Freitag, 19. April 2024

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Flughafen Berlin-Brandenburg
"Ein schicksalhafter Bau"

Der Flughafen Berlin-Brandenburg sei nicht nur Sinnbild für ein außer Kontrolle geratenes Großprojekt, sondern auch symptomatisch für Bauprojekte in der Gegenwart, sagte der Architekturkritiker Gerhard Matzig im Dlf. Viele Fehler hätten mit dem Bemühen zu tun, möglichst billig zu bauen.

Gerhard Matzig im Gespräch mit Änne Seidel | 18.10.2020
Das weiße Schild mit roter Schrift ist im Anschnitt im Vordergrund zu sehen. Dahinter ein Terminal von außen, vor dem wenige Autos stehen.
In Kürze wird der Flughafen Berlin-Brandenburg eröffnet (Patrick Pleul / dpa)
Man könne schon Bauten so kalkulieren, dass am Ende die Kosten auch eingehalten würden. Aber die Kosten seien oft politische Zahlen, bei denen man die Gesamtkosten niedriger ansetze, um den Wähler nicht zu verstören, sagte der Architekturkritiker Gerhard Matzig im Dlf. Das räche sich im Nachhinein. Man könne da nur sagen: "Macht euch ehrlich."
Gerhard Matzig ist Architekturkritiker bei der "Süddeutschen Zeitung" und Autor mehrerer Bücher. Matzig bemängelte, dass das Gegenteil passiere. Es würden Fantasiesummen angegeben. Ein aktuelles Beispiel dafür sei das neue Konzerthaus in München. Plötzlich habe da eine Zahl im Raum gestanden: Kosten von 400 Millionen Euro. Aber hier sei der Entwurf noch gar nicht richtig fertig und noch kein Ingenieur habe das durchkalkuliert. "Ein Minister hat sich diese Zahl ausgedacht, der hat aber keine Ahnung vom Bauen", kritisiert Gerhard Matzig.
Der Flughafen BER im Testbetrieb mit Komparsen am 15.09.2020
Flughafen Berlin-Brandenburg: Der Countdown läuft
Der Eröffnungstermin wurde immer wieder verschoben – doch jetzt nimmt der Hauptstadtflughafen BER mit jahrelanger Verspätung endlich den Betrieb auf. Manches wirkt wie von gestern, doch die Testphase verlief gut. Die Corona-Pandemie ist für den neuen Flughafen Fluch und Segen zugleich.
Es sei richtig, dass sich die Gesellschaft ihre Bauten gebe, in jeder Zeit, sich ihre Symbole schaffe. Aber das sei mit Risiko behaftet. Man müsse dieses Risiko bewusst eingehen. Man müsse das Bauen davon befreien, auf einen bestimmten Centbetrag und auf einen bestimmten Tag fertig zu werden. Man belüge bei Großprojekten die Öffentlichkeit, wenn man sage, man wisse genau, wie das ausgehe. "Diese Lüge wird dem Bauen jetzt krummgenommen."