Samstag, 27. April 2024

Archiv

Forschungsförderung
Segen für Großunternehmen?

Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag auf die Einführung der steuerlichen Forschungsförderung festgelegt. Nun hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen Vorschlag vorgelegt. Nach Meinung der Opposition hätte die Regierung das Programm stärker auf kleine und mittlere Unternehmen ausrichten sollen.

Von Theo Geers | 28.02.2019
Stammzellenforschung
Wer soll vom Steuergeld profitieren? (Imago)
Olaf Scholz gibt sich eher knauserig. Andere - etwa das Bundeswirtschaftsministerium - wollten mehr - bis zu 3,5 Milliarden Euro pro Jahr für die Forschungsförderung. Nun stellt Scholz ab 2020 den Unternehmen fünf Milliarden Euro zur Verfügung, die aber werden auf vier Jahre verteilt.
Statt mit 3,5 Milliarden können die Unternehmen damit bis 2024 lediglich mit jährlich 1,25 Milliarden Euro rechnen. Und teilen sollen sich die Förderung alle Unternehmen. Die ursprüngliche SPD-Forderung, nur kleine und mittlere Firmen zu unterstützen, wurde gestrichen.
"Großteil der Gelder wird verpuffen"
Die Fördermaßnahme drohe damit zum teuren und nutzlosen Geschenk an Großunternehmen zu werden, kritisiert die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Andreae:
"Wir wissen eben, dass es die kleinen und mittleren Unternehmen sind, die Unterstützung brauchen. Und was der Minister Scholz macht ist eine Unterstützung für Großunternehmen auf den Weg zu bringen. Das heißt ein Großteil der Gelder wird verpuffen, weil es reine Mitnahmeeffekte bedeutet. Und das wird vom Finanzminister völlig ignoriert."
Zulage wird an Personalausgaben gekoppelt
Zufriedener ist dagegen die deutsche Wirtschaft. Die neue steuerliche Forschungs-und-Entwicklungs-Förderung sei überfällig, heißt es beim Bundesverband der deutschen Industrie. Die Chemie- und Pharmaindustrie hätten seit über zehn Jahren auf so ein Instrument gewartet, heißt es beim Branchenverband VCI, der das Ganze aber nur als Einstieg in eine künftig noch üppigere Förderung betrachtet.
Tatsächlich soll die Zulage an die Personalkosten für die Beschäftigten in Forschung und Entwicklung (FuE) gebunden werden. Die Obergrenze liegt bei zwei Millionen Euro, davon können die Unternehmen 25 Prozent steuerlich geltend machen, höchstens also 500.000 Euro pro Jahr. Wer niedrigere F-und E-Personalkosten hat, etwa eine Million Euro, kann dementsprechend nur 250.000 Euro geltend machen.
Scholz will Länder mit einbeziehen
Wegen dieser Deckelung, vor allem aber auch wegen der Befristung auf zunächst vier Jahre, ist das Ganze nur ein erster Schritt. So sieht es auch Kerstin Andreae von den Grünen, vier Jahre seien viel zu kurz, um Effekte zu erzielen:
"Entweder ich entscheide mich zu sagen: Wir als Bundesrepublik reizen Innovation und Forschung an, dann brauche ich ein zielgenaues Instrument, oder ich sag: Ich gebe jetzt Großunternehmen vier Jahre lang einen Vorteil für Forschungsausgaben, die sie sowieso schon tätigen, dann mache ich das was der Bundesfinanzminister jetzt vorlegt. Letzteres halte ich für falsch."
Hinzu kommt eine politische Klippe. Die Forschungsförderung ist ein Projekt auf Bundesebene, doch ginge es nach Olaf Scholz, sollen Bund und Länder die fünf Milliarden Euro an Steuerausfällen je zur Hälfte übernehmen. Ob die Länder das mittragen ist eher zweifelhaft.