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FC-Bayern-Aufsichtsrat
Steuerrechtler: Konzerne müssen Hoeneß zum Rücktritt bringen

Der Steuerrechtler Manuel René Theisen sieht die Glaubwürdigkeit der Unternehmen, die im Aufsichtsrat des FC Bayern sitzen, beschädigt. Sie hätten sich längst von Uli Hoeneß distanzieren müssen, sagte er im DLF. Sie seien gut beraten, ihn nun zum Rücktritt zu bringen.

Manuel René Theisen im Gespräch mit Sandra Pfister | 13.03.2014
    Sandra Pfister: Das Landgericht München hat Uli Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, um kurz nach 14 Uhr. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, Hoeneß' Anwälte werden es anfechten. Aber so oder so ist ja schon seit Wochen bekannt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende des FC Bayern Steuern hinterzogen hat. Er selbst hat es ja auch nicht bestritten. Und da stellt sich dann eher die Frage: Hätten all die renommierten deutschen Konzerne, die im Aufsichtsrat des FC Bayern sitzen, sich nicht längst von Uli Hoeneß distanzieren müssen? Darüber reden wir mit Manuel René Theisen, Professor an der Uni München. Ich habe ihn vor der Sendung gefragt, ob all diese Konzerne, VW, Audi, Adidas, Telekom, die sich doch eine saubere Unternehmensführung verordnet haben, ob die nicht vorher hätten Farbe bekennen und Hoeneß den Rücktritt hätten nahelegen müssen?
    Manuel René Theisen: Ja, sie hätten es längst tun müssen, einfach um sich nicht unglaubwürdig in ihren eigenen Unternehmen zu machen, denn dort fordern sie natürlich ausschließlich rechtmäßiges Handeln von allen Mitarbeitern, von sich selber, und das haben sie verweigert in einer offensichtlich, meines Erachtens, falschen Abwägung zwischen ihren finanziellen Interessen als Sponsor und ihrer Verpflichtung als Aufsichtsrat.
    Andere Maßstäbe für Fußballverein?
    Pfister: Sie sagten, die Glaubwürdigkeit der Unternehmen, die zulassen, dass ein bekennender Steuersünder weiter an so prominenter Stelle einen Aufsichtsrat leitet, die ist angekratzt. Fällt das wirklich auf die Unternehmen zurück?
    Theisen: Es wird natürlich nicht mit einem Käufer-Boykott zu rechnen sein, aber diese Herren müssen in ihren anstehenden Hauptversammlungen sich vor Fragen schützen, die sie persönlich und ihre Glaubwürdigkeit, ihre Autorität gefährden, und das ist schon ein Schaden genug. Stellen Sie sich vor, ein Herr Höttges bei Telekom oder ein Herr Stadler bei Audi muss begründen - allein die Vorstellung -, warum er mit einem Steuerhinterzieher, einem landesweit bekannt gewordenen Steuerhinterzieher gemeinsam Geschäfte macht. Dieser Gefahr setzt sich keiner gerne aus. Zudem muss er natürlich von seinem eigenen Compliance-Chef und anderen Mitarbeitern sich mehr als einmal täglich dann anhören, ob es da zwei Maßstäbe gibt, einen, der für Aktiengesellschaft gilt, und einen, der für Fußballvereine gilt.
    Pfister: Die Unternehmen ducken sich ja hinter dem Satz weg, sie hätten sich zu einem laufenden Verfahren nicht äußern wollen. Ist das für Sie ein einschlägiges Argument?
    Theisen: Nein! Das ist überhaupt kein Argument, weil es ja gar nicht um das Strafmaß geht. Es ist ja nicht so, bei Geldstrafe wäre er kein Steuerhinterzieher, bei Gefängnisstrafe ist er ein Steuerhinterzieher. Das ist überhaupt nicht das Thema. Das war ein vorgeschobenes Argument, um, um es klar zu sagen, noch möglichst lange Geschäfte zu machen und sich an die eigenen Versprechungen, an die eigenen Compliance-Verpflichtungen nicht halten zu müssen. Das kommt jetzt raus und jetzt ist nur noch Reaktion angesagt. Und das ist eine Situation für DAX-Unternehmen, die eigentlich unbedingt vermieden werden sollte, denn hier ist das Heft dann aus der Hand geglitten und jetzt muss hinterher repariert werden, was man vorher hätte aktiv gestalten können.
    "Zum Rücktritt, und zwar zum sofortigen, bringen"
    Pfister: Was würden Sie den Unternehmen jetzt raten?
    Theisen: Den Unternehmen ist zunächst zu raten, das wird wohl diese Stunde passieren, dass sie Herrn Hoeneß, wenn er es nicht selber schon anträgt, zum Rücktritt, und zwar zum sofortigen, bringen. Dann natürlich einen überzeugenden Nachfolger so schnell wie möglich, sei es kommissarisch, sei es auf Dauer installieren. Und dann das eigene Engagement sehr genau überdenken, den Aufsichtsrat zum Handeln, zu einer Abstimmung mit dem Vorstand zu bringen, damit das Unternehmen wirtschaftlich keinen Schaden leidet. Es geht ja nicht um eine persönliche Rücksichtnahme, es geht um ein Wirtschaftsunternehmen. Das haben die Herren Zuhause alle sehr gut gemacht, wie wir wissen. Das müssen sie aber beim FC Bayern jetzt nun auch endlich tun.
    "Die Rechnung müssen sie nun bezahlen"
    Pfister: Das heißt, die letzte Bemerkung verstehe ich richtig: Es lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass die Unternehmen, nur weil sie jetzt lax mit Hoeneß umgegangen sind, es mit ihren Compliance-Regeln Zuhause nicht so genau nehmen?
    Theisen: Nein! Diesen Umkehrschluss, den fände ich wirklich unzulässig. Es spricht ja auch überhaupt nichts dafür. Es ist die Hoffnung gewesen, in guten Zeiten sozusagen nicht genau hinschauen zu müssen und in schlechten Zeiten dann doch einfach das in Richtung Fußballgemeinde zu schieben. Das ist nicht aufgegangen, die Rechnung müssen sie jetzt bezahlen.
    Pfister: Professor Manuel René Theisen war das von der Uni München über die prominenten Unternehmen im Aufsichtsrat des FC Bayern München, die bislang schützend ihre Hände über Uli Hoeneß gehalten haben.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.