Archiv

Förderschule
Die vielen Herausforderungen einer Inklusionslehrerin

Im Sommer startete die Sonderpädagogin Eva Hippler ihre Tätigkeit als Inklusionslehrerin an einer Förderschule in NRW. Nach drei Monaten kann sie sagen: Jeder Schultag steckt voller Herausforderungen und Pläne schmieden ist überflüssig. Vor allem in den respektvollen Umgang miteinander hat sie viel Arbeit gesteckt.

Von Friederike Müllender | 21.11.2018
    Inklusionsunterricht in der Grundschule Biersstadt, Wiesbaden
    Ein Job voller Herausforderungen: die Arbeit als Inklusionslehrerin (imago/ Michael Schick)
    "Man geht hier jeden Tag hin, und der Tag ist wie eine Wundertüte. Das macht den Job sehr spannend, aber auch sehr herausfordernd. Ich glaube, wenn man mit zu vielen Plänen kommt, es ist nie so, wie ich es plane", zieht Eva Hippler ihr erstes Fazit als Klassenlehrerin. Vor etwa drei Monaten hatte sie ihre Klasse in den Sommerferien bereits komplett eingerichtet. Die Arbeitsmaterialien auf dem Pult feinsäuberlich aufgereiht, alles organisiert, alles geplant. Jetzt sieht man schon beim Betreten des Klassenzimmers, hier hat sich etwas verändert.
    "Wir hatten vorher ein 'U', aber das hat nicht gut funktioniert, wir sitzen jetzt in Reihen, und ich hoffe, dass das Verhalten hier immer besser wird das wir irgendwann in einem 'U' sitzen können. Das ist ein bisschen das Ziel. Jetzt gerade sind die Reihen besser."
    Klassenregeln neu justiert
    Im "U" gab es einfach zu viele Möglichkeiten, für die Schülerinnen und Schüler sich abzulenken. Auch ihre Klassenregeln hat sie nochmal deutlich angepasst, denn gleich in den ersten Wochen lief es überhaupt nicht wie geplant.
    "Wir hatten am Anfang große Probleme beim respektvollen Umgang miteinander. Dementsprechend geben wir viel mehr Acht auf respektvolles Verhalten. Wer sich hier respektlos anderen Schülern oder dem Lehrer verhält, der muss sofort die Klasse verlassen. Die Schüler haben gemerkt, das wird hier nicht geduldet und funktioniert dementsprechend wunderbar und ist viel besser geworden."
    Gemeinsam mit Co-Klassenlehrer Alexander Sachs bespricht sie regelmäßig, den Unterricht und die Situation in der Klasse.
    "Wenn wir das Gefühl haben, dass zwei Schüler nicht gut mit einander arbeiten können und sich eher ablenken, was können wir tun, damit das so ein bisschen vermieden wird. Und so ein bisschen, was können wir in der Klasse tun, dass eine ruhige Arbeitsatmosphäre herrschen kann."
    Volle Unterstützung vom Teampartner
    Dass sie so streng durchgreifen und sich regelmäßig beraten, hat einen ernsten Hintergrund. Während einer Stunde ihrer Lehramtsanwärterin kommt es zu einem Mobbing-Vorfall in ihrer Klasse.
    "Wenn man dann nachmittags um vier Uhr einen Anruf bekommt, wir mussten die Schulleitung einschalten und Eltern einschalten, und ein Schüler musste abgeholt werden, weil er sich nicht getraut hat, alleine nach Hause zu fahren, und dann sitzt man irgendwie Zuhause und denkt erstmal, was mache ich jetzt, wie gehe ich damit um."
    Alleine muss sie diese Situation aber nicht meistern, "da war ich auch froh einen so erfahrenen Teampartner zu haben, eine Schulleitung zu haben, zu der man immer gehen kann, die da auch sehr unterstützt hat. Dementsprechend mit so einem Team konnte man das sehr gut lösen."
    Wenige Tage später erlebt sie gleich die nächste Herausforderung: ihren ersten Elternabend als Klassenlehrerin.
    "Das hat gut geklappt da war ich aber auch ein bisschen nervös muss ich zugeben, wenn man Eltern kennenlernt, ist das eine ungewohnte Situation am Anfang."
    Zusammenarbeit mit den Eltern sehr wichtig
    Vor allem weil die Zusammenarbeit mit den Eltern ein großer Teil ihrer Arbeit ist. "Dass man ständig Telefonate führt, was ist mit dem Sohn, warum war er nicht da, was für Probleme tauchen auf, weil er sich nicht an die Regeln halten kann. Solche Gespräche werden mehr, wenn man Klassenlehrer ist."
    Von den Erfahrungen ihres Co-Klassenlehrers Alexander Sachs profitiert Eva Hippler sehr. Auch als sie vor einigen Tagen plötzlich einen neuen Schüler bekommt. Er ist mitten im Halbjahr umgezogen und geht jetzt in ihre neunte Klasse.
    Zuerst hab ich gedacht, oh Gott, nochmal eine Herausforderung, aber das kann hier einfach passieren. Ich hab den Schüler am Montagmorgen kennengelernt ich weiß noch nicht sehr viel über den Schüler wir müssen uns erstmal beschnuppern."
    Auch in den kommenden Wochen wird es für Eva Hippler nicht ruhiger, es geht auf Abschlussfahrt nach Berlin.
    "Ich war in meinem Referendariat schon mal mit auf Klassenfahrt in Berlin, aber natürlich in einer ganz anderen Rolle. Natürlich trägt man auch die Verantwortung ein Stück mit, aber die Klassenlehrer tragen die Verantwortung dafür, das ist eine andere Rolle auch die Vorbereitung. Da bin ich froh, dass ich so ein erfahrenes Team habe, das ist für mich sehr hilfreich. Man trägt natürlich auf einer Klassenfahrt eine große Verantwortung, aber ich habe da keine Angst vor, sondern ich freue mich und ich glaube, dass die Schüler das sehr genießen werden und dass es einfach eine schöne Zeit wird."