
Beim Thema Flucht und Vertreibung müsse es darum gehen, ein "öffentliches Gedächtnis" herzustellen, so Draesner im Interview. "Wir sind gefragt, uns damit auseinanderzusetzen und uns noch einmal klar zu machen: Wie gehen wir mit dem Teil der Geschichte um?"
Dabei müssten auch Schwierigkeiten genannt werden dürfen, beispielsweise wie es war, nach dem Zweiten Weltkrieg mit Menschen konfrontiert zu sein, die aus den Ostgebieten des nationalsozialistischen Reiches kamen und eine andere Sprache sprachen und andere Religion hatten. Lange sei diese Auseinandersetzung zur Seite geschoben worden, über die Erfahrungen in den Familien nicht gesprochen worden.

"Hilfsmaßnahmen möglichst frei von Erniedrigungen"
In der aktuellen Situation sei es deshalb wichtig, zu wissen, wie stark Traumatisierungen bei den Menschen weiterwirken, so Draesner. Man müsse über langfristige Maßnahmen nachdenken, denn: Die Folgen der aktuellen Situation würden "viele Jahre dauern, wenn nicht Generationen".
Aktuell wünsche sie sich "konkrete Hilfsmaßnahmen möglichst frei von Erniedrigungen" und Deutschland "einen langen Atem". Das sei es, was die Flüchtlinge brauchen.
Mit dem Thema Krieg, Vertreibung und Flucht setzte sich Ulrike Draesner in ihrem im vergangenen Jahr veröffentlichten Roman auseinander. In "Sieben Sprünge vom Rand der Welt" schilderte sie die deutsche Geschichte anhand von vier Generationen einer Familie.
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