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Frankreichs geplantes Migrationsgesetz
"Ausverkauf der Menschenrechte?"

Schnellere Abschiebungen, Personenkontrollen und eine Trennung zwischen politisch Verfolgten und sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen - das sind nur einige Punkte auf der Agenda zum geplanten Migrationsgesetz in Frankreich. Viele Hilfsorganisationen geht das zu weit. Sie protestieren lautstark gegen das Vorhaben der Regierung.

Von Sabine Wachs | 12.01.2018
    Flüchtlinge warten am 07.07.2017 in Paris (Frankreich) darauf, aus einem provisorischen Flüchtlingslager evakuiert zu werden.
    Viele provisorische Flüchtlingslager in Frankreich wurden geräumt - so wie dieses in Paris (AP / Thibault Camus / dpa)
    "Ich bin durch die Hölle von Libyen bis hierhergekommen. Und wenn ich Pech habe, dann werden sie auch hierher kommen, eines schönen morgens, werden mich mitnehmen und dahin zurückschicken, wo ich hergekommen bin"
    Alasanne, aus Mali ist illegal in Frankreich. Zurzeit lebt er in einer Notunterkunft für Flüchtlinge mitten in Paris und wenn er von denen spricht, die kommen werden, dann meint er die Mitarbeiter der Migrationsbehörden. Ihnen soll es in Zukunft erlaubt sein, Kontrollen in Notunterkünften durchzuführen, Menschen, die keine Papiere besitzen, keinen Anspruch auf Asyl haben, auf die Abschiebung oder die freiwillige Ausreise vorzubereiten. So steht es in einem Rundschreiben des Innenministers. Viele Hilfsorganisationen, die Notunterkünfte betreiben, laufen Sturm, sprechen gar vom Ausverkauf der Menschenrechte:
    "Dieses Rundschreiben verstößt gegen das Prinzip, dass jeder, der in einer besonderen Notlage ist, erst einmal einen Anspruch darauf hat, in diesem Land aufgenommen zu werden. Wir haben Angst, dass Familien, Frauen und andere Schutzbedürftige sich nicht mehr in die Notunterkünfte trauen und auf der Straße leben."
    So wie Yannick Le Bihan von Ärzte ohne Grenzen, sehen es auch viele andere Mitarbeiter der Hilfsorganisationen. Sie haben sich zusammengetan und an den Staatsrat gewandt. Der prüft Gesetze, bevor sie dem Parlament vorgelegt werden und soll - dem Wunsch der Hilfsorganisationen nach - die Kontrolle in den Notunterkünften stoppen. Regierungssprecher Christophe Castaner allerdings sieht dazu keine Veranlassung:
    "Es ist ja nicht die Polizei, die in die Notunterkünfte geht und direkt Abschiebungen vollstreckt, es sind Mitarbeiter der Migrationsbehörden, die speziell geschult sind. Es geht vor allem darum, allen das Leben leichter zu machen, denen eine Unterkunft zu sichern, die den Flüchtlingsstatus bereits haben."
    "Falsch verstandene Nächstenliebe"
    Denen sollen auch die neuen Regelungen im geplanten Gesetz zu Gute kommen: Asylanträge sollen schneller bearbeitet werden und auch diejenigen, denen Asyl gewährt wird, sollen einfacher als bisher etwa in Frankreich studieren und arbeiten können. Allerdings soll mit dem geplanten Gesetz auch härter gegen Illegale vorgegangen werden. Laurent Giovanoni von der Hilfsorganisation Secours Catholique fürchtet, dass dadurch eine Zwei-Klassengesellschaft von Flüchtlingen geschaffen wird.
    "Zwischen dem, was von der Regierung kommuniziert wird und dem was das dann für die Menschen bedeutet, gibt es einen großen Unterschied. Es handelt sich, vor allem für die Illegalen größtenteils um Maßnahmen, die ihre Rechte, die Grundrechte der Menschen einschränken."
    Zum Beispiel längere Abschiebehaft, oder nur noch eine Frist von zwei Wochen für den Widerspruch bei abgelehnten Asylanträgen. Präsident Macron, gerade in Rom, um dort mit Amtskollegen aus den Mittelmeeranrainerstaaten natürlich auch über Migrationspolitik zu sprechen, schaltete sich aus der Ferne in die Debatte zuhause ein. Und kritisierte den Protest gegen das geplante Gesetz als falsch verstandene Nächstenliebe. Frankreich werde auch weiter ein offenes Land bleiben. Allerdings, und auch das hat der Präsident schon mehrfach klar gesagt, nicht für die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge.