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ExoLaunch und German Orbital Systems
Mit Satelliten ab in den Orbit

50 Jahre nach der Mondlandung der Amerikaner ist der hellste Himmelskörper am Nachthimmel ein Sehnsuchtsort für Unternehmer und Investoren. Wie überhaupt das Weltall. Dabei werden Satelliten und Raketen immer billiger. Goldene Zeiten für Weltraum-Unternehmer.

Von Reinhart Brüning |
Eines der Gründerzentren für Startup-Unternehmen liegt in Berlin-Mitte. Es gibt ein ganzes Labyrinth von Eingängen. Die Firmen ExoLaunch und German Orbital Systems sind gar nicht so leicht zu finden. Einer der Geschäftsführer der kleinen Firmengruppe ist Walter Ballheimer, ein junger dynamischer Typ mit Vollbart, der gerade in einem Laborraum zugange ist. Der Raum ist eine wilde Mischung aus Büro und Elektronikwerkstatt - verbunden mit Erinnerungen, sagt Walter Ballheimer:
"Wir haben hier angefangen, damals noch mein Mitgründer und ich und dann noch ein paar Ingenieure und irgendwann viele Schreibtische. Und hier wurden die Satelliten teilweise gebaut und integriert und gelötet und alles".
Der Start des ersten eigenen Satelliten war aufregend, erinnert sich Walter Ballheimer.
50.000 Euro für einen Satelliten
Denn es dauert ziemlich lange, bis das Signal eines neuen Satelliten auf dem Monitor des Weltraumbahnhofs auftaucht – oder eben auch nicht.
"Wir saßen dann alle davor, alle Mitarbeiter der ersten Stunde, und haben auf dieses Signal gewartet. Und als es dann so weit war, fällt einem dann ein Stein vom Herzen, man freut sich und geht feiern, und dann geht der Regelbetrieb los.
Das Gründerteam von der TU Berlin hat 2013 und 2014 zwei Firmen aufgebaut: ExoLaunch bringt im Auftrag von Kunden Satelliten in die gewünschte Umlaufbahn. Und German Orbital Systems baut Satelliten.
"Hier wird gelötet. Hier werden Kabel gebaut, wenn es so Kabelbäume zu erstellen gibt. Und ansonsten wird hier ganz viel programmiert und entwickelt. Und vorne machen wir ein bisschen CAD-Entwurf".
Walter Ballheimer zeigt nebenan ein ganz besonderes Labor, garantiert staubfrei, ein so genannter Reinraum. Hinter einer Glasscheibe hantiert eine Gestalt mit elektronischen Bauteilen. Sie trägt einen weißem Schutzanzug und Mundschutz.
"Man sieht jetzt, wo gerade ein Mitarbeiter da gerade an einem Satelliten herumbaut. Wir haben jetzt mehrere davon im Aufbau, drei Stück insgesamt. Die werden dann Anfang Juli in den Orbit gestartet. Vom russischen Weltraumbahnhof Wostotschny aus. Den einen, den der Kollege da gerade in der Hand hat, mit der langen Antenne, den bauen wir für die Radio Amateurs Society of Thailand".
Dass sich Kunden wie das Thailändische Amateurradio einen eigenen Satelliten leisten können, ist nur möglich, weil es eine ganz neue Szene von Weltraumfirmen gibt. 200.000 Euro kostet der Mitflug auf einer Trägerrakete nur noch. Und bei den Berlinern einen Satellit bauen zu lassen, kostet sogar nur noch 50.000 Euro.
"Möglich durch Miniaturisierung auf dem Elektronikmarkt"
"Das alles wurde möglich gemacht durch die Miniaturisierung auf dem Elektronikmarkt. Wir benutzen Elektroniken, die auch in normalen Haushaltsgeräten zum Beispiel benutzt werden: Mikrochips, die in Fernbedienungen oder Fernsehern oder in den Computern drin sind. Das können wir tun, weil diese Mikrochips in unglaublichen Stückzahlen hergestellt werden.
Bisher wurde in der Raumfahrt die Qualität jedes Bauteils einzeln überprüft. Bei der modernen Massenfertigung wird dagegen die Qualität des ganzen Herstellungsprozesses gesichert, und pro Stück ist das wesentlich günstiger.
"Von hier hat man noch mal ein bisschen einen besseren Blick auf das Labor. Direkt mit den Solarzellen, diese Würfel, die sind 10 mal 10 mal 30 Zentimeter groß etwa. Der Vorteil dieser Dinger, und das ist eigentlich die wahre Revolution an diesem Format, ist, dass alle Hersteller wissen: Okay, solange ihr Satellit diese Maße hat, können die mit diesem System gestartet werden. Das schafft Preissicherheit. Und das schafft Planungssicherheit und das ermöglicht überhaupt erst diese New-Space-Revolution".
Und diese Chance haben Walter Ballheimer und seine Kollegen genutzt:
"Wir haben uns hochgearbeitet vom ersten kleinen Auftrag, wo wir einen universitären Satelliten für ein zentralasiatischen Land hergestellt haben, dann über andere Aufträge nach und nach bis zu dem Volumen, welches wir jetzt umsetzen. Und das sind in der Firmengruppe immerhin zehn Millionen Euro im Jahr.
Wir sind vollständig und zu 100 Prozent in Gründerhand und wollen das auch erst einmal bleiben. Derzeit haben wir 19 Mitarbeiter, würden jetzt in absehbarer Zukunft vier weitere einstellen. Ich denke dass wir im Laufe der nächsten anderthalb zwei Jahre so auf 40 Mitarbeiter anwachsen werden".
"Keine bessere Zeit, Weltraumunternehmer zu sein"
Die neuen Mitarbeiter zu finden, wird aber nicht leicht werden, sagt Walter Ballheimer. Die meisten jungen Ingenieure in Deutschland wollen lieber zu den etablierten Firmen.
"Aber wir haben natürlich extreme Vorteile auf das Arbeitsklima bezogen gegenüber diesen großen Firmen. Wir haben eine flache Hierarchie. Wir haben flexible Arbeitszeiten. Wir haben gar nicht mal so schlechte Vergütung und von daher, wenn das jetzt jemand hören sollte im Radio, dann die Bewerbung schicken. Ich guck' mir das gerne an".
Die gute Entwicklung seiner Startups sollte allerdings nicht davon ablenken, dass die Unterstützung in Deutschland noch zu wünschen übrig lässt, sagt Ballheimer.
"In den USA können Hersteller von Raketen aber auch Hersteller von kleinen Satelliten mit einer starken staatlichen Unterstützung rechnen. Aber dennoch: Es gibt wahrscheinlich keine bessere Zeit, Weltraumunternehmer zu sein, als gerade jetzt".