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Exklusiv-Interview mit dem ägyptischen Präsidenten
Al-Sisi: "Deutschland kann Druck ausüben"

Der ägyptische Präsident Abdel Fatah Al-Sisi hat die Bundesregierung aufgerufen, gegen die Finanzierung von Terrorismus vorzugehen. Man wisse, woher die Extremisten Unterstützung und Geld erhielten, betonte der Staatschef. An diese Länder müsse man eine "klare und starke Botschaft" senden.

14.06.2017
    Der Präsident der Arabischen Republik Ägypten, Abdelfattah Al-Sisi, spricht am 02.03.2017 im Ittihadiya-Palast in Kairo (Ägypten) während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel. Foto: Soeren Stache/dpa | Verwendung weltweit
    Der ägyptische Staatpräsident Abdel Fatah Al-Sisi (dpa)
    Der ägyptische Präsident betonte, es gehe nicht darum, militärische Unterstützung aus Deutschland zu bekommen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk und der ARD erklärte Al-Sisi, Deutschland könne aber Druck ausüben auf "die Länder, die diese extremistischen Gruppen finanzieren und unterstützen". Al-Sisi nannte kein Land beim Namen. Er sagte: "Die Länder, um die es geht, wissen, wer gemeint ist."
    "Ich erwarte keinen Krieg"
    Ägypten hatte vor gut einer Woche zusammen mit Saudi-Arabien und anderen arabischen Golfstaaten die diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen. Die Staaten werfen Katar Finanzierung von Terrorismus sowie eine zu große Nähe zum Iran vor. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hatte bereits vor einer Kriegsgefahr in der Region gewarnt. Der ägyptische Präsident trat dieser Ansicht entgegen. Al-Sisi sagte gegenüber DLF und ARD, er erwarte keinen Krieg.
    Präsident Al-Sisi im Gespräch mit den Journalisten
    Präsident Al-Sisi im Gespräch mit den Journalisten (Ägyptische Präsidentschaft)
    Al-Sisi nahm in dem Hörfunkinterview die Gelegenheit wahr, sich "an die deutsche Öffentlichkeit zu wenden". Es sei wichtig, dass der Terror nicht nur mit dem IS in Verbindung gebracht werde. Es gehe insgesamt um extremistisches Gedankengut wie bei der Gruppierung Boko Haram in Nigeria. Auch die Menschen in Europa, so Al-Sisi, hätten gesehen, dass sie vom Terror betroffen seien. Wenn man tatenlos zuschaue, werde sich der Terrorismus in den nächsten Jahren weiter ausdehnen.
    "Balance zwischen Menschenrechten und Sicherheit"
    Angesprochen auf die Lage der Menschenrechte in seinem Land, verwies Al-Sisi auf die schwierige Situation in Ägypten. Seine Regierung müsse eine Balance schaffen "zwischen der Wahrung der Menschenrechte und der Wahrung der Sicherheit und Einheit des Landes". Ägypten sei ein Land mit 93 Millionen Einwohnern. Wenn es zerfalle, dann würden sich die Menschen auf die Flucht begeben. Auch in Deutschland habe man in den vergangenen Jahren gesehen, wieviele Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern gekommen seien.
    Der ägyptische Präsident sieht Entwicklung, Bildung und Arbeitsplätze als wirkungsvollste Möglichkeiten, um illegale Migration zu bekämpfen. Deutschland und Europa könnten vieles bieten, um den Menschen und besonders Jugendlichen in Afrika Hoffnung zu geben. Deutschland könne Ägypten speziell bei der Polizeiausbildung unterstützen.
    Das Interview wurde in Berlin aufgezeichnet. Al-Sisi hatte dort an der Afrika-Konferenz teilgenommen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Rahmen der G20 ausgerichtet hatte.
    (riv/tep)