland.
    Das Europäische Olympische Komitee hat entschieden: Minsk soll Austragungsort für die Europaspiele 2019 werden. (dpa/ picture alliance/ Tatyana Zenkovich)
    Alexander Lukaschenko ist seit 22 Jahren Präsident von Weißrussland. Westliche Kritiker urteilen über Lukaschenkos Land es sei die letzte Diktatur Europas. Obwohl Weißrussland die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte akzeptiert hat, sieht die Praxis noch anders aus. Widersacher des Präsidenten verschwanden spurlos. Und der Verein Menschenrechte in Belarus kritisiert das Fehlen fairer Gerichtsverfahren, Probleme bei der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und Unregelmäßigkeiten bei Wahlen. Wolfgang Sender, Leiter des Büros Weißrussland der Konrad-Adenauer Stiftung bestätigt:
    Einziger Bewerber für Europaspiele
    "Weißrussland ist ja das letzte Land in Europa, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird und die politische Opposition hat auch noch nicht die Freiheiten, die wir uns als Demokraten wünschen würden. Aber ich denke, in den letzten Monaten hat sich in Weißrussland viel bewegt. Die Beziehungen zum Westen haben sich wesentlich verbessert. Beispielsweise hat Minsk einen Menschenrechtsdialog mit der EU begonnen und gute Dienste geleistet in den Friedensverhandlungen zur Ukraine. Und das sind meiner Ansicht nach gute Zeichen, dass sich die Lage weiter verbessern kann."
    Und selbst wenn das nicht so sein sollte – Minsk war zum Schluss der einzige Bewerber, der die Europaspiele überhaupt austragen wollte. Europäische Wettbewerbe in Olympischen Sportarten. Eine Veranstaltung von eher geringem sportlichen Stellenwert, dafür aber mit unüberschaubarem finanziellen Aufwand.
    Zuschlag könnte Annäherung an den Westen unterstützen
    Amsterdam hatte seine Bewerbung aus Kostengründen zurückgezogen. Moskau sprang ein. Dann kamen die Enthüllungen über das russische Staatsdoping dazwischen und plötzlich stand nur noch Minsk zur Wahl. Der Zuschlag könnte laut Wolfgang Sender von der Konrad Adenauer Stiftung den Annäherungsprozess an den Westen unterstützen:
    "Und das schließt Opposition und Menschenrechte ein. Man hat das aus meiner Sicht bei der Eishockey-WM 2014 in Minsk gesehen. Viele Besucher aus dem Westen konnten sich ein eigenes Bild von dem Land machen und ich glaube, den Austausch der Menschen über den Sport zu befördern, ist im Fall von Weißrussland eine gute Sache."
    Ähnlich argumentiert auch der Sport immer dann, wenn es um die Austragung von Sportveranstaltungen in nicht demokratischen Staaten geht. Häufig ist aber das Gegenteil der Fall und die Großveranstaltung bewirkt keine positive Veränderung für die Menschen im Land. Vor den Europaspielen in Baku im vergangenen Jahr etwa wurden Oppositionelle verhaftet.
    Nun wird also Minsk in drei Jahren die Europaspiele austragen, für die sich kein anders Land interessiert. Schließlich schicken die Teilnehmerländer eher ihre Nachwuchsathleten und nur wenige große Stars. Die Kosten der Veranstaltung aber sind enorm. Weißrusslands Präsident Lukaschenko lobte die Wahl von Minsk als "historische Entscheidung". Belarus ist keine Supermacht, aber wir kümmern uns sehr um den Sport, so der umstrittene Präsident.