Sonntag, 12. Mai 2024

Forum neuer Musik 2023: Die Komponisten Höller, Müller und Gerster
Wandlung der „Gottbegnadeten“

Die „Gottbegnadeten-Liste“ des NS-Staats bewahrte genehme Künstler vor dem Kriegseinsatz. Nach Kriegsende mussten sich die Bevorzugten veränderten Verhältnissen stellen. Wie tief griff ihr innerer Wandel, artikulierte er sich auch musikalisch?

Von Klaus Gehrke | 11.11.2023
Auf dem schwarz-weiß Bild ist ein älterer Mann am Klavier zu sehen, der einer Hand Noten hält und eine Frau anlächelt, die von hinten zu sehen ist.
Regimetreu vor und nach 1945: der Komponist Ottmar Gerster. (picture-alliance / dpa / ADN)
Verhältnismäßig wenige der damals jüngeren Komponisten begeisterten sich in Deutschland offen für den Nationalsozialismus. Beispielsweise Gottfried Müller (1914–1993), der Hitler einige Werke widmete und dessen Worte vertonte.
Karl Höller (1907–1987) changierte zwischen Bewunderung und Ablehnung; auf seinen NSDAP-Beitritt 1942 folgte die außerordentliche Professur.
Gemeinsam ist ihnen, zusammen mit weiteren Künstlern auf der sogenannten „Gottbegnadeten-Liste“ zu stehen, die das Reichspropagandaministerium 1944 aus früheren Listen zusammen stellte.

Wandel als Angebot zu vergessen

Nach dem Ende von Weltkrieg und NS-Diktatur mussten die sich noch eben Bevorzugten veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen stellen. Im Normalfall überlebten sie im Hochschulbetrieb. Manche Karriere setzte sich einfach fort und die Vergangenheit verschwand aus den Biographien.
Ästhetisch wurden sie von einer neuen Generation radikaler Avantgardisten verdrängt. Ottmar Gerster (1897–1969) etablierte sich in der frühen DDR erneut zum linientreuen Vorzeigekomponisten.