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Flüchtlingspolitik
Die EU setzt auf Libyen

Die EU will dafür sorgen, dass künftig weniger Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa kommen. Auf ihren Gipfel in Malta haben sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Zehn-Punkte-Plan dazu geeinigt. Eine zentrale Rolle in der Strategie spielt das Krisenland Libyen.

    Die europäischen Staats- und Regierungschefs bei EU-Gipfel in Malta (03.02.2017).
    Die europäischen Staats- und Regierungschefs bei EU-Gipfel in Malta. (AFP / Matthew Mirabelli)
    Seit der Weg über den Balkan versperrt ist und die EU ihren Pakt mit der Türkei geschlossen hat, kommen immer mehr Flüchtlinge über das zentrale Mittelmeer nach Europa. Ungefähr 180.000 waren es im vergangenen Jahr, die von dort aus in Italien ankamen - so viele wie noch nie zuvor. Die allermeisten fuhren aus Libyen ab, Tausende bezahlten die Überfahrt mit dem Leben.
    Mit ihrem Zehn-Punkte-Plan wollen die europäischen Staats- und Regierungschefs die Route von Libyen nach Italien jetzt dichtmachen - und zwar möglichst schnell. Denn wenn das Wetter im Frühjahr wieder besser wird, dürften die Flüchtlingszahlen erneut steigen. Nach Angaben von EU-Vertretern gibt es Schätzungen, wonach derzeit 300.000 bis 350.000 Flüchtlinge in Libyen auf die Überfahrt nach Europa warten.
    Merkel: "Dramatische Lage" für Flüchtlinge
    Die EU will Libyen bei Ausbau und Ausrüstung der Küstenwache unterstützen, um wirksamer gegen Schleuser und Menschenschmuggler auf der Route vorzugehen. Helfen will die EU auch, den Schutz der Landgrenzen zu Nachbarländern zu verbessern. Außerdem sollen die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge in Libyen verbessert werden.
    Die EU will internationale Organisationen dabei unterstützen, "angemessene Aufnahmekapazitäten und -bedingungen" zu schaffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, man müsse genauso vorgehen, wie es es auch mit der Türkei geschehen sei. Die Lage der Flüchtlinge in Libyen nannte sie "dramatisch".
    Gegen Flüchtlingslager in Libyen gibt es bisher bei mehreren EU-Staaten wegen der chaotischen Lage in dem nordafrikanischen Land Vorbehalte. Libyen wird trotz einer im vergangenen Jahr gebildeten Einheitsregierung in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert. Der Konfliktforscher Andreas Dittmann bezweifelte im Deutschlandfunk, dass sich die Vereinbarungen mit Libyen auch in die Tat umsetzen lassen, "weil es den Staat Libyen eigentlich gar nicht gibt."
    Kritik an Flüchtlingspakt mit Libyen
    Scharfe Kritik an der jetzt beschlossenen engeren Kooperation zwischen der EU und Libyen kommt von der Organisation Pro Asyl. Deren Geschäftsführer, Günter Burkhardt, sprach von einer "Doppelmauer gegen Schutzsuchende" und eine Verrat an den europäischen Werten: "Die hochgerüstete libysche Küstenwache auf dem Meer sowie die mit EU-Geld aufgerüstete Südgrenze Libyens sind menschenverachtend." Dadurch würden Menschen, die vor der brutalen Militärdiktatur Eritreas oder den Warlords in Somalia fliehen, außerhalb des europäischen Sichtfelds zugrunde gehen.
    Auch das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" übte Kritik.
    Flüchtlinge müssten das Recht haben, in einem sicheren Staat Asyl zu suchen, sagte die Präsidentin der Organisation, Cornelia Füllkrug-Weitzel: "Die EU darf diese Verantwortung nicht in ein Land wie Libyen, das definitiv kein sicherer Drittstaat ist, auslagern."
    Schon seit Längerem kritisieren Hilfsorganisationen zudem die schlechten Bedingungen für Flüchtlinge in Libyen. Sie würden würden unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt und misshandelt. Deutsche Diplomaten kritisierten erst vor Kurzem Menschenrechtsverstöße in privat betriebenen Flüchtlingslagern. Auch Ärzte ohne Grenzen spricht von menschenunwürdigen Bedingungen.
    (rm/hba)