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Forderung nach EU-Rauswurf
Asselborn provoziert Ungarn - und viel Kritik

Ungarn wegen seiner Flüchtlingspolitik aus der EU ausschließen? Der Vorschlag des luxemburgischen Außenministers Asselborn ruft länder- und parteiübergreifend Ablehnung hervor. Sein deutscher Amtskollege Steinmeier betont, es handele sich nicht um eine "abgestimmte Haltung" Brüssels.

13.09.2016
    Ungarns und Luxemburgs Außenminister, Szijjarto und Asselborn, bei einem Treffen in Prag.
    Ungarns Außenminister Szijjarto (l.) über seinen luxemburgischen Kollegen Asselborn: Eine "unernste Figur" (AFP / Michal Cizek)
    Seine persönliche Haltung sei es nicht, "einem europäischen Mitgliedstaat die Tür zu weisen", sagte Frank-Walter Steinmeier in Riga nach einem Treffen mit seinen baltischen Kollegen. Er könne zwar verstehen, "dass mit Blick auf Ungarn einige in Europa ungeduldig werden angesichts der fortdauernden Debatten, die es gibt und gab zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung". Europa befinde sich sicher in einer schwierigen Phase - doch müsse es sich seinen "komplizierten Debatten" stellen.
    Asselborn hatte in der Zeitung "Die Welt" dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban eine massive Verletzung von Grundwerten der EU vorgeworfen. "Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen werden", sagte der Sozialdemokrat. Dies sei die einzige Möglichkeit, um den Zusammenhalt der Gemeinschaft zu bewahren.
    "Populismus nicht mit Populismus beantworten"
    "Ich halte es für Unfug, die Gräben zu vertiefen und lautstark nach dem Ausschluss von Mitgliedsstaaten zu rufen", befand daraufhin der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka. Asselborns "Politik im Megaphonstil" helfe nicht, sagte der lettische Außenminister Edgars Rinkevics. Sein litauischer Kollege Linas Linkevisius fügte hinzu: "Wir müssen miteinander reden, nicht übereinander - insbesondere nicht in der Öffentlichkeit." Der österreichische Außen-Staatssekretär Harald Mahrer sagte, Ungarn mache "eine vernünftige Aufgabe, weil sie sichern die Schengen-Außengrenze".
    Die attackierte Regierung in Budapest selbst reagierte besonders harsch: Asselborn sei eine "unernste Figur", erklärte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto. Sein luxemburgischer Amtskollege habe sich schon "längst aus der Reihe der ernst zu nehmenden Politiker ausgeschlossen".
    Ein Land, das nicht die Außengrenzen der EU verteidige, verletze Recht, betonte die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach bei Twitter. Asselborn wolle die EU "zerstören". Man müsse "Populismus nicht mit Populismus, sondern mit Vernunft beantworten", schrieb die Grünen-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Rebecca Harms:
    Bei aller grundsätzlichen Kritik stellt sich auch die Frage nach der Machbarkeit von Asselborns Idee. Brüssel-Korrespondentin Annette Riedel erklärte hierzu im Deutschlandfunk, die EU-Verträge sähen keinen Ausschluss eines Mitgliedlandes vor. Laut Artikel 7 seien Sanktionen möglich, wie eine Suspendierung des Stimmrechts und von Geldern - und dies käme dann doch einem Rausschmiss gleich.
    (bor/jan)