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Flüchtlingsgipfel
Kommunen pochen auf mehr Unterstützung

Etwa 450.000 Flüchtlinge dürfte es dieses Jahr in Deutschland geben. Bund und Länder wollen heute auf einem Treffen in Berlin beraten, wie Länder und Kommunen bei Unterbringung und Integration der wachsenden Zahl von Asylbewerbern entlastet werden können. Die Bundesregierung hat signalisiert, sich demnächst dauerhaft an den Kosten zu beteiligen.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 18.06.2015
    Flüchtlinge stehen in einem Gang in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge am 17.04.2015 in Schneeberg (Sachsen)
    Die hilfesuchenden Flüchtlinge kommen vor allem aus Syrien, Afrika und vom Balkan. (picture alliance / dpa / Peter Endig)
    Gerd Landsberg hat klare Vorstellungen, was er sich von der Bundesregierung erwartet. Um Flüchtlinge in Deutschland besser zu integrieren, brauchen die Kommunen mehr Hilfe, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes: "Wir erwarten eine volle Kostenerstattung für Unterbringung, Sprachschulung, Versorgung, Gesundheitskosten, Kindergarten, Schule und was dazu gehört. Das ist auch wichtig für die Akzeptanz, sonst kriegen wir die Diskussion vor Ort - Kindergarten oder Flüchtlingsunterkunft - und wir müssen schon werben um die Akzeptanz. Das ist nicht überall einfach. Deutschland muss das auch wollen."
    Bundesregierung doch zu Paradigmenwechsel bereit
    Seit dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern vorige Woche stehen die Zeichen allerdings auf Verständigung. "Wir stoßen an Grenzen, aber das kriegen wir hin", hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière, CDU, kurz nach dem Treffen mit den Ministerpräsidenten erklärt. Statt über zwei Jahre verteilt sollen die Länder nun schon bis Ende dieses Jahres die volle Summe von einer Milliarde Euro erhalten. Und, das ist entscheidend: Die Bundesregierung ist jetzt doch zu einem lange von den Ländern geforderten Paradigmenwechsel bereit: "Ab nächstem Jahr wollen wir dann dauerhaft und strukturell - das ist wirklich eine qualitative Veränderung - uns an den Kosten beteiligen als Bund. Wie genau, werden wir im Herbst entscheiden."
    Auf geschätzt 450.000 Flüchtlinge dürfte die Zahl in Deutschland in diesem Jahr ansteigen, die Hilfesuchenden kommen aus Syrien, Afrika oder vom Balkan – gegen letztere so genannte Armutsflüchtlinge gibt es allerdings Vorbehalte. "Wir haben in den ersten Monaten dieses Jahres mehr als 50 Prozent Flüchtlinge aus Staaten bekommen, die derzeit Anträge zur Aufnahme in die Europäische Union stellen, aus dem Westbalkan. Ehrlich gesagt: Es gibt keine Begründung dafür, dass Länder, die auf dem Schritt sind, Mitglied zu werden in der Europäischen Union, in Deutschland Asylanträge stellen", sagt der Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel.
    Städte- und Gemeindebund: Asylanträge endlich schneller bearbeiten
    Entscheidend, das betonen Landes-, Kommunal- und Bundespolitiker unisono, sei jetzt, sich um jene Menschen zu kümmern, die schon da seien; sei es bei Arztbesuchen, Wohnungen oder Sprachkursen. Und, so fordert der Städte- und Gemeindebund-Geschäftsführer, Landsberg, Asylanträge müssten endlich schneller bearbeitet werden: "Wir wollen, dass die Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben und erst wenn über den Asylantrag entschieden ist, auf die Kommune verteilt werden, dann in der Kommune sofort Sprachschulung, Integration und auch die Arbeitsmöglichkeit beginnt."
    Zudem sollen junge Flüchtlinge, die in Deutschland einen Ausbildungsplatz gefunden haben, ein Bleiberecht erhalten. Das rot-grün regierte Niedersachsen geht hier voran, und auch auf Bundesebene befürwortet die SPD einen Abschiebestopp für Flüchtlings-Azubis. Die Union ist dagegen skeptisch und befürchtet, dass eine Bleiberechts-Reform ein zusätzlicher Anreiz zur Flucht aus den Herkunftsländern sein könnte.