Freitag, 19. April 2024

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FDP-Dreikönigstreffen
"Die Vielfalt der Partei noch stärker nach außen tragen"

Die FDP müsse insgesamt mit stärkeren Charakteren, die unterschiedliche Angebote an unterschiedliche Menschen machen, auftreten, sagte Ria Schröder, Vorsitzende der Jungen Liberalen, im Dlf. An Fachpolitikern mangele es nicht, sie kämen aber über eine gewisse Schwelle der Bekanntheit nicht hinaus.

Ria Schröder im Gespräch mit Marina Schweizer | 06.01.2020
Ria Schröder (FDP), Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, steht in den Räumen eines Coworking-Büros.
Ria Schröder (FDP), Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (picture alliance / dpa / Christian Charisius)
Marina Schweizer: Über die FDP habe ich mit Ria Schröder sprechen können. Sie ist Vorsitzende der Jungen Liberalen und sie hatte sich vor dem Treffen kritisch dazu geäußert, dass sowohl Bundestagsfraktion wie auch Partei von Christian Lindner geführt werden. Meine erste Frage an sie: Stand Ihnen auch dieses Dreikönigstreffen zu sehr im Zeichen des Parteichefs?
Ria Schröder: Da möchte ich einmal ganz besonders deutlich machen: Es geht mir da überhaupt nicht um die Person von Christian Lindner. Der macht einen wunderbaren Job, auch in beiden Funktionen aus meiner Sicht. Es ist nur eine Frage, wie können wir die Vielfalt, die wir in der Partei haben, auch noch stärker nach außen tragen, und damit wollte ich gerne die Debatte anstoßen und deswegen fand ich heute das Dreikönigstreffen auch sehr erfrischend, sehr positiv. Da haben wir nicht nur Christian Lindner und auch Linda Teuteberg als Generalsekretärin gesehen, sondern auch die Spitzenkandidatin aus Hamburg, Anna von Treuenfels. Die Oberbürgermeisterkandidatin aus Düsseldorf. Er hat in einer spontanen Aktion auch noch zwei Außenpolitiker mit auf die Bühne geholt. Da war eine ganze Bandbreite von unterschiedlichen Leuten auch aus der Bundesebene da, natürlich neben den baden-württembergischen Parteifreunden, und das, finde ich, ist auf jeden Fall ein positives Zeichen. Wenn wir so was öfter machen, dann brauchen wir vielleicht auch die Debatte gar nicht über so eine Trennung. Mir ist nur wichtig, dass wir da insgesamt mit stärkeren Charakteren, die unterschiedliche Angebote an unterschiedliche Menschen machen, natürlich mit der gleichen politischen Botschaft, aber transportiert durch andere Botschafterinnen und Botschafter nach außen tragen, weil ich davon überzeugt bin, dass wir so noch mehr Menschen ansprechen können.
"An Fachpolitikern mangelt es uns nicht"
Schweizer: Es gäbe ja eigentlich jede Woche Möglichkeiten für Fachpolitiker und Fachpolitikerinnen, sich bei wichtigen Debatten einzubringen. Wir müssen ja nur einmal die Klimapolitik nehmen. Warum kann sich da als Fachpolitiker neben Christian Lindner niemand etablieren?
Schröder: Ich glaube, dass die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker da schon gerade in der Fachpresse besonders wahrgenommen werden. Da kommen auch jeden Tag natürlich die Alerts dort und ich sehe auch, wie aktiv die Bundestagsabgeordneten beispielsweise sind.
Schweizer: Aber das reicht ja vielleicht nicht für die breite Öffentlichkeit.
Schröder: Genau! Und das ist der Punkt, den ich ansprechen möchte. An Fachpolitikern mangelt es uns nicht. Die sind auch aktiv, die erscheinen auch in den jeweiligen Fachgebieten. Aber sie steigen noch nicht über diese Schwelle der Bekanntheit, die auch nicht über die fachpolitischen Spezifika hinausgeht, und das würde ich mir wünschen, dass wir da noch stärker werden. Wir sehen das bei anderen Parteien, dass das klappen kann, und da ist die Frage, wollen wir uns so was als Vorbild nehmen, oder gehen wir vielleicht auch einen anderen Weg. Darüber wollen wir sprechen.
Schweizer: Es geht ja für die FDP auch um neue Wählergruppen, jetzt auch enttäuschte SPD-Wähler und Wählerinnen. Endet das nicht zwangsläufig darin, dass Visionen einer liberal-marktwirtschaftlichen Zukunft in ganz gegensätzliche Ansätze münden, die vielleicht Wählerinnen und Wähler gar nicht mehr so genau greifen können?
Schröder: Der Widerspruch, den Sie da aufmachen, der ist mir nicht deutlich.
"Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk müssen Demokraten üben dürfen"
Schweizer: Es gibt ja Ansätze, die nach Sozialdemokratie klingen, und inhaltliche Überschneidungen zur AfD.
Schröder: Inhaltliche Überschneidungen zur AfD sehe ich, ehrlich gesagt, nicht.
Schweizer: Da geht es zum Beispiel um restriktive Zuwanderungspolitik, oder auch Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Schröder: Nun gut. Bei der Zuwanderungspolitik, da hat die FDP eine ganz klar rechtsstaatliche Position: offen gegenüber denjenigen, die kommen wollen, eine offene Migrationspolitik nach dem Modell in Kanada, und gleichzeitig die Durchsetzung von geltendem Recht. Das ist, glaube ich, nicht die AfD-Position, die ja da nicht weltoffen ist, sondern ausländerkritisch bis feindlich bis rassistisch und völkisch. Ich glaube, da kann man nicht sagen, dass die AfD da eine ähnliche Position hätte wie die FDP. Ich glaube, es ist sogar eher das Gegenteil davon. Wenn es um die Rechtsdurchsetzung geht, dann ist die AfD ja auch gerade nicht die Verteidigung des Rechtsstaates, sondern eine, die ihn bekämpft. Und ich glaube, Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das müssen alle Demokratinnen und Demokraten üben dürfen. Die AfD macht das aus einem anderen Motiv: Die möchte ja am liebsten den ganzen öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen, weil er ihnen die falsche Meinung sagt. Mir geht es darum, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken und auf seinen Informations- und Nachrichtenauftrag noch stärker zu fokussieren, damit wir da auch eine Stärkung für die Demokratie haben.
"Eine AfD-Nähe zu unterstellen, finde ich gefährlich"
Schweizer: Frau Schröder, ich spreche das an, weil zum Beispiel selbst Gerhart Baum, der Ex-FDP-Innenminister, in der Zeitung "Die Welt" gerade erst davor gewarnt hat, sich thematisch der AfD anzunähern, und das ging auch in Ihre Richtung, weil Sie zum Beispiel gerade eine Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert haben und auch kritisiert haben.
Schröder: Ich habe nicht die Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert. Überhaupt nicht! Ich habe die Privatisierung des ZDF gefordert, eine Ausgabenkritik und eine stärkere Fokussierung auf Nachrichten, auf Bildung, auf die Auslandssender, auf investigativen Journalismus. Das ist doch das Gegenteil einer Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Da bin ich missverstanden worden, offenbar auch von Gerhart Baum, den ich ansonsten sehr schätze. Das finde ich sehr traurig und ich glaube auch, dass da leider auch häufig die Position sehr schnell vereinfacht wird, wenn man Kritik übt am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich bin jetzt hier auch im Deutschlandfunk, auch ein öffentlich-rechtliches Modell, was ich auch sehr schätze, was ich auch für unheimlich erhaltenswert halte, ohne da jetzt irgendwie zu sehr schmeicheln zu wollen oder mich anbiedern zu wollen. Ich glaube, genau das, was Sie machen, Politik, Nachrichten, Information, ist unheimlich wichtig, gerade für unsere Demokratie und für die Meinungsvielfalt, und das sollte man erhalten. Das mit der AfD in einen Topf zu schmeißen, halte ich eher für eine gefährliche Botschaft, weil ich, ehrlich gesagt, sagen muss, ich bin von meinen Positionen her, glaube ich, eher das Gegenteil der AfD und da eine Nähe zu unterstellen, finde ich gefährlich und weise ich auch stark von mir.
Ich will noch mal zurückkommen auf das, was Sie gefragt haben: Geht das zusammen? Ich will es vielleicht mal anders sagen. Einerseits über das soziale Aufstiegsversprechen zu sprechen und auf der anderen Seite über Marktwirtschaft, passt das zusammen? – Aus meiner Sicht passt das sehr gut zusammen, weil die FDP ja gerade die Partei ist, die die wirtschaftliche Freiheit und die persönliche und gesellschaftliche Freiheit zusammendenkt, die für Entlastung ist auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch für Toleranz und Weltoffenheit steht. Deswegen ist das der Kern der FDP und passt aus meiner Sicht deswegen hervorragend zusammen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.