Donnerstag, 25. April 2024

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Medienkompetenz der Ü50-Generationen
Eine Frage des Alters?

Die Frage, wie gegen Desinformationen vorgegangen werden kann, beschäftigt Politik, Wissenschaft und Medien seit Jahren – und besonders deutlich zeigt sich das Problem in der Corona-Pandemie. Sind Ältere hier besonders anfällig und wie kann Medienkompetenz gestärkt werden?

Alexander Sängerlaub im Gespräch mit Bettina Köster / Text: Sören Brinkmann | 05.01.2022
Eine ältere Frau und ein älterer Mann sitzen auf einer Holzbank und blicken auf ihre Smartphones
Ein älteres Paar bei seiner Mediennutzung (imago/ Juan Alberto Ruiz)
Das Smartphone ist immer mit dabei, die Kommunikation über Soziale Netzwerke gehört zum Alltag. Und dabei werden auch ungeprüft Texte, Bilder oder Videos weitergeleitet, ohne auf die Glaubwürdigkeit des Inhalts zu achten.
Doch entgegen mancher Klischees pflegen nicht nur Jugendliche und junge Erwachsene teilweise einen unkritischen Umgang mit Medien. Auch in den Ü50-Generationen fehlt es oft an der richtigen Einschätzung – welche Quellen sind vertrauenswürdig, wie unterscheide ich zwischen Nachrichten und Marketing bzw. Werbung und wo beginnt Desinformation?

Alter spielt eine wesentliche Rolle

Laut einer Untersuchung, die die Stiftung Neue Verantwortung im März 2021 veröffentlicht hat, spielt das Alter eine wesentliche Rolle bei der Frage, wie kritisch und differenziert Medien als Informationsquelle genutzt werden: "Mit dem Alter sinkt die digitale Nachrichtenkompetenz: Je älter, desto geringer die Kompetenzwerte. Oder umgekehrt: Je jünger, desto kompetenter." Darüber hinaus ist aber auch der formale Bildungsgrad von entscheidender Bedeutung.
"Wir haben ein generelles Problem mit der Informations- und Nachrichtenkompetenz", sagt der Mit-Autor der Studie, Alexander Sängerlaub.
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Ein Mann tippt auf seinem iPhone (picture alliance/dpa)
Ein wichtiges Thema sei die Medienbildung, bei der Ältere jetzt stärker in den Blick genommen werden müssten, erklärte der Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt, Jochen Fasco im Deutschlandfunk. "Medienbildung müssen alle können. Das ist wie schreiben, rechnen, lesen mittlerweile – und natürlich: den Älteren fällt das ganz einfach schwerer."
Fasco leitet seit 2007 die Landesmedienanstalt in Thüringen und er ist im Zusammenschluss der Medienanstalten in Deutschland auch zuständig für die Bereiche Medienkompetenz sowie Nutzer- und Jugendschutz.

Soziale Medien gewinnen an Bedeutung

Generell zeigt sich, dass sich die Mediennutzung in allen Altersgruppen deutlich verändert hat und die Sozialen Medien auch für die Verbreitung von Nachrichten wichtiger werden (Facebook 18%, WhatsApp 17%, Youtube 16%). Das zeigen die Ergebnisse der Reuters-Studie 2021.
Facebook steht besonders im Fokus und wird von den 50- bis 69-Jährigen am häufigsten genutzt. Die jüngsten Nutzerinnen und Nutzer sind hingegen eher auf Instagram oder Snapchat unterwegs.

Medienkompetenz durch Dialog

"Wir Medienanstalten kümmern uns jetzt deutlich stärker in den letzten Jahren um Eltern und Ältere", so Jochen Fasco im Deutschlandfunk, der hier einen besonderen Bedarf sieht.
Wie die Kompetenz im Umgang mit Medien gestärkt werden kann, bezeichnete Fasco als "die Millionen-Dollar-Frage". Für ihn steht die Dialogbereitschaft im Mittelpunkt: Die Vermittlung passiere "wahrscheinlich über Dialoge, über Gespräche, über Diskussion, die am Abendbrottisch in der Familie stattfinden, wo die Jüngeren vielleicht sogar die Dinge, die sie in Schule erfahren haben, mit den Älteren besprechen".
Studien-Autor Alexander Sängerlaub macht deutlich, dass es eine große Herausforderung ist, Falschmeldungen als solche zu erkennen: "Was sich verändert hat mit der Digitalisierung, ist, dass wir alle selber heute zuständig sind, herauszufinden, ob Informationen stimmen oder nicht. Wir müssten eigentlich alle viel mehr diese journalistischen Kompetenzen haben", so Sängerlaub im Deutschlandfunk.