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Flughafen BER
Korruptionsfall könnte Bau weiter verzögern

Der Korruptionsfall um den Ex-Technikchef Großmann beim Flughafen Berlin-Brandenburg zieht weite Kreise: Das Projekt könnte verzögert werden, Großmann ist beurlaubt, Mitarbeiter seiner Firma fürs Erste freigestellt. Verkehrsminister Dobrindt fordert den Einsatz externer Prüfer.

Von Axel Flemming | 02.06.2014
    Schild des Flughafens Berlin Brandenburg
    Die Verantwortlichen hoffen, dass die Großmann-Affäre das Projekt nicht noch weiter verzögert. (dpa / Andreas Franke)
    Der bisherige Technikchef Jochen Großmann ist beurlaubt. Die Staatsanwaltschaft prüft zwar noch, wirft ihm aber - bislang ohne seinen Namen zu nennen - Bestechlichkeit vor: Er soll 500.000 Euro von einem Unternehmen verlangt haben, damit es den Zuschlag bekommt, den Preis sollte es auf das Angebot draufsatteln. Die Compliance-Abteilung stolperte über den Vorgang, die Firma meldete sich beim Flughafen, der unterrichtete die Staatsanwaltschaft.
    Soweit alles in Ordnung, attestiert der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Aufsichtsratschef:
    "Wir haben festgestellt, dass die Flughafengesellschaft sich korrekt verhalten hat. Sie hat die Vorwürfe nicht unter den Teppich geklärt, sondern hat konsequent die Aufklärung betrieben, so wie das in solchen Fällen notwendig ist - mit der notwendigen Diskretion in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. Trotzdem hat die Gesellschaft intern natürlich einen Aufklärungsbedarf. Alle Vorgänge, mit denen Herrn Großmann beschäftigt war, werden genau überprüft, ob Vergaben durchgeführt worden sind. Und wenn ja, dass diese Vergaben auch ordnungsgemäß abgewickelt worden sind."
    Auswirkungen der Großmann-Affäre ungewiss
    Die Verantwortlichen hoffen jetzt, dass die Großmann-Affäre das Projekt nicht noch weiter verzögert. Er war Planer der neuen Brandschutzanlage und an der waren alle bisherigen Eröffnungen gescheitert, sie wollte nicht funktionieren, wurde deshalb nicht genehmigt.
    Und nach Großmanns Analyse konnte das Monster, wie die Techniker die Entrauchungsanlage im Hauptterminal nannten, auch nicht funktionieren.
    Flughafenchef Hartmut Mehdorn hofft, dass sich die Inbetriebnahme des Flughafens zeitlich nicht weiter verzögert, weil nun alle Auftragsvergaben des Ingenieurs überprüft werden sollen.
    "Es gibt einen sehr präzisen Zeitplan, der quasi tagesscharf ist. Das ist allerdings ein interner und den arbeiten wir auch ab. Und der wird auch wöchentlich in Details kontrolliert. Was wir nicht wissen heute, wie ist die Auswirkung mit dem Herrn Großmann. Es sind ja zur Zeit eine Reihe von Mitarbeitern auch nicht mehr auf der Baustelle und wir müssen sehen, wie wir sie ersetzen, kommen welche wieder? Es ist ja keine Sippenhaft, nur weil Großmann etwas gemacht hat, heißt es ja nicht, dass alle Mitarbeiter krumme Vögel sind."
    Die 15 Mitarbeiter seiner Firma Gicon am Flughafen sind vorerst freigestellt.
    Mehdorn will möglichst viele von ihnen weiter beschäftigen und hält auch an dessen Erkenntnis fest, die große Entrauchungsanlage in mehrere Abschnitte aufzuteilen.
    Taskforce mit Antikorruptionsspezialisten
    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) fordert, ein externes Controlling zu Baufortschritt, Kosten und Terminen einzurichten. Externe Experten sollten dafür "direkt und ausschließlich" an die Eigentümer Bund, Berlin und Brandenburg berichten. Das allerdings wäre Sache der Gesellschafterversammlung, die heute nicht tagte.
    Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus nannten die Sondersitzung eine Farce. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke kommentierte sie dagegen als "gut und wichtig". Der SPD-Politiker erwartet, dass die aus seiner Sicht weiter notwendigen Untersuchungen und Ermittlungen zügig und mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden.
    Die Flughafen-Gesellschaft hatte beschlossen, sämtliche Vergaben, mit denen der beurlaubte Technikchef Jochen Großmann betraut war, sollen durch eine sogenannte Taskforce untersucht werden.
    Die Taskforce setzt sich zusammen aus Flughafen-Mitarbeitern, externen Juristen, Antikorruptionsspezialisten sowie einem Vertreter von Transparency International. Sie soll bis zur nächsten regulären Aufsichtsratssitzung am 30. Juni einen Zwischenbericht vorlegen, auf dessen Grundlage der Aufsichtsrat den Fall abschließend erörtern kann.