Jochen Fischer: Guten Morgen, Frau Flach!
Ulrike Flach: Guten Morgen, Herr Fischer!
Fischer: Ja, wozu brauchen wir denn nun die Forschung an embryonalen Stammzellen überhaupt?
Flach: Wir haben es hier mit einer Forschung zu tun, die sich noch im Grundlagenbereich befindet. Das ist nicht so, als ob wir sagen könnten jetzt, heute wird geforscht und morgen haben wir ein Ergebnis. Aber wir haben eine berechtigte Chance anzunehmen, dass wir hier wirklich in mittlerer Frist, spätestens, sagen wir mal, in sieben, acht Jahren die Möglichkeit haben werden, auch in eine mehr anwendungsnähere Form hineinzugehen, und damit würden wir dann Menschen helfen, die eben sehr schwere Krankheiten haben.
Fischer: Es heißt ja, diese Diskussion treffe das Problem überhaupt nicht, weil man mittlerweile gar keine embryonalen Stammzellen mehr brauche. Es gebe schließlich Alternativen, zum Beispiel adulte Stammzellen.
Flach: Ja, das ist eine etwas begrenzte Sicht der Dinge. Wir haben ja gestern oder vorgestern noch ein Schreiben von 17 Spitzenwissenschaftlern aus aller Welt bekommen, unter anderem auch von Herrn Professor Jaenisch, der ja mit zu den Forschern gehört, die bereits schon sehr weit sind auf dem Weg zu der Nutzung von adulten Stammzellen, die uns dringend auffordern, weiter embryonale Stammzellforschung in Deutschland zuzulassen. Einfach weil man diese Stammzellform braucht, um zu vergleichen und dann langfristig wirklich bei den adulten, denjenigen, die ethisch aus Sicht vieler Menschen viel einfacher zu handhaben sind, weil sie eben nicht mit dem embryonalen Teil der Zellen umgehen, damit man dann dorthin kommen kann. Aber klare Aussage dieser Wissenschaftler ist, wir brauchen zum jetzigen Zeitpunkt noch die embryonale Stammzelle.
Fischer: Andererseits ist es so, Sie haben es angesprochen, es gibt Grundlagenforschung. Es wird schon lange geforscht, viele Jahre daran, gewünschte Ergebnisse sind bisher nicht gebracht worden. Brauche man doch eigentlich an der Schraube der Stichtagsregelung gar nicht zu drehen?
Flach: Die jetzigen Stammzellen, die die deutschen Forscher haben, sind von einer solchen Beschaffenheit, dass sie nie, wenn man dann das Stadium der Grundlagenforschung verlassen würde, wirklich im klinischen Stadium eingesetzt werden könnten. Sie sind verunreinigt, sie sind auch qualitativ schlecht, so dass die Forscher zu Recht sagen, bitte lasst uns mit Stammzellen arbeiten, die überall auf der Welt von anderen Forschern eingesetzt werden können, nur hier eben in Deutschland nicht, damit wir überhaupt eine Chance haben, sie in der Praxis auch einzusetzen.
Fischer: Die Frage war ja, der Stichtag kann ja verschoben werden, das ist ja wohl einer der Anträge, auf den 1. Mai 2007. Damit hätte man ja wieder eine ganze Reihe neuer Stammzelllinien?
Flach: Wir halten das ethisch für zumindest hinterfragbar, denn entweder man ist dagegen, oder man ist nicht dagegen. Hier versucht man, sozusagen durch die Hintertür eine Liberalisierung herbeizuführen. Andererseits glauben wir auch, dass wir in zwei Jahren dann wieder eine erneute Debatte haben. Denn diese Forschung bewegt sich sehr schnell voran, und das Verschieben gibt ein bisschen Luft, aber es ist nicht die endgültige klare und eindeutige Lösung.
Fischer: Gegen die Freigabe der Stammzellforschung gibt es ja auch moralisch-ethische Einwände. Wie gehen Sie damit um?
Flach: Wir gehen damit sehr bewusst um. Wir wissen, dass vielen Menschen es sehr schwer fällt, sich vorzustellen, dass an embryonalen Stammzellen geforscht wird. Aber wir sagen, wir haben es ja hier mit einem Stadium zu tun, das ist die befruchtete Eizelle. Sie ist fünf bis sieben Tage alt. In dieser Zeit wird in Deutschland zum Beispiel ja auch die Pille danach eingesetzt oder die Spirale, also andere empfängnisverhütende Mittel. Wir sagen, da kann nicht der gleiche Schutz gelten wie für den Embryo im Mutterleib. Und deswegen sagen wir an dieser Stelle, müssen wir abwägen. Wir sind der Meinung, die Forschung muss hier eine Chance haben, etwas für Krankheiten zu tun, etwas in Richtung der Lösung von Krankheitsfragen. Deswegen gehen wir hier an dieser Stelle wirklich so weit und sagen, hier kann geforscht werden.
Fischer: Sie haben eine andere Definition der Würde des beginnenden Lebens?
Flach: Nicht eine andere Definition der Würde, sondern wir sagen, wir haben in Deutschland jetzt schon eine Gesetzgebung, die hier den Eingriff ermöglicht, die beiden Fälle, die ich gerade nannte, oder aber auch Abtreibungen, sind auch jetzt schon in Deutschland möglich zu diesem Zeitpunkt. Und da muss ich abwägen und sagen, nein, an der Stelle kann ich dann eben auch Forschung erlauben. Dafür steigt dann der Lebensschutz später an, sobald der Embryo im Mutterleib ist, ist der 100 Prozent geschützt. Ich selbst bin übrigens auch ein erklärter Gegner von Spätabtreibungen. Man muss es so betrachten, entlang des Weges der Gesetzgebung, wie er jetzt auch in Deutschland schon üblich ist, dann kann ich es zulassen vor dem großen Ziel, dass ich wirklich der Ethik des Heilens helfen kann an dieser Stelle.
Fischer: Sie sprechen es an, die Ethik des Heilens. Würde es den Wissenschaftlern denn nicht helfen, wenn sie klare, ethisch-moralische Vorschriften bekämen, die sich dann auch im Gesetz niederschlagen?
Flach: Die sind ja auch jetzt schon. Deswegen haben wir immer die Meinung vertreten, der Stichtag als solcher ist eigentlich unnötig. Wir haben jetzt schon eine sichere Barriere gegen Missbrauch. Wir haben eine starke Regulierung. Wir haben das Robert Koch-Institut. Wir haben eine zentrale Ethikkommission. All dieses ist jetzt ja der Fall. Und wir glauben, wir haben eine wirklich exzellente Gesetzgebung an dieser Stelle, so dass wir uns darauf verlassen können, dass die Forscher hier wirklich auf hohem, auch ethischem Niveau arbeiten können.
Fischer: Sie haben ja schon herumgefragt und gewisse Unterstützung erhalten. Wie hoch ist die Zahl derjenigen Abgeordneten, die Ihre Position vertreten?
Flach: Wir haben ja schon im Februar die Liste schließen müssen. Alle haben das ja dann geschlossen. Damals hatten wir 100 Unterstützer, ungefähr 50 FPDler und 50 aus der CDU, SPD und 2 von den Linken. Wir gehen aber davon aus, dass wir darüber hinaus natürlich noch weitere Unterstützer bekommen. (Berichterstattung über Grundsatzdebatte)
Fischer: Ihrer Einschätzung nach, in dieser Legislaturperiode wird es ja zu Ihrem Antrag nicht reichen. Wird die Verwendung embryonaler Stammzellen für die Forscher in Deutschland in Zukunft freigegeben werden?
Flach: Wir hoffen natürlich, Herr Fischer, dass es reicht für unseren Antrag. Aber ich bin generell optimistisch, dass wir den liberaleren Weg gehen. Ich werde meiner Gruppe empfehlen, falls der Bundestag sagt, nein, die völlige Abschaffung des Stichtages wollen wir nicht, werde ich meiner Gruppe empfehlen, für eine Verschiebung zu stimmen. Und dann haben wir zumindest etwas Luft gewonnen. Das ist immerhin noch ein besserer Weg, als wenn wir ganz stehen bleiben würden.
Fischer: Ulrike Flach von der FPD plädiert für die Abschaffung des Stichtages für die Forschung an embryonalen Stammzellen. Vielen Dank, Frau Flach.
Flach: Gern geschehen.
Ulrike Flach: Guten Morgen, Herr Fischer!
Fischer: Ja, wozu brauchen wir denn nun die Forschung an embryonalen Stammzellen überhaupt?
Flach: Wir haben es hier mit einer Forschung zu tun, die sich noch im Grundlagenbereich befindet. Das ist nicht so, als ob wir sagen könnten jetzt, heute wird geforscht und morgen haben wir ein Ergebnis. Aber wir haben eine berechtigte Chance anzunehmen, dass wir hier wirklich in mittlerer Frist, spätestens, sagen wir mal, in sieben, acht Jahren die Möglichkeit haben werden, auch in eine mehr anwendungsnähere Form hineinzugehen, und damit würden wir dann Menschen helfen, die eben sehr schwere Krankheiten haben.
Fischer: Es heißt ja, diese Diskussion treffe das Problem überhaupt nicht, weil man mittlerweile gar keine embryonalen Stammzellen mehr brauche. Es gebe schließlich Alternativen, zum Beispiel adulte Stammzellen.
Flach: Ja, das ist eine etwas begrenzte Sicht der Dinge. Wir haben ja gestern oder vorgestern noch ein Schreiben von 17 Spitzenwissenschaftlern aus aller Welt bekommen, unter anderem auch von Herrn Professor Jaenisch, der ja mit zu den Forschern gehört, die bereits schon sehr weit sind auf dem Weg zu der Nutzung von adulten Stammzellen, die uns dringend auffordern, weiter embryonale Stammzellforschung in Deutschland zuzulassen. Einfach weil man diese Stammzellform braucht, um zu vergleichen und dann langfristig wirklich bei den adulten, denjenigen, die ethisch aus Sicht vieler Menschen viel einfacher zu handhaben sind, weil sie eben nicht mit dem embryonalen Teil der Zellen umgehen, damit man dann dorthin kommen kann. Aber klare Aussage dieser Wissenschaftler ist, wir brauchen zum jetzigen Zeitpunkt noch die embryonale Stammzelle.
Fischer: Andererseits ist es so, Sie haben es angesprochen, es gibt Grundlagenforschung. Es wird schon lange geforscht, viele Jahre daran, gewünschte Ergebnisse sind bisher nicht gebracht worden. Brauche man doch eigentlich an der Schraube der Stichtagsregelung gar nicht zu drehen?
Flach: Die jetzigen Stammzellen, die die deutschen Forscher haben, sind von einer solchen Beschaffenheit, dass sie nie, wenn man dann das Stadium der Grundlagenforschung verlassen würde, wirklich im klinischen Stadium eingesetzt werden könnten. Sie sind verunreinigt, sie sind auch qualitativ schlecht, so dass die Forscher zu Recht sagen, bitte lasst uns mit Stammzellen arbeiten, die überall auf der Welt von anderen Forschern eingesetzt werden können, nur hier eben in Deutschland nicht, damit wir überhaupt eine Chance haben, sie in der Praxis auch einzusetzen.
Fischer: Die Frage war ja, der Stichtag kann ja verschoben werden, das ist ja wohl einer der Anträge, auf den 1. Mai 2007. Damit hätte man ja wieder eine ganze Reihe neuer Stammzelllinien?
Flach: Wir halten das ethisch für zumindest hinterfragbar, denn entweder man ist dagegen, oder man ist nicht dagegen. Hier versucht man, sozusagen durch die Hintertür eine Liberalisierung herbeizuführen. Andererseits glauben wir auch, dass wir in zwei Jahren dann wieder eine erneute Debatte haben. Denn diese Forschung bewegt sich sehr schnell voran, und das Verschieben gibt ein bisschen Luft, aber es ist nicht die endgültige klare und eindeutige Lösung.
Fischer: Gegen die Freigabe der Stammzellforschung gibt es ja auch moralisch-ethische Einwände. Wie gehen Sie damit um?
Flach: Wir gehen damit sehr bewusst um. Wir wissen, dass vielen Menschen es sehr schwer fällt, sich vorzustellen, dass an embryonalen Stammzellen geforscht wird. Aber wir sagen, wir haben es ja hier mit einem Stadium zu tun, das ist die befruchtete Eizelle. Sie ist fünf bis sieben Tage alt. In dieser Zeit wird in Deutschland zum Beispiel ja auch die Pille danach eingesetzt oder die Spirale, also andere empfängnisverhütende Mittel. Wir sagen, da kann nicht der gleiche Schutz gelten wie für den Embryo im Mutterleib. Und deswegen sagen wir an dieser Stelle, müssen wir abwägen. Wir sind der Meinung, die Forschung muss hier eine Chance haben, etwas für Krankheiten zu tun, etwas in Richtung der Lösung von Krankheitsfragen. Deswegen gehen wir hier an dieser Stelle wirklich so weit und sagen, hier kann geforscht werden.
Fischer: Sie haben eine andere Definition der Würde des beginnenden Lebens?
Flach: Nicht eine andere Definition der Würde, sondern wir sagen, wir haben in Deutschland jetzt schon eine Gesetzgebung, die hier den Eingriff ermöglicht, die beiden Fälle, die ich gerade nannte, oder aber auch Abtreibungen, sind auch jetzt schon in Deutschland möglich zu diesem Zeitpunkt. Und da muss ich abwägen und sagen, nein, an der Stelle kann ich dann eben auch Forschung erlauben. Dafür steigt dann der Lebensschutz später an, sobald der Embryo im Mutterleib ist, ist der 100 Prozent geschützt. Ich selbst bin übrigens auch ein erklärter Gegner von Spätabtreibungen. Man muss es so betrachten, entlang des Weges der Gesetzgebung, wie er jetzt auch in Deutschland schon üblich ist, dann kann ich es zulassen vor dem großen Ziel, dass ich wirklich der Ethik des Heilens helfen kann an dieser Stelle.
Fischer: Sie sprechen es an, die Ethik des Heilens. Würde es den Wissenschaftlern denn nicht helfen, wenn sie klare, ethisch-moralische Vorschriften bekämen, die sich dann auch im Gesetz niederschlagen?
Flach: Die sind ja auch jetzt schon. Deswegen haben wir immer die Meinung vertreten, der Stichtag als solcher ist eigentlich unnötig. Wir haben jetzt schon eine sichere Barriere gegen Missbrauch. Wir haben eine starke Regulierung. Wir haben das Robert Koch-Institut. Wir haben eine zentrale Ethikkommission. All dieses ist jetzt ja der Fall. Und wir glauben, wir haben eine wirklich exzellente Gesetzgebung an dieser Stelle, so dass wir uns darauf verlassen können, dass die Forscher hier wirklich auf hohem, auch ethischem Niveau arbeiten können.
Fischer: Sie haben ja schon herumgefragt und gewisse Unterstützung erhalten. Wie hoch ist die Zahl derjenigen Abgeordneten, die Ihre Position vertreten?
Flach: Wir haben ja schon im Februar die Liste schließen müssen. Alle haben das ja dann geschlossen. Damals hatten wir 100 Unterstützer, ungefähr 50 FPDler und 50 aus der CDU, SPD und 2 von den Linken. Wir gehen aber davon aus, dass wir darüber hinaus natürlich noch weitere Unterstützer bekommen. (Berichterstattung über Grundsatzdebatte)
Fischer: Ihrer Einschätzung nach, in dieser Legislaturperiode wird es ja zu Ihrem Antrag nicht reichen. Wird die Verwendung embryonaler Stammzellen für die Forscher in Deutschland in Zukunft freigegeben werden?
Flach: Wir hoffen natürlich, Herr Fischer, dass es reicht für unseren Antrag. Aber ich bin generell optimistisch, dass wir den liberaleren Weg gehen. Ich werde meiner Gruppe empfehlen, falls der Bundestag sagt, nein, die völlige Abschaffung des Stichtages wollen wir nicht, werde ich meiner Gruppe empfehlen, für eine Verschiebung zu stimmen. Und dann haben wir zumindest etwas Luft gewonnen. Das ist immerhin noch ein besserer Weg, als wenn wir ganz stehen bleiben würden.
Fischer: Ulrike Flach von der FPD plädiert für die Abschaffung des Stichtages für die Forschung an embryonalen Stammzellen. Vielen Dank, Frau Flach.
Flach: Gern geschehen.