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Flüchtlinge
Retter auf dem Mittelmeer im Dauereinsatz

Trotz des Todes Hunderter Menschen reißt der Flüchtlingsstrom auf dem Mittelmeer nicht ab. Allein an diesem Wochenende retteten Italien und Griechenland Tausende. Dennoch starben mindestens zehn Flüchtlinge. Auch die deutsche Marine will bald helfen.

Von Tilmann Kleinjung | 04.05.2015
    Überfülltes Boot mit afrikanischen Flüchtlingen vor der Küste Libyens
    Überfülltes Boot mit afrikanischen Flüchtlingen - Aufnahme aus dem Jahr 2009. (picture alliance / EPA / STR )
    Die Retter der italienischen Marine sowie von Küstenwache und privaten Handelsschiffen sind in diesen Stunden im Dauereinsatz. Immer neue Notrufe erreichen die Einsatzzentrale in Rom, allein am Samstag zählte die Küstenwache 17 Seenotrettungseinsätze.
    Der italienische Fernsehsender RAI begleitete ein Boot der Küstenwache und filmte die Rettung eines Kutters in Seenot: Die Polizisten versuchen das Boot zu vertauen und verteilen Schwimmwesten. Immer wieder rufen die Helfer den Flüchtlingen zu: "Sit down" - hinsetzen. Denn nichts ist gefährlicher im Moment der Rettung als Panik.
    Vor zwei Wochen kenterte ein Boot mit etwa 800 Menschen an Bord während der Rettung durch ein Handelsschiff, nur 27 Personen überlebten. Auch an diesem Wochenende kam es während der Rettungsmaßnahmen zu dramatischen Szenen: Als ein Schlepper etwa 35 Seemeilen vor der Nordwestküste Libyens einem Flüchtlingsboot zur Hilfe kam, stürzten sich drei Menschen ins Wasser, um den Rettern entgegen zu schwimmen und ertranken.
    Die Opfer eines Massenexodus
    Und nicht immer kommt die Hilfe rechtzeitig: Das Handelsschiff "Prince 1" nahm 45 Seemeilen nordöstlich von Tripolis 105 Menschen von einem Schlauchboot an Bord. Drei der Flüchtlinge waren da bereits tot, sie hatten die Strapazen der Reise nicht überlebt. Im selben Gebiet konnte ein weiterer Frachter vier Flüchtlinge ebenfalls nur noch tot bergen. Die Opfer eines Massenexodus.
    Bei gutem Wetter und geschätzt hunderttausenden Flüchtlingen an der libyschen Küste setzen die Schlepper vermehrt motorisierte Schlauchboote ein, die kaum in der Lage sind, die Ufer Siziliens und Lampedusas zu erreichen.
    "Kein Verständnis dafür, dass das Mittelmeer kein Todesmeer werden darf"
    Italienische Marine, Küstenwache und private Handelsschiffe haben an diesem Wochenende mindestens 6.300 Menschen gerettet. Auch ein französisches Boot der EU-Operation "Triton" war an den Einsätzen beteiligt. Das ist zu wenig Unterstützung, sagt Italiens Ex Premier Enrico Letta.
    "Ich nehme zur Kenntnis, dass bei diesem Thema die Staaten Europas, vor allem Mittel- und Nordeuropas nicht verstehen, dass man bei der Seenotrettung ein anderes Verhalten an den Tag legen muss. Das ist dieselbe ablehnende Haltung wie 2013. Es gibt kein Verständnis dafür, dass das Mittelmeer kein Todesmeer werden darf."
    Zumindest bei der Bundesregierung scheint ein Umdenken eingesetzt zu haben. Die deutsche Marine hat die Fregatte "Hessen" und das Versorgungsschiff "Berlin" ins Mittelmeer beordert. Die beiden Schiffe erreichten gestern Vormittag die griechische Insel Kreta: Dort nehmen sie Hilfsgüter wie Decken und Verpflegung auf und werden mit Sanitätspersonal und Dolmetschern verstärkt. Sie sollen, so ein Sprecher der Marine, schnellst möglich auslaufen. Ziel des humanitären Einsatzes ist voraussichtlich das Mittelmeer vor der Küste Libyens.