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Feuer in Flüchtlingslager
Behörden auf Lesbos befürchten erneute Eskalation

Nach dem Brand in dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos spitzt sich die Lage zu. Die Situation könne jederzeit wieder eskalieren, warnte Bürgermeister Spyros Galinos. 3.000 Menschen wurden durch das Feuer obdachlos. Mehrere Männer wurden im Zusammenhang mit dem Brand festgenommen.

20.09.2016
    Flüchtlinge stehen im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos nach dem Brand.
    Flüchtlinge stehen im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos nach dem Brand. (AFP / LOUISA GOULIAMAKI)
    Hunderte Bewohner kehrten am Dienstag in das Lager zurück. Im von den Flammen verschonten Teil bildeten sich lange Schlangen vor der Essensausgabe. Von den umliegenden Hügeln strömten Menschen, die am Montagabend vor den Flammen geflohen waren.
    Ersten Erkenntnissen zufolge hatten Flüchtlinge und Migranten an verschiedenen Stellen Feuer gelegt, so dass der sogenannte Hotspot zu mehr als 60 Prozent zerstört wurde. Verletzt wurde niemand. Das Lager soll nach Regierungsangaben so schnell wie möglich wieder aufgebaut werden. Familien sollen so lange in einem anderen Lager auf Lesbos untergebracht werden.
    Eine Frau mit einem Kind auf dem Arm läuft, hinter ihr oranges Licht wie von einem Feuer.
    Tausende Flüchtlinge mussten das Lager auf Lesbos nach dem Feuer verlassen. (dpa/picture alliance/EPA/Stratis Balaskas)
    Allerdings hielten sich am Dienstag weiterhin viele der bisher 4.000 Bewohner versteckt. Sie wollen damit einer möglichen Abschiebung in die Türkei entgehen, berichten Medien. Die griechische Polizei nahm neun Flüchtlinge und Migranten fest. Die Männer aus Afghanistan, Kamerun, Senegal und Syrien stehen im Verdacht, für die Brandstiftung und der Ausbruch der Krawalle inner- und außerhalb des Hotspots verantwortlich zu sein, berichtete die Athener Tageszeitung "Kathimerini".
    Gouverneurin fordert Evakuierung
    Bürgermeister Spyros Galinos sagte, angesichts des überfüllten Lagers sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis so etwas passiere. "Wenn die Situation nicht umgehend entschärft wird, werden wir sicher wieder neue, noch schlimmere Vorfälle erleben."
    Die Regionalgouverneurin Christiana Kalogirou forderte von der Regierung, Flüchtlinge auf das Festland zu bringen. Sie habe die Behörden mehrfach gewarnt, dass die Inseln gefährlich überfüllt seien.
    Angst vor der Abschiebung in die Türkei
    Mehr als 60.000 Migranten und Flüchtlinge halten sich derzeit in Griechenland auf. Alle, die nach dem 20. März auf den fünf Ägäis-Inseln ankamen, müssen dort bleiben. Das sieht das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei vor. Demnach muss die Türkei die dort angekommenen Flüchtlinge zurücknehmen. Bislang wurden jedoch nur 502 Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt, während tägliche weitere Menschen in Griechenland ankommen.
    Selbstgezimmertes Toilettenhaus im Flüchtlingscamp auf Lesbos
    Selbstgezimmertes Toilettenhaus im Flüchtlingscamp auf Lesbos - Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Lage in den Lagern immer wieder. (Deutschlandradio - Panajotis Gavrilis)
    Um ihre unmittelbare Abschiebung zu verhindern, stellen zudem nahezu alle Neuankömmlinge einen Asylantrag in Griechenland. Die griechischen Behörden sind mit der Bearbeitung der Anträge überfordert. In der Zwischenzeit sitzen die Flüchtlinge in den Lagern fest.
    Das Lager Moria gehört zu den größten des Landes. Menschenrechtsgruppen kritisierten in der Vergangenheit immer wieder die prekären Verhältnisse in den griechischen Aufnahmezentren, besonders auf Lesbos und anderen Ägäis-Inseln. So leben auf insgesamt fünf griechischen Inseln mehr als 13.000 Flüchtlinge, obwohl die Einrichtungen nur für knapp 8.000 Menschen ausgelegt sind.
    (hba/tgs)