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FDP-Dreikönigstreffen 2018
Eine Meinung, eine Richtung

Kaspar, Melchior, Balthasar und eine flammende Rede Christian Lindners: Die FDP sieht ihr Dreikönigstreffen unter einem guten Stern. Doch die Partei befindet sich nach der Absage an eine Regierungsbeteiligung in Zugzwang: Zum Beispiel muss eine neue, konstruktive Streitkultur her.

Von Klaus Remme | 06.01.2018
    Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, bei der (06.01.18) Dreikönigskundgebung der FDP im Opernhaus in Stuttgart.
    Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, bei der Dreikönigskundgebung der FDP im Opernhaus in Stuttgart (dpa/Christoph Schmidt)
    2014 war es, kurz nach der verlorenen Bundestagswahl, da fehlten beim traditionellen Treffen der Liberalen am Dreikönigstag sogar die Sternsinger, sie hatten gedacht, die Veranstaltung falle aus. Nicht so in diesem Jahr.
    FDP-Dreikönig, das ist auch immer Polit-Folklore, der Andrang war heute groß, die 1400 Plätze in der Stuttgarter Oper waren schnell besetzt. Eine neue Generation Deutschland, so lautete das Motto, auch ein Hinweis auf über 12.000 neue Parteimitglieder allein im vergangenen Jahr. Die zentrale Rede des Parteivorsitzenden machte schnell deutlich. Die Absage der FDP an eine Regierungsbeteiligung wirkt nach. Einmal mehr verteidigte Christian Lindner seine Entscheidung. Man habe sich in den Zeiten der außerparlamentarischen Opposition befreit von taktischer Abhängigkeit und vom Einfluss organisierter Interessen.
    "Wir haben aus staatspolitischer Verantwortung die Oppositionsrolle gewählt und das stärkt unsere Demokratie, es ist eine Kampfansage an Politikverdrossenheit und Protestwahlverhalten, denn niemand kann mehr sagen, in der bürgerlichen Mitte gebe es keine Unterschiede, die zur Wahl stünden."
    Die deutsche Antwort auf Macron?
    Deutliche Kritik übte Lindner an den ehemaligen Jamaika-Sondierungspartnern. Er verwies auf den politischen Mut des französischen Präsidenten Macron:
    "Und was soll die deutsche Antwort darauf sein? Dieser inzwischen auch legendäre Satz der Bundeskanzlerin am Tag nach der Bundestagswahl: 'Ich weiß nicht, was wir hätten anders machen sollen?' Man kann ein Land mit Taten überfordern, man kann eine Gesellschaft mit Ambitionslosigkeit aber auch unterfordern.
    Massive Kritik auch an Teilen der Grünen. Vorredner von Lindner hatten Jürgen Trittin da schon als grünen Fürst der Finsternis bezeichnet. Lindner schob nach:
    "Dieser linke Flügel der Grünen, der vertritt eine Politik, die mit dem Staat und mit dem Gesetzesbefehl die Gesellschaft lenken möchte, Unterschiede planieren will und Menschen umerziehen möchte. Eine solche Haltung darf man vertreten, aber als Liberale können, als Liberale dürfen wir einer solchen Haltung nicht zur Macht verhelfen."
    Ein Dauerzustand kann das nicht sein
    Aktuelle Warnungen, etwa vonseiten der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, vor einem Rechtsruck der Liberalen spielten in der Rede Lindners keine Rolle. Die parteiinterne Kritik am Parteichef und der Entscheidung gegen die Regierungsbeteiligung ist noch sehr verhalten. Ein Grund, weshalb er sich mit dem Vorwurf von oben verordneter Geschlossenheit in der Partei eher spielerisch auseinandersetzte.
    "Die erste Antwort, die dann gegeben wird, lautet: Ja, das hängt mit dem autoritären Führungsstil des Vorsitzenden zusammen. Vielleicht liegts einfach daran, dass wir einer Meinung sind und in dieselbe Richtung arbeiten wollen."
    Doch ganz so einfach ist es nicht. In den vergangenen Jahren wurde die öffentliche Aufmerksamkeit gezielt auf die Person Lindners gelenkt. Aus Sicht der Partei war dies den besonderen Umständen der außerparlamentarischen Opposition geschuldet. Diese Zeiten sind vorbei. Jetzt werden sich neue Köpfe profilieren wollen. Die Zeiten, als sich führende Politiker der FDP vor allem gegenseitig belauerten, sind nicht vergessen. Die Entwicklung einer öffentlich konstruktiven Streitkultur steht noch aus. Sie war nach 2013 nicht gefragt, doch ein Dauerzustand kann das nicht sein.