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Krach wegen Kubickis Merkel-Schelte

"Wir schaffen das" - in diesem Satz von Angela Merkel aus dem Jahr 2015 sollen die Wurzeln für die rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz liegen. Mit dieser These sorgt FDP-Vize Wolfgang Kubicki für Empörung - auch in den eigenen Reihen.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 30.08.2018
    Wolfgang Kubicki (FDP) am 21.03.2018 bei der Befragung der Bundesregierung im Bundestag in Berlin
    Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gilt als einer der besten Redner im Bundestag (imago / Christian Thiel)
    Wolfgang Kubickis größter Fan heißt Wolfgang Kubicki - kaum ein Politiker im Berliner Regierungsviertel provoziert so gern und scharf mit Worten wie der FDP-Politiker aus dem hohen Norden - und so kündigte er vor seinem Wechsel nach Berlin vor einem halben Jahr an: "Ich freu mich darauf, den Deutschen Bundestag aufzumischen und ein bisschen mehr Schwung in die Bude zu bringen."
    Der Schwung gleicht nun einem Bumerang - ausgelöst durch ein Zeitungsinterview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dort hatte Kubicki auf die rechte Gewalt in Chemnitz reagiert und wörtlich erklärt: "Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen in dem Satz 'Wir schaffen das' von Kanzlerin Angela Merkel."
    Nahles empört
    SPD-Chefin Andrea Nahles ist empört. "Ich finde das wirklich eine unglaubliche Einlassung eines, wie wir alle wissen, gestandenen Politikers, der genau wissen muss, dass Frau Merkel mit diesen Vorkommnissen rein gar nichts zu tun hat", sagte Nahles dem Fernsehsender RTL.
    Kubicki konterte daraufhin, die Parteichefin solle sich lieber um den Wiederaufbau der Sozialdemokratie kümmern. Doch für Nahles geht es um mehr. Kubickis Äußerungen gegen Merkel sind aus ihrer Sicht unvereinbar mit seinem Amt: "Also das ist der Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Er hat sich auch in keiner Weise von dem rechten Mob da distanziert, und das wird sicherlich im Ältestenrat des Deutschen Bundestages von uns zur Sprache gebracht werden."
    "Der eine Satz mit der Wurzel ist einer, in einer sehr großen Äußerung, und er ist ganz am Schluss", hält Nicola Beer dagegen, im Interview mit dem Hessischen Rundfunk. Zuvor hatte die FDP-Generalsekretärin ihrem Parteifreund schon Schützenhilfe geleitet und getwittert: "Wo er Recht hat, hat er Recht." Das, so erklärt Beer, habe sie über Kubicki geschrieben, "weil er erst einmal sehr harte Worte gegen diese Randale, gegen den Mob gefunden hat".
    Kritik aus der FDP an Kubicki
    Kubicki hat die betreffende, recht lange Passage seines Interviews inzwischen auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Zuvor hatte er sich beklagt, dass er verkürzt dargestellt worden sei. Doch selbst Parteifreunde überzeugt das nicht. Kritik kommt von FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sowie von Ria Schröder, Vorsitzende der Jungen Liberalen. Auch Parteichef Christian Lindner geht auf Distanz zu Kubicki, allerdings ohne ihn namentlich zu nennen.
    Andererseits hat sich der Liberale in den letzten Monaten auch Ansehen erworben, weil er als Vizepräsident des Bundestags immer wieder mal scharf gegen Ausfälle der AfD angeht: "Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollege. Zunächst einmal möchte ich mich bei meiner Fraktion bedanken, dass sie mir die Gelegenheit gibt, frei von präsidialer Zurückhaltung in die politische Debatte einzugreifen, und das auch noch zu einem AfD-Antrag, weil es sich um einen Antrag von intellektueller Erbärmlichkeit handelt."
    Das war im Februar. Aktuell gerät die AfD erneut in die Kritik. Gegenüber der "Welt" spricht Fraktionschef Alexander Gauland mit Blick auf die Gewalt in Chemnitz von "Selbstverteidigung". Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, kritisiert das im Bayerischen Rundfunk: "Wenn Menschen das Recht in die eigene Hand nehmen, dann gilt das Recht des Stärkeren, und das hat noch keinem Land gutgetan."
    Gerade aus den Reihen der AfD werde "wirklich gehetzt" sagt Bedford-Strohm. Deshalb gelte: "Wenn Menschen etwa die AfD wählen, dann müssen sie wissen, dass sie Legitimität Kräften gehen, die ganz nach rechts außen positioniert sind, die Nazi-Parolen vertreten, die Dinge sagen, die glücklicherweise in Deutschland in den letzten Jahrzehnten eben nicht salonfähig waren. Das muss so bleiben."